# taz.de -- Terroranschlag in Wien: Fünf Tote, viele Verletzte | |
> Mindestens ein Mann erschießt mehrere Menschen in der Wiener Innenstadt. | |
> Die Polizei tötet ihn. Laut dem Innenminister soll er Islamist gewesen | |
> sein. | |
Bild: Großeinsatz der Polizei in der Wiener Innenstadt am Montagabend | |
WIEN afp/dpa/taz | Bei einem Anschlag mit Schusswaffen in der Wiener | |
Innenstadt sind mindestens fünf Menschen getötet worden. Mehr als ein | |
Dutzend weitere wurden verletzt. Unter den Toten befindet sich auch einer | |
der Angreifer, der am Montagabend von der Polizei erschossen wurde. Nach | |
mindestens einem weiteren Täter wird in einer Großfahndung gesucht, wie der | |
Wiener Bürgermeister Michael Ludwig mitteilte. | |
Nach Angaben von Österreichs Innenminister Karl Nehammer soll es sich bei | |
einem der Täter um einen Islamisten gehandelt haben. Der Attentäter sei ein | |
Sympathisant der Terrormiliz IS gewesen, sagte Nehammer am Dienstagmorgen. | |
Der Mann sei mit einem Sturmgewehr bewaffnet gewesen und habe außerdem als | |
Attrappe einen Sprengstoffgürtel getragen. Er habe offenbar Panik | |
verbreiten wollen. | |
Die Wohnung des Verdächtigen sei nach belastendem Material durchsucht | |
worden, hieß es. 1.000 Beamte seien in Wien im Einsatz. „Wir können derzeit | |
nicht ausschließen, dass es noch andere Täter gibt“, sagte Nehammer. Die | |
entsprechenden Ermittlungen liefen auf Hochtouren. | |
Der Innenminister appellierte an die Bevölkerung, wenn möglich zu Hause zu | |
bleiben und die Wiener Innenstadt weiterhin zu meiden. Kinder in der | |
Hauptstadt wurden für Dienstag von der Schulpflicht entbunden. | |
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte bereits zuvor von einem | |
„widerwärtigen Terroranschlag“ gesprochen. | |
## Schüsse im Ausgehviertel | |
Der Anschlag hatte gegen 20.00 Uhr im Ausgehviertel Bermuda-Dreieck | |
begonnen, wo bei mildem Wetter viele Menschen unterwegs waren, auch weil es | |
der letzte Abend vor Beginn neuer Corona-Ausgangssperren war. Ab Dienstag | |
sind in Österreich die Gastronomie und fast das gesamte Kultur- und | |
Freizeitangebot bis Ende November geschlossen. Zwischen 20 Uhr und 6 Uhr in | |
der Früh dürfen die Menschen ihre Wohnung nur noch mit einem guten Grund | |
verlassen. | |
Die Angreifer feuerten nach Angaben der Polizei an sechs verschiedenen | |
Tatorten mit Gewehren um sich. Laut Ludwig schossen sie „wahllos“ auf Gäste | |
in Lokalen. | |
Ein Opfer starb kurz nach dem Angriff, dabei handelte es sich nach Angaben | |
des Senders ORF um einen Passanten. Eine bei dem Anschlag verletzte Frau | |
starb später im Krankenhaus, wie Ludwig sagte. Am Dienstagmorgen meldete | |
die Polizei, dass ein weiterer Mann gestorben sei. Insgesamt wurden nach | |
seinen Angaben 15 Menschen nach dem Anschlag in die Krankenhäuser | |
eingeliefert, mehrere von ihnen seien schwer verletzt. Unter den Verletzten | |
war ein Polizist. | |
Die Tatorte lagen unter anderem nahe der Staatsoper und der Hauptsynagoge | |
der österreichischen Hauptstadt. Der Präsident der Israelitischen | |
Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, [1][erklärte im Onlinedienst Twitter,] | |
es sei noch unklar, ob das Gotteshaus eines der Angriffsziele gewesen sei. | |
Die Synagoge war demnach zum Zeitpunkt der Tat geschlossen und das | |
Bürogebäude der Gemeinde unbesetzt. | |
Bundeskanzler Kurz sagte im Sender ORF, die Täter seien mit | |
Schnellfeuerwaffen ausgerüstet gewesen. Der Anschlag sei sehr professionell | |
vorbereitet worden. Ein Augenzeuge sagte im ORF, einer der Angreifer habe | |
wild mit einer Schnellfeuerwaffe um sich geschossen, bevor die Polizei | |
eingetroffen und das Feuer eröffnet habe. | |
Bei der Großfahndung in der Nacht waren hunderte Beamte im Einsatz. Die | |
Sicherung wichtiger Gebäuden in Wien übernahm die Armee. Der | |
Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, kündigte | |
verstärkte Kontrollen an den österreichischen Grenzen an. | |
„Wir werden uns durch Terrorismus niemals einschüchtern lassen und diese | |
Angriffe mit allen Mitteln entschieden bekämpfen“, betonte Kanzler Kurz. | |
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte: „Wir werden | |
unsere Freiheit und Demokratie gemeinsam und entschlossen mit allen | |
gebotenen Mitteln verteidigen.“ | |
## Mitleidsbekundungen aus vielen Staaten | |
Solidaritätsadressen für Österreich kamen aus ganz Europa. „Unsere Gedanken | |
sind bei den Verletzten und Opfern in diesen schweren Stunden“, erklärte | |
das Auswärtige Amt in Berlin. Es fügte hinzu: „Wir dürfen nicht dem Hass | |
weichen, der unsere Gesellschaften spalten soll.“ Das Ministerium rief | |
deutsche Staatsbürger in Wien auf, an einem sicheren Ort zu bleiben, bis es | |
Entwarnung gebe. | |
Die EU verurteilte den „feigen“ Angriff. Ratspräsident Charles Michel | |
erklärte im Onlinedienst Twitter, die Tat habe sich gegen „das Leben und | |
unsere menschlichen Werte“ gerichtet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von | |
der Leyen twitterte, Europa stehe „in voller Solidarität an Österreichs | |
Seite“. | |
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hob hervor, dass „ein befreundetes | |
Land“ und „Europa“ angegriffen worden seien. „Wir werden nicht | |
zurückweichen“, twitterte er. In Frankreich waren in den vergangenen Wochen | |
zwei mutmaßlich islamistisch motivierte Anschläge bei Paris und in Nizza | |
verübt worden, bei denen ein Lehrer und drei Kirchenbesucher getötet worden | |
waren. | |
US-Präsident Donald Trump hat Österreich die Unterstützung der USA im Kampf | |
gegen Terrorismus zugesichert. „Unsere Gebete sind bei den Menschen in Wien | |
nach einem erneuten abscheulichen Akt des Terrorismus in Europa“, | |
[2][twitterte Trump]. „Diese bösartigen Angriffe gegen unschuldige Menschen | |
müssen aufhören.“ | |
3 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/DeutschOskar/status/1323355894168563718 | |
[2] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1323481349030879232 | |
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