Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bonner OB über ihr neues Amt: „Perspektiven von Frauen stärken�…
> Vom Bundestag ins Rathaus: Katja Dörner ist eine der ersten grünen
> Oberbürgermeisterinnen Deutschlands. Sie möchte Bonn von den Autos
> befreien.
Bild: Autofreie Innenstadt in Bonn – damit warb Katja Dörner im Wahlkampf um…
taz: Frau Dörner, Sie sind eine der ersten grünen Oberbürgermeisterinnen in
Deutschland. Was bedeutet das für Sie?
Katja Dörner: Das ist ein sehr großer Schritt für mich persönlich, aber
[1][auch für die grüne Partei]. Wir haben jetzt bundesweit zwei grüne
Oberbürgermeisterinnen mit Sibylle Keupen in Aachen und mit mir. Ich finde
es wichtig, gerade in kommunalen Führungsämtern die Perspektive von Frauen
stärker einspeisen zu können.
Sie haben sich im Wahlkampf für eine [2][autofreie Innenstadt]
starkgemacht. Wie groß war die Überraschung, mit einer solchen Forderung in
einer Beamtenstadt wie Bonn zu gewinnen?
Noch vor fünf Jahren hätte ich mit dieser Forderung sehr viel Kopfschütteln
geerntet. In der Zwischenzeit haben sich die Einstellungen aber deutlich
verändert. Die Leute wollen, dass sich in der Verkehrspolitik was tut. Die
meisten Menschen, mit denen ich spreche, finden die Idee gut oder
interessant, wollen aber wissen, wie das passieren soll.
Und wie genau soll es passieren?
Das vorrangige Ziel ist es, den Durchgangsverkehr aus dem innerstädtischen
Bereich herauszubekommen. Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig, die
Umsetzung in den einzelnen Vierteln mit den Einwohnerinnen und Einwohnern
zu diskutieren und zu entwickeln. Menschen mit Behinderung müssen natürlich
weiterhin mobil sein. Falls sie aufs Auto angewiesen sind, ist es
selbstverständlich, dass sie auch weiterhin in die Innenstadt fahren
können.
Im Stadtrat haben Sie nun eine knappe grün-rot-rote Mehrheit. Ist das ein
Modell, das auch auf Bundesebene funktionieren könnte?
Das ist jetzt etwas hoch gegriffen. Wir sind eine offene Partei und
arbeiten in unterschiedlichsten Konstellationen in den Städten und Ländern.
Auf kommunaler Ebene sehe ich viele Gemeinsamkeiten mit SPD und
Linkspartei, gerade bei Themen wie dem Klimaschutz oder bei der Schaffung
von bezahlbarem Wohnraum. Hier in Bonn hat die CDU ja schon erklärt, sie
wolle in die Opposition. Insofern liegt es auf der Hand, in welche Richtung
wir uns entwickeln.
Gerade bei der autofreien Innenstadt hat die SPD aber schon Bedenken
angemeldet. Wie groß sind die Differenzen?
Es gibt Differenzen, wir sind unterschiedliche Parteien. Wir werden in den
Koalitionsverhandlungen über diese Themen sprechen. Ich sehe aber in
keinster Weise irgendwelche unüberbrückbaren Hürden. Auch die SPD hat sich
klar zu einer Verkehrswende bekannt.
Sie wollen auch den ÖPNV verbessern. Neue Buslinien und eine engere Taktung
kosten allerdings viel Geld. Wie wollen Sie das in einer hochverschuldeten
Stadt wie Bonn umsetzen?
Die Verkehrswende ist eine zentrale Frage mit Blick auf den Klimaschutz. Da
haben wir keine Zeit zu verschenken. Wir werden in den öffentlichen
Personennahverkehr investieren. Auf der einen Seite haben wir in Bonn mit
die höchsten Ticketpreise, auf der anderen Seite haben wir aus meiner Sicht
keine gelungene Parkraumbewirtschaftung. Momentan lohnt es sich, mit dem
Auto in die Stadt zu fahren, weil ein Parkhausticket deutlich günstiger
ist als eine Busfahrkarte. Da sehe ich ganz klare Stellschrauben: das eine
teurer und das andere günstiger machen.
