# taz.de -- EU präsentiert Strategie: Weg mit giftigem Chemiedreck | |
> Die EU-Kommission will giftige Chemikalien aus Alltagsprodukten | |
> verbannen. Dazu gehören Textilien, Kosmetik, Waschmittel und Spielzeug. | |
Bild: Textilien sollen sicherer werden, aber in der Coronakrise soll auch an di… | |
BRÜSSEL taz | Die EU will umweltschädliche oder gesundheitsgefährdende | |
Chemikalien aus dem Verkehr ziehen und für eine „schadstofffreie Umwelt“ | |
sorgen. Dazu werde man auch zu Verboten greifen, wenn es um die Sicherheit | |
von Spielzeug, Textilien, Babyartikeln, Kosmetika oder Waschmitteln geht, | |
kündigte die EU-Behörde am Mittwoch in Brüssel an. Bis es so weit ist, | |
könnte es allerdings noch dauern – denn [1][die Kommission legte nur eine | |
Strategie] vor, keinen Gesetzentwurf. | |
Die Chemikalienstrategie ist die erste große Novelle seit der | |
[2][Reach-Verordnung] von 2006. Damals wurde das europäische | |
Chemikalienrecht harmonisiert und entschlackt. Die Industrie wurde | |
verpflichtet, alle Wirkstoffe registrieren und auf Unschädlichkeit bewerten | |
zu lassen. Dennoch wurden viele gefährliche Substanzen nicht erfasst, wie | |
eine Überprüfung 2018 ergab. Die Grünen im Europaparlament sprachen vom | |
„Dieselgate der Chemieindustrie“. | |
Mit diesen Missständen will die EU-Kommission nun aufräumen. Sie bettet | |
ihre Strategie aber auch in den „European Green Deal“ ein. Es gehe darum, | |
Chemikalien „inhärent sicher und nachhaltig“ zu machen, erklärten | |
Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius und Gesundheitskommissarin Stella | |
Kyriakides. Gleichzeitig müsse man auch an die Industrie denken, die wegen | |
der Coronapandemie den zweitgrößten Produktionseinbruch der Geschichte | |
meldet. | |
Konkret kündigen die Kommissare das Aus für die schädlichsten Stoffe an – | |
darunter endokrine Disruptoren (Chemikalien, die das Immunsystem und die | |
Atemwege beeinträchtigen) und persistente Stoffe wie Per- und | |
Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS). Die Eurokraten halten der Industrie aber | |
auch eine Hintertür offen. Das Verbot soll nur kommen, wenn diese | |
Substanzen „nicht nachweislich für das Allgemeinwohl unverzichtbar sind“. | |
## Eurokraten halten der Industrie eine Hintertür offen | |
Zudem sollen bedenkliche Stoffe in allen Produkten durch unbedenkliche | |
Chemikalien ersetzt werden. Auch den „Cocktail-Effekt“ verschiedener | |
Substanzen auf die Gesundheit will die EU-Kommission bedenken. Bei alldem | |
wird aber auch die Wettbewerbsfähigkeit nicht vergessen. Mithilfe der neuen | |
Strategie soll sich die Industrie bei der Herstellung und Verwendung von | |
nachhaltigen Chemikalien zu einem weltweiten Spitzenreiter entwickeln. | |
Bei den Grünen im Europaparlament kommt das Vorhaben gut an. Der grüne | |
Abgeordnete Sven Giegold lobt die „sehr gute Strategie“. Giegold: „Die EU | |
läutet eine Chemiewende ein, die den Schutz von Gesundheit und Umwelt mit | |
einer zukunftsorientierten Industriepolitik im Sinne des Grünen Deal | |
verbindet.“ | |
Wenig begeistert zeigt sich dagegen die Industrie. „Innovationen aus der | |
Chemie brauchen Planungssicherheit“, mahnt Gerd Romanowski vom | |
Branchenverband VCI. Die Kommission müsse mit Augenmaß vorgehen und dürfe | |
nicht zu viel vorschreiben. Vor dem Hintergrund der Coronakrise brauche die | |
Industrie vor allem eins: Ruhe im Chemikalienrecht und möglichst wenig | |
Verbote. | |
14 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Lobbyist-vs-Gruenen-Politikerin/!5717456 | |
[2] https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/reach-chemikalien-reach | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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