# taz.de -- Haltung im Öffentlich-Rechtlichen: Bias? Bullshit! | |
> BBC-Mitarbeiter*innen sollen sich mit politischen Statements in sozialen | |
> Medien zurückhalten. Auch die Teilnahme an LGBT-Umzügen stand zur | |
> Debatte. | |
Bild: Mit der Ausgewogenheit hat die BBC gerade ihre liebe Not | |
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll ausgewogen sein. Leider schwingt | |
dabei aber gerne das Missverständnis mit, dass Haltung nicht erlaubt ist. | |
„Impartiality“ heißt Ausgewogenheit auf Englisch, und die britische BBC hat | |
gerade ihre liebe Not damit. Ihr neuer Chef Tim Davie versucht nun jene | |
konservativen Vorwürfe, der Laden sei per se linksversifft und überhaupt zu | |
liberal, durch neue Vorschriften zu kontern. | |
BBC-Mitarbeiter*innen sollen sich in ihren privaten | |
Social-Media-Accounts mit politischen Statements zurückhalten. Wer im | |
Bereich News und Information tätig ist, darf auch als Privatmensch an | |
keinen „öffentlichen Demonstrationen zu kontroversen Themen“ teilnehmen. | |
Denn das könnte ja als Haltung („Bias“) der BBC missverstanden werden. | |
Bias? Bullshit! Das ist journalistische Kapitulation per Dienstanweisung. | |
[1][Davie geht genau denen auf den Leim, die seit Ewigkeiten auf der BBC | |
rumhacken]. Weil die es wagt, die Politik/das persönliche Benehmen/die | |
eigene Vorteilsnahme von Leuten wie Boris Johnson und seinen Freunden zu | |
thematisieren und zu kritisieren. So etwas kennt man sonst eher aus | |
autoritären Regimes. Mit dieser Anbiederei schaufelt Davie der BBC das | |
Grab. | |
## Grunddilemma bleibt | |
Auf die absurde Spitze trieb das Ganze, als BBC-Hierarchen verkündeten, | |
auch LGBT-Umzüge usw. stünden auf der Ausschlussliste. Zur | |
Berichterstattung, total ausgewogen, versteht sich, dürften | |
BBC-Journalist*innen schon hin. Aber eben nicht als Privatpersonen. | |
Hallo? Bis neulich ist die BBC noch mit eigenen Festwagen dabei gewesen, um | |
zu zeigen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk gegen Diskriminierung | |
und für alle da ist. | |
Und wie sieht bitte eine „ausgewogene“ Berichterstattung über Gay-Pride | |
aus? Kommt dann auch einE Schwulenhasser*in zu Wort? In der LGBT-Sache | |
scheint die BBC jetzt auch zurückzurudern. Doch das Grunddilemma bleibt. | |
Die Debatte in Sachen politischer Ausgewogenheit ist bei manchen | |
Öffentlich-Rechtlichen hierzulande leider nicht viel besser. Dort darf dann | |
gerne der große Hanns Joachim Friedrichs herhalten. Sie wissen schon: | |
Journalist*innen machten sich mit keiner Sache gemein, nicht mal mit ’ner | |
guten. Noch so ein Bullshit. Hat Friedrich auch nie so verkürzt gesagt. | |
1995 hatte ihn der Spiegel gefragt, wie er erträgt, dass „man als | |
Nachrichtenmoderator ständig den Tod präsentieren muss“. | |
Seine Antwort war: „Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer | |
Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit | |
versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein.“ In | |
diesem Spiegel-Gespräch sagte Friedrich auch, wo er das gelernt hatte: „In | |
meinen fünf Jahren bei der BBC in London.“ | |
5 Nov 2020 | |
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[1] /Umbruch-in-Grossbritannien/!5713104 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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