# taz.de -- Erfolg bei Suche nach Corona-Impfstoff: 90 Prozent geringeres Risiko | |
> Ein Biontech-Produkt reduziert das Infektionsrisiko deutlich. Eine | |
> wichtige Testphase steht aber noch bevor. Aktienkurse wirbeln schon | |
> durcheinander. | |
Bild: Ein Biontech-Produkt soll das Infektionsrisiko um 90% verringern | |
BERLIN taz | Der Corona-Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech scheint | |
Ansteckungen effektiv zu unterbinden. Aus den bisherigen Studiendaten lasse | |
sich eine Wirksamkeitsrate von 90 Prozent ableiten, [1][teilte das | |
Unternehmen am Montag mit]. „Die Zwischenauswertung unserer globalen | |
Phase-III-Studie liefert erste Belege für die Fähigkeit des Impfstoffs, | |
Covid-19 zu verhindern“, sagte Ugur Sahin, Chef und Gründer von Biontech. | |
Es handele sich um „einen Meilenstein auf dem Weg zur Beendigung dieser | |
globalen Gesundheitskrise.“ Biontech bereite sich zusammen mit seinem | |
Pharma-Partner Pfizer darauf vor, im kommenden Jahr 1,3 Milliarden | |
Impfdosen auszuliefern. | |
Biontech testet den Wirkstoff derzeit an 43.000 Studienteilnehmern. Davon | |
enthält ein Teil den echten Impfstoff, ein Teil nur ein Scheinmedikament. | |
Da in beiden Gruppen einige Covid-Fälle aufgetreten sind, lässt sich mit | |
Blick auf die bereits gesammelten Daten sagen: Der Impfstoff verringert im | |
Vergleich zur Kontrollgruppe das Infektionsrisiko um 90 Prozent. | |
Diese Berechnung stützt sich allerdings bisher nur auf vorläufige Daten, | |
die auf wenigen Erkrankungen beruhen. Die Studie muss mindestens | |
weiterlaufen, bis 164 Fälle aufgetreten sind – erst dann ergibt sich eine | |
gewisse statistische Sicherheit. Die ermutigende Nachricht ist also mit dem | |
Vorbehalt zu verstehen, dass sich die Zahlen noch ändern können. | |
Biontech gehört zusammen mit einer Handvoll Konkurrenten zu den | |
[2][Spitzenreitern im Impfstoffrennen]. In Europa läuft das | |
Zulassungsverfahren für das Biontech-Produkt bereits, in den USA soll es | |
kommende Woche anlaufen. Die Behörden prüfen die Daten in einem | |
beschleunigten Verfahren. Sie nehmen die Studienergebnisse in dem Tempo | |
entgegen, in dem diese bei den Forschern hereinkommen. Damit lässt sich im | |
Vergleich zum Normalfall viel Zeit sparen. Üblich ist es, erst alle Studien | |
abzuschließen und dann alle Informationen gebündelt bei der Arzneiaufsicht | |
einzureichen. | |
Biontech aus Mainz war aus mehreren Gründen bei der Entwicklung besonders | |
schnell. Der wichtigste ist die ausgeklügelte Technik. Sogenannte | |
mRNA-Impfstoffe entstehen rein gentechnisch. Es handelt sich ebenso sehr um | |
Erfolge der Informationsverarbeitung wie um das Ergebnis von | |
Laborexperimenten. Das eigentliche Virus ist zur Entwicklung und | |
Herstellung solcher Impfungen nicht notwendig – nur sein genetischer Code. | |
Das ist zwar einerseits kompliziert, andererseits vereinfacht es die | |
Bereitstellung erheblich. | |
## Impfstoffsuche schon seit Januar | |
Firmenchef Sahin hat die Entwicklung zudem bereits im Januar angeschoben, | |
als erste Neuigkeiten von einem gefährlichen Virus aus China | |
heraussickerten. Das hat Biontech einen erheblichen Vorsprung verschafft. | |
Das Projekt befindet sich bereits im zehnten Monat. In dieser Zeit haben | |
die Biontech-Forscher rund um die Uhr daran gearbeitet. Biomediziner Sahin | |
hat das Unternehmen aus seinem Labor an der Uni Mainz ausgegründet. Er ist | |
Sohn türkischer Einwanderer. | |
Zur Beschleunigung der Tests hat ebenfalls beigetragen, dass sich weltweit | |
sehr schnell Freiwillige fanden, die an den Studien teilnehmen wollten. | |
Derzeit begünstigt auch das heftige Infektionsgeschehen in den USA die | |
Abgrenzung der Impfgruppe gegen die Kontrollgruppe: Diese hat nur Sinn, | |
wenn die Studienteilnehmer in ihrem Alltag reichlich Gelegenheit haben, | |
sich anzustecken. | |
## Tiefkühlung absolut notwendig | |
Der Biontech-Impfstoff kommt nun zwar voraussichtlich recht früh auf den | |
Markt, doch er hat auch Nachteile. So muss er stets gut gekühlt werden. Er | |
besteht aus empfindlichen Gebilden aus Fettmolekülen, in die die | |
genetischen Botenstoffe eingeschlossen sind. Bei Raumtemperatur – und schon | |
bei Kühlschranktemperatur – fallen sie auseinander. Die Handhabung in | |
normalen Arztpraxen gilt daher nicht als realistische Option. | |
Die Bundesregierung plant stattdessen die Einrichtung von Impfzentren. | |
Derzeit sind dafür 60 Krankenhäuser im Gespräch. Die Bundeswehr könnte | |
helfen, die empfindlichen Substanzen zu transportieren. Um voll wirksam zu | |
werden, sind zwei Spritzen im Abstand von rund drei Wochen nötig. | |
Der Börsenkurs von Biontech stieg am Montag nach Bekanntwerden der | |
Nachricht um 25 Prozent. Auch die Aktien von anderen Firmen, die stark von | |
Corona gebeutelt sind, legten stark zu. Der Kurs des | |
Videokonferenz-Dienstleisters Zoom fiel zugleich um 17 Prozent. | |
Börsenkommentatoren zeigten sich euphorisch über die angebliche Trendwende | |
im Pandemiegeschehen. Dabei wird sich die Impfung der Bevölkerung auch im | |
günstigsten Fall rund ein Jahr hinziehen. | |
9 Nov 2020 | |
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[1] /Aktuelle-Entwicklungen-in-der-Coronakrise/!5726908 | |
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## AUTOREN | |
Finn Mayer-Kuckuk | |
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