# taz.de -- Coronamaßnahmen in Berlin: Trotz ist keine Anti-Coronaregel | |
> Der Regierende beklagt sich über Wirte, die gegen die Sperrstunde | |
> juristisch vorgehen. Das offenbart ein fragwürdiges Verständnis des | |
> Rechtsstaats. | |
Bild: Wie groß ist die Coronagefahr in Kneipen? Das Verwaltungsgericht sagt: �… | |
Welche Regeln gelten für Regierungen in Pandemiezeiten? Diese Frage | |
betrifft das Verhältnis zwischen Exekutive und Parlamenten, wobei letztere | |
zuletzt deutlich mehr Mitsprache bei Coronaverordnungen eingefordert haben. | |
Es geht aber auch um die Wertschätzung der Regierenden für die Justiz, und | |
daran scheint es doch ein wenig zu mangeln. | |
Am Freitag vergangener Woche hatte das Verwaltungsgericht die [1][vom Senat | |
beschlossene Sperrstunde für Kneipen gekippt]. Geklagt hatten [2][elf | |
Wirte,] die nun vorerst auch wieder nach 23 Uhr öffnen können. Für weitere | |
zwölf Wirte erging an diesem Freitag die gleiche Eilentscheidung. | |
Das Gericht bezieht sich dabei auf vom Robert Koch-Institut veröffentlichte | |
Daten, wonach Gaststätten bisher keinen wesentlichen Anteil am | |
Infektionsgeschehen gehabt hätten. Der Senat legte gegen die Entscheidung | |
Beschwerde ein. So weit, so korrekt. | |
Doch schon am Samstag nach der ersten Entscheidung verletzte | |
SPD-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci die Trennung zwischen beiden | |
Gewalten. Die klagenden Kneipenbetreiber wüssten wohl nicht, was auf dem | |
Spiel steht: „Lockdown mit schweren wirtschaftlichen Folgen! Um dies zu | |
verhindern, tragen auch sie eine Mitverantwortung!“, twitterte sie. | |
Am Dienstag legte der Regierende Bürgermeister nach: „Es ist kein Erfolg, | |
sich ein oder zwei Stunden mehr Freiheit zu erstreiten, wohl wissend, was | |
das nach sich zieht“, sagte Michael Müller nach der Senatssitzung, in der | |
verschärfte Auflagen für Treffen von Privatpersonen und das Tragen von | |
Masken auf zehn Straßen beschlossen wurden. Und auch, die Sperrstunde | |
„gerichtsfest“ zu machen. | |
Es offenbart ein fragwürdiges Verständnis von der Arbeit als PolitikerIn, | |
wenn man erst eine Regelung abliefert, die offenbar juristisch nicht | |
haltbar ist, und dann noch jene dafür verantwortlich macht, die sich die in | |
einem Rechtsstaat bestehend Möglichkeit herausnehmen, genau dies | |
feststellen zu lassen. | |
So erhebt sich die Politik moralisch über die Justiz und die BürgerInnen – | |
und zudem über die Erkenntnisse der Wissenschaft, auf die sich die Politik | |
in der Pandemie sonst gerne stützt. Sauertöpfisches Motto: Wenn ihr unsere | |
Vorschriften nicht akzeptiert, dann kriegt ihr halt den Lockdown. Um | |
Verständnis für Anticoronaregelungen zu schaffen, ist dies der falsche Weg. | |
24 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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