# taz.de -- Palästinensischer Politiker Erekat gestorben: Unermüdlich bis zum… | |
> Der palästinensische Politiker Saeb Erekat ist den Folgen von Covid-19 | |
> erlegen. Israelische Ärzte kämpften bis zuletzt um ihn. Er wurde 65 Jahre | |
> alt. | |
Bild: Der palästinensische Politiker Saeb Erekat ist an den Folgen von Covid-1… | |
Berlin taz | Saeb Erekat war immer dabei: Als sich 1991 in Madrid zum | |
ersten Mal hohe Vertreter Israels und der Palästinenser an einen Tisch | |
setzten, zwei Jahre später zur Unterzeichnung der Osloer | |
Prinzipienerklärung, im Sommer 2000 mit dem Chef der Palästinensischen | |
Befreiungsorganisation (PLO) Jassir Arafat in Camp David und bei der | |
letzten Verhandlungsrunde vor sechs Jahren mit der damaligen | |
[1][israelischen Justizministerin Zipi Livni]. | |
„Für meinen CV reicht eine Zeile“, sagte er einst über sich selbst: | |
„palästinensischer Friedensunterhändler“. Am Dienstag starb der an Covid-… | |
erkrankte PLO-Generalsekretär im Alter von 65 Jahren in einem israelischen | |
Krankenhaus in Jerusalem. | |
Elf Tage nachdem er positiv getestet worden war, hatte sich Erekat Mitte | |
Oktober in das renommierte Hadassah-Krankenhaus einweisen lassen. Die | |
Behandlung habe nach anfänglicher Auskunft der Klinik eine „immense | |
Herausforderung“ dargestellt, weil sein Immunsystem unterdrückt sei. Erekat | |
hatte sich 2017 einer Lungentransplantation unterzogen. Die ranghöchsten | |
Ärzte von Hadassah seien in Kontakt mit anderen Medizinern weltweit | |
gewesen, um die Behandlung abzustimmen. | |
Das künstliche Koma, in das ihn die Ärzte versetzten, ersparte es Erekat, | |
sich der Häme rechter Israelis stellen zu müssen, die die Behandlung des | |
Todkranken in der israelischen Klinik nicht unkommentiert lassen wollten. | |
Erst vor wenigen Wochen hatte die palästinensische Führung infolge der | |
israelischen Annexionspläne Kooperationen mit dem Besatzer, darunter die | |
Überweisung palästinensischer Patienten in israelische Kliniken, auf Eis | |
gelegt. | |
## Kolumnist in „Haaretz“ | |
Erekat gehörte zu den schlagfertigsten Kritikern der israelischen Politik. | |
In akzentfreiem Englisch zürnte er den zwei Golfstaaten Bahrain und den | |
Vereinigten Arabischen Emiraten, die jüngst einer [2][Normalisierung der | |
Beziehungen mit Israel] zustimmten. Er stellte Bedingungen, allen voran den | |
Stopp des Siedlungsbaus. | |
Er drohte, die getroffenen Vereinbarungen mit Israel aufzulösen, „den | |
Schlüssel zurückzugeben“, wie er es nannte. Er warnte vor den Islamisten im | |
besetzten Land, die stärker werden würden, sollte es keine Einigung geben, | |
und er appellierte immer wieder auch an die internationale Gemeinschaft, | |
nicht abzulassen von der Zweistaatenlösung. | |
„Stoppt die Annexionsfanatiker“, schrieb er in seiner letzten Kolumne, die | |
die liberale Haaretz im Juni druckte. „Verhängt Sanktionen über Israel“. | |
Den von US-Präsident Donald Trump präsentierten [3][„Plan des Jahrhunderts�… | |
für einen Nahostfrieden] bezeichnete Erekat als „unverschämten Fahrplan zu | |
einer Realität von nur einem Staat mit zwei Systemen: einer kompletten | |
Apartheid“. | |
## Erekat holte junge Israelis nach Nablus | |
Erekat war unermüdlich, wohl wissend, dass seine Aussichten, ein | |
Friedensabkommen zu erreichen, miserabel waren. „Ich bin der armseligste | |
Unterhändler in der Geschichte der Menschheit“, räumte er schon 2007 ein. | |
„Ich habe keine Armee, keine Flotte, keine Wirtschaft und meine | |
Gesellschaft ist zersplittert.“ | |
Schon lange vor Beginn des Friedensprozesses, zu Zeiten, als Kontakte zur | |
PLO in Israel noch gesetzlich verboten waren, lud der in den USA studierte | |
Politologe und später in England promovierte Friedens- und Konfliktforscher | |
junge Israelis zum Dialog ein an die Al-Najah-Universität in Nablus, an der | |
er Internationale Beziehungen unterrichtete. | |
Immerhin wirkte Erekat später daran mit, den Prozess in Gang zu bringen, | |
der seine Heimatstadt Jericho als eine der ersten palästinensischen Städte | |
autonom werden ließ und der die PLO-Führung aus dem Exil nach Hause | |
brachte. In der palästinensischen Bevölkerung war er nicht zuletzt, weil er | |
auf seinem Weg zur Zweistaatenlösung und der palästinensischen | |
Selbstbestimmung so wenig vorankam, nicht unumstritten. Und er soll seine | |
politische Macht zur Bereicherung seiner Familie missbraucht haben. | |
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ordnete eine dreitägige Trauerzeit zum | |
Tod „unseres lieben Bruders und Freundes“ an. Zipi Livni twitterte: „Saeb | |
hat sein Leben seinem Volk gewidmet.“ Noch kurz vor seinem Koma habe er ihr | |
eine SMS geschrieben: „Ich bin noch nicht fertig, mit dem, wofür ich | |
geboren wurde.“ Erekat hinterlässt seine Frau und vier Kinder. Er wurde 65 | |
Jahre alt. | |
10 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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