Als Bundestagsabgeordnete haben Sie sich viel mit Kinderarmut und der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigt. Welche Rolle werden diese
Themen als OB für Sie spielen?
Kinderarmut ist auch in Bonn ein relevantes Thema. Ich treffe immer wieder
Bürgerinnen und Bürger, die sich das gar nicht vorstellen können. Es gibt
Bereiche in der Stadt, in denen es kaum Armut gibt. Und es gibt Bereiche,
in denen 60 bis 70 Prozent der Kinder leistungsberechtigt nach dem SGB II
sind. Das birgt sozialen Sprengstoff, und deshalb werde ich alles in meiner
Macht Stehende tun, um Kinderarmut zu bekämpfen.
Und das wäre?
Eine meiner ersten Amtshandlungen wird es sein, mit den Sozialverbänden
einen Pakt gegen Kinderarmut auf den Weg zu bringen. Wir haben in Bonn
bereits ein sehr gutes Modellprojekt mit einem kostenlosen Schulfrühstück
in einzelnen Schulen. Das möchte ich ausweiten. Die ÖPNV-Preise für Kinder
und Jugendliche mit ALG-II- und Wohngeldbezug sollten ebenfalls günstiger
werden. Und wir müssen etwas gegen versteckte Armut tun: Familien, die
leistungsberechtigt sind, aber die Leistungen gar nicht erst beantragen.
Sie kennen sowohl die Berliner als auch die Bonner Perspektive. Wie stehen
Sie zum geteilten Regierungssitz, der nicht nur Millionen kostet, sondern
unzählige Dienstreisen und damit CO2 verursacht?
Ich werde mich weiterhin für einen Zusatzvertrag zum Bonn-Berlin-Gesetz
einsetzen. Es ist sehr wichtig für die Stadt Bonn, dass wir auf der einen
Seite Planungssicherheit bekommen, auf der anderen Seite die Cluster, die
wir vor Ort haben, weiter ausbauen. Wir sind UN-Stadt und ein
ausgezeichneter Wissenschaftsstandort, aber wir brauchen eine klare
Perspektive – und dazu gehört der Verbleib der Ministerien.
Wie kam es überhaupt, dass Sie von der großen Bundespolitik in die
Kommunalpolitik wechseln wollten?
Als Bonnerin war ich in den letzten Jahren viel in der Stadt unterwegs und
habe gesehen, dass viele innovative Ideen nicht zum Tragen gekommen sind.
Das möchte ich ändern. Auf der anderen Seite wurde mir immer mehr bewusst,
dass wir in Berlin zwar den Rahmen setzen, aber ob beispielsweise die
Verkehrswende wirklich gelingt, das entscheidet sich vor Ort, hier in Bonn.
Das finde ich spannend und daran möchte ich arbeiten.
Was passiert jetzt eigentlich mit Ihrem Bundestagsmandat?
Ich bin gerade dabei, meine Abgeordnetentätigkeit zu beenden. Ich räume
mein Büro aus und ich werde mein Mandat zurückgeben, ist doch klar.
7 Oct 2020
## LINKS
[1] /Kommunalwahlen-in-Nordrhein-Westfalen/!5713080
[2] /Verkehrswende-in-Berlin/!5710512
## AUTOREN
Steve Przybilla
## TAGS
Verkehrswende
Autoverkehr
Kommunalwahl
Bonn
Bündnis 90/Die Grünen
Kommunalwahlen
NRW
NRW-SPD
## ARTIKEL ZUM THEMA
Stichwahlen in NRWs Städten: Herzkammer der SPD intakt
Bei den nordrhein-westfälischen Oberbürgermeisterwahlen dominieren lokale
Themen: Beobachtungen aus Düsseldorf, Dortmund und Bonn.
Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen: Das Drei-Parteien-System
In NRW können sich Grüne und CDU als Sieger fühlen. Selbst die gebeutelte
SPD sieht eine „Trendwende“. FDP, Linke und AfD bleiben chancenlos.
SPD-Politiker Frank Baranowski in Gelsenkirchen: „Leute glauben nicht mehr an…
Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski hört auf. Ein Gespräch
über Altschulden als „tickende Zeitbombe“ und Integrationsprobleme als
„Tabuthema“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.