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# taz.de -- Preis für Fußballreporterin Neumann: Live aus dem Reich der Eklig…
> Fußballreporterin Claudia Neumann wird als Pionierin in einer
> Männerbastion geehrt. Gewürdigt wird aber eigentlich ihre Resistenz gegen
> Schmähungen.
Bild: Oft angefeindet: Claudia Neumann kommentiert unter anderem Männerfußbal…
Claudia Neumann, Sportreporterin beim ZDF, erhält einen Preis.
Auszeichnungen, auch wenn sie, wie [1][im vorliegenden Fall des
Marie-Juchacz-Frauenpreises 2021], nicht mit einer Geldgabe verbunden
sind, nimmt man im Journalismus gern. Meist, eigentlich immer sind sie die
Würdigung einer besonderen Leistung: einer großen Reportage beispielsweise.
Was Claudia Neumann angeht, könnte man einwenden: Sie erhält diesen Preis
nur dafür, dass sie ihren Job als „Live-Reporterin und Redakteurin in der
Hauptredaktion Sport“, wie das ZDF sie bezeichnet, macht. Und vielleicht
noch dafür, dass sie ein klein bisschen besser Deutsch spricht als ihr
Arbeitgeber, der sie stolpernd als „Redakteurin in der Redaktion“
vorstellt.
Es wird in der Begründung von Malu Dreyer, der Ministerpräsidentin von
Rheinland-Pfalz, das diesen Preis im dritten Jahr vergibt,
interessanterweise nicht behauptet, Neumann mache ihren Beruf besonders
gut. Malu Dreyer sagt vielmehr: „Als Fernsehkommentatorin von
Fußballspielen ist sie mit ihrem beruflichen Werdegang Vorbild und
Pionierin in einer sogenannten ‚Männerbastion‘.“ Mit der Begründung, da…
die nun Geehrte Pionierin in einer „Männerbastion“ ist, hätte Dreyer
getrost auch die Bundeskanzlerin ehren können: als erste Frau in ihrem Amt
mitunter aufs Übelste angefeindet – das trifft auf Angela Merkel zu.
Es ist gemein und vertrackt: Einerseits ist es völlig richtig, wenn Claudia
Neumann nun als Pionierin geehrt wird; andererseits aber hat der Preis mit
ihrer konkreten beruflichen Leistung nicht viel zu tun. Tatsächlich wird
sie als Frau geehrt, nicht als Sportjournalistin. Dies dürfte die Krux
dieser explizit „Frauenpreis“ genannten Ehrung sein.
Was wäre denn an einem einfachen Marie-Juchacz-Preis falsch? In der kurzen
Darstellung, die die Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz veröffentlicht,
erfährt man, dass Marie Juchacz „als Abgeordnete in der Weimarer
Nationalversammlung als erste Frau eine Rede hielt“.
## Anfeindungen wegen ihres Jobs
Da ist es also ähnlich wie bei Claudia Neumann: Man erfährt im Grunde nur,
dass Juchacz als Abgeordnete ihren Job gemacht hat, indem sie eine Rede
gehalten hat. Das scheint Verdienst genug zu sein, dabei könnte man bei der
Sozialpolitikerin Juchacz ja durchaus auch noch erwähnen, dass sie die
Arbeiterwohlfahrt ins Leben gerufen hat.
Malu Dreyer, die Marie Juchacz zu ihren politischen Vorbildern zählt, sagte
in ihrer Begründung von Neumanns Ehrung zudem: „Ich bewundere es, wie
offensiv Claudia Neumann mit dieser Pionierrolle und den damit verbundenen
Erlebnissen umgeht.“ Hier dürfte der gute Grund liegen, Neumann zu ehren:
Eine Frau, die doch eigentlich nur ihren Job macht, weder besser noch
schlechter als die männlichen Kollegen, [2][wird angefeindet, auch heute
noch], und sie steckt sehr souverän die ganzen Beleidigungen, Schmähungen
und Drohungen weg. Der Titel ihres Buchs, das jüngst erschien, gewährt
einen kleinen Einblick in das, was Neumann so alles ertragen muss: „Hat die
überhaupt ’ne Erlaubnis, sich außerhalb der Küche aufzuhalten?“
Etwas sollte man vielleicht deutlicher betonen, als es Dreyer tut, die den
Preis nach Vorschlag einer Jury vergibt: Es ist der Männerfußball, in dem
diese Ekligkeiten sich zu Hause fühlen. Sportjournalistinnen, die sich dem
Turnen, dem Schwimmen oder auch dem Frauenfußball widmen, gibt es schon
längere Zeit, und sie sind durchaus von der männlichen Konsumentenschar
akzeptiert. Claudia Neumann hingegen hat sich am männlichen Heiligtum
vergriffen. Auch das ist eine sympathische Leistung, die man durchaus
konkreter benennen sollte.
Claudia Neumann wird nicht geehrt, weil sie etwa eine gute
Fußballreporterin wäre, sondern dafür, dass sie das selbstverständliche
Menschenrecht ergriffen hat, den Beruf zu ergreifen, den sie mag. Und dass
sie dafür Schmähungen wegsteckt. Auch im Jahr 2020 ist das keine kleine
Leistung.
11 Nov 2020
## LINKS
[1] https://www.sportjournalist.de/VDS-Nachrichten/Meldungen/;4137-Auszeichnung
[2] /EMtaz-ZDF-Sportreporterin-Neumann/!5314027
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Kolumne Über den Ball und die Welt
Fußball
Frauen
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