Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Generationswechsel im Radsport: Feiern zur Jugendweihe
> Es sind vor allem junge Radprofis, die die großen Rundfahrten
> beherrschen. Der Trend setzt sich auch jetzt beim Giro d’Italia fort.
Bild: Ganz in rosa: Portugals junger Radstar Joao Almeida im Trikot des Führen…
Vieste taz | Der [1][Giro d’Italia] wird zur Krabbelstube. Ein 22-jähriger
Rundfahrtdebütant hat auf der Bergetappe zum Ätna auf Sizilien das rosa
Trikot des Führenden erobert. Ein 23-jähriger, der seine zweite Grand Tour
überhaupt fährt und seinen allerersten Giro, liegt auf Rang 4. Die beiden,
der Portugiese Joao Almeida und der Belgier Harm Vanhoucke, ließen dabei
Radsportprominenz hinter sich wie etwa Ex-Toursieger Vincenzo Nibali.
Almeida und Vanhoucke sind nur die neuesten Exponenten der Jugendwelle im
Radsport. Vor ihnen hatten bereits Tadej Pogacar, 21 Jahre jung, und
[2][Egan Bernal], 22, die letzten beiden Tours de France gewonnen.
Giro-Kapitän von Deceuninck Quick Step sollte eigentlich der 20-jährige
Remco Evenepoel sein. Das belgische Top-Talent stürzte aber bei der
Lombardei-Rundfahrt. „Mit ihm wären wir hier sicher noch stärker.
Aber auch so läuft es schon gut“, sagte Davide Bramati, sportlicher Leiter
des Rennstalls, der taz. Als Kapitänsersatz für Evenepoel sprang
Giro-Debütant Almeida perfekt ins Grand-Tour-Wasser. Der Bursche ist frech,
nervenstark und hat auch die passenden Beine, seine Pläne umzusetzen. „Ja,
wir müssen ihn als Rivalen ernst nehmen“, sagte Paoo Slongo, Trainer vom
großen Favoriten Vincenzo Nibali. Dass die Jugend jetzt auf dem Vormarsch
ist, hat vor allem mit einer Aufrüstung des Nachwuchssektors zu tun. „Die
jungen Fahrer haben alle schon Coaches und Ernährungsberater.
Sportwissenschaftliche Erkenntnisse werden in den Nachwuchsteams angewandt.
Und die Jungs kommen bereits mit der Mentalität von Profis bei uns an“,
konstatierte Bramati.
Slongo stimmt zu. „Früher kam einer wie Vincenzo Nibali noch, wie wir in
Italien sagen, als einer, der Brot und Salami isst, zu uns, also eher als
Amateur. Er wurde dann im Profiteam aufgebaut, sollte erst lernen und hatte
mit Mitte 20 die erste Grand Tour. Jetzt geht alles viel schneller, weil
die jungen Fahrer in ihrer Entwicklung viel weiter sind.“ Sie knüpfen
nahtlos an ihre U23-Performances an.
## Jung gegen die Uhr
Das Auftaktzeitfahren in Palermo gewann der 24-jährige Filippo Ganna, der
frisch gekrönte Zeitfahrweltmeister bei den Erwachsenen. Zweiter wurde
Almeida, 22, Dritter Mikkel Berg, 21, Fünfter Tobias Voss, 23. Nur
Ex-Toursieger Geraint Thomas konnte sich als Vierter dazwischenschieben.
Der 34-jährige Waliser allerdings spielt im Abwehrkampf der Alten gegen die
Jungen zumindest bei diesem Giro keine Rolle mehr. Er stürzte über eine
Trinkflasche und brach sich das Becken.
Der neue Giro-Stern Almeida und auch der Däne Berg kommen vom US-Team Axeon
Hagens Berman. Das Team, angeführt vom Eddy-Merckx-Sohn Axel, ist eine
Talentefabrik. Gesponsert wird sie von einer Anwaltsfirma, die unter
anderem die Dieselklage gegen Daimler durchdrückte. Kanzleigründer Steve
Berman eröffnete als Staatsanwalt auch Dopingverfahren. Das lässt hoffen,
denn ursprünglich wurde das Team als Nachwuchsabteilung des nicht so toll
beleumundeten Armstrong-Rennstalls Radioshack gegründet.
