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# taz.de -- EU will Ostsee-Fangquoten reduzieren: Fischer pfeifen auf Warnungen
> EU-Minister entscheiden über eine nochmalige starke Senkung der Fangmenge
> von Dorsch und Hering. Die Branche sieht ihre Existenz bedroht.
Bild: Wieviel darf er noch aus dem Meer holen? Ein Fischer leert auf der Ostsee…
Berlin taz | Ostseefischer warnen die EU-Agrarminister davor, die erlaubten
Fangmengen wie von der Kommission empfohlen zu senken. „Die drakonischen
Fangbeschränkungen für Dorsch und Hering würden die Zerstörung der in der
Ostsee operierenden Fischereiflotten bedeuten“, teilte der [1][Deutsche
Fischerei-Verband] mit. Umweltschützer halten niedrigere Fangquoten aber
für nötig – auch damit es künftig überhaupt noch genug zu fischen gibt. Am
Montagabend verhandeln die Minister über die Limits für 2021.
Laut Kommission ist vor allem der Dorsch weiter sehr gefährdet. Deshalb hat
die Europäische Union 2020 die Fangmenge bereits [2][drastisch reduziert].
Nun soll sie in der westlichen Ostsee nochmals um 11 Prozent auf 3.395
Tonnen sinken, im östlichen Teil des Meeres um 70 Prozent auf 595 Tonnen.
„Das ist im Prinzip ein Dorschfangverbot“, sagte Norbert Kahlfuss vom
Landesverband der Kutter- und Küstenfischer Mecklenburg-Vorpommern. Die
geringe Quote sei ohnehin nur für die unvermeidlichen Beifänge an Dorsch
gedacht gewesen.
Heringe sollen in der westlichen Ostsee 2021 nur noch halb so viele
gefangen werden wie in diesem Jahr, in der mittleren Ostsee 36 Prozent
weniger. „Für die Fischer ist das der nächste Nagel für den Sarg“,
kritisierte Kahlfuss. Nur im Rigaischen Meerbusen soll 15 Prozent mehr
Hering gefischt werden dürfen, im Bottnischen Meerbusen genauso viel wie
2020.
Der letzte Berufsfischer in Stahlbrode bei Greifswald, Ralph Krehl, dürfte
wegen der neuen Quote statt 8 Tonnen Hering in diesem Jahr nur noch 4
Tonnen fangen. „Das ist so gut wie gar nichts“, klagt er. Um seine
Verkaufsstelle mit Räucherei und Imbiss aufrechtzuerhalten, müsste er dann
noch mehr Fisch zukaufen.
Wissenschaftler raten jedoch, überhaupt keine Dorsche und Heringe mehr zu
fangen. Nach Jahrzehnten der Überfischung seien die Bestände in der
westlichen Ostsee so klein, dass sie während der Laichzeit nicht mehr ihr
gesamtes Laichgebiet mit Eiern versorgen könnten, erklärt das Geomar
Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel: „Beim Hering liegt der
Nachwuchs seit 2005 weit unter dem Mittel der vorherigen Jahre und nimmt
kontinuierlich weiter ab.“ Der Dorsch habe in vier der letzten fünf Jahre
keinen oder fast keinen Nachwuchs gehabt.
Zudem hätten die meisten Fische wegen des ungewöhnlich warmen Winters
abgelaicht, bevor genügend Nahrung für die Larven vorhanden war. Weil sich
eingeschleppte Rippenquallen im warmen Wasser massiv vermehrt haben,
mussten die Fischlarven den Forschern zufolge um das Plankton als Futter
konkurrieren. „Alle Anzeichen deuten daher darauf hin, dass es in diesem
Jahr bei Dorsch und Hering [3][keinen Nachwuchs] geben wird“, sagt
Geomar-Meeresbiologin Catriona Clemmesen. „Wenn man die Fischerei in der
westlichen Ostsee zerstören will, lässt man die Situation, wie sie jetzt
ist“, so Thilo Maack, Meeresbiologe der Umweltschutzorganisation
Greenpeace.
## Abwrackprämie für Fischkutter
Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU), die das Treffen der
EU-Ressortchefs leitet, dämpfte aber schon mal die Erwartungen: Die
Minister müssten „noch intensive Gespräche führen müssen“ über die
Vorschläge der Kommission, sagte sie am Sonntag. Es brauche eine „Balance
zwischen nachhaltiger Bewirtschaftung und den Bedürfnissen der Fischer“, so
die CDU-Politikerin. Auch die Definition und der Zuschnitt der Schonzeiten
würden bei den Verhandlungen wichtig sein.
Die EU ist sich im Klaren darüber, dass viele Fischer wegen der niedrigeren
Fangquoten aufgeben müssen. Deshalb hat sie sich auf Prämien geeinigt für
Betriebe, die Fischkutter abwracken. (mit dpa)
18 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.deutscher-fischerei-verband.de/teaser_pressemitteilung1.html
[2] /Neue-Fischfangquoten/!5633926
[3] https://www.geomar.de/news/article/kein-nachwuchs-bei-dorsch-und-hering
## AUTOREN
Jost Maurin
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