Entgegen kommt den Jungen aber auch ein Mentalitätswechsel im Radsport.
„Früher mussten die jungen Profis erst lernen. Man hat ihnen kleinere
Aufgaben gegeben, sie wachsen lassen. Vielleicht haben wir das damals
falsch gemacht“, sagte nachdenklich Astanas sportlicher Leiter Giuseppe
Martinelli der taz.
## Früh in der Verantwortung
Die Teams heute setzen die Talente früh als Führungskräfte ein. Das
beschleunigt den Generationenwechsel. Ein weiterer Faktor ist der dicht
gedrängte Terminkalender in der Pandemiesaison. „Viele Teams hatten
Probleme, den siebten und achten Mann für das Giro-Aufgebot zu bestimmen,
weil die Tour erst vor Kurzem beendet wurde und auch die Terminüberlappung
mit der Vuelta da ist“, erklärte Martinelli.
Die große Frage ist auch, wie nachhaltig dieser Jugendtrend ist. „Es kann
sein, dass diese jungen Fahrer zu schnell wachsen und nicht die nötige
Substanz aufbauen“, warnt Slongo. Und Martinelli, einst sportlicher Leiter
von Marco Pantani, mutmaßt: „Vielleicht werden wir in zwei, drei Jahren
merken, dass wir sie zu schnell ausgepresst haben.“ Altmeister Vincenzo
Nibali ist sich jedenfalls über eines sicher: „Ich glaube nicht, dass diese
jungen Rennfahrer so lange Karrieren wie ich haben werden und mit 35, 36
Jahren noch top sind.“
12 Oct 2020
## LINKS
[1] /Abwertung-des-Giro-dItalia/!5715577
[2] /Gewinner-der-Tour-de-France-2019/!5609787
## AUTOREN
Tom Mustroph
## TAGS
Giro d’Italia
Profisport
Radsport
Vuelta
Radsport
Giro d’Italia
Giro d’Italia
Giro d’Italia
Radsport
## ARTIKEL ZUM THEMA
Radrennen Spanienrundfahrt: Furioses Finale am letzten Berg
Bei der Spanienrundfahrt kann Gesamtsieger Primož Roglič die Attacken
seiner Rivalen abwehren – und ein erneutes Trauma verhindern.
Ehemaliger Vuelta-Sieger als Helfer: Der lange Abstieg
Vom Champagnerverschütter zum Wasserflaschenträger: Radprofi Chris Froome
hat eine ungewöhnliche Metamorphose hinter sich.
Überraschungssieg beim Giro d'Italia: Am Ende ist es Hart
Forsche Jungprofis, eine nicht ganz dichte Sportlerblase und aufmüpfige
Fahrer. Der Giro d’Italia 2020 wird in Erinnerung bleiben.
Italien-Rundfahrt der Radprofis: Giro d'Italia wird militärisch
Etappenstart bei der Luftwaffe: So versucht die Rundfahrt von der
Coronakrise abzulenken. Der Niederländer Wilco Kelderman gilt als
Geheimfavorit.
Abwertung des Giro d’Italia: Der Giro als Anhängsel
Wegen Corona muss die Italienrundfahrt der Radprofis nach der Tour de
France starten. Dem Frauen-Giro wurde sogar der WorldTour-Status entzogen.
Tour de France und Doping: Menschliche Maschinen
Leistungssteigernde Substanzen gehörten von Anfang an zur Tour de France,
verboten wurden sie erst später. Vielen Fahrern fehlt dafür das
Verständnis.
Radsport nach der Coronapause: Mit Spaß durch den Staub
Weltmeisterin Annemiek van Vleuten dominiert bei den Strade Bianche einfach
weiter. Bei den Männern meldet sich die junge Garde.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.