Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Erneut Open-Air-Parteitag bei den Grünen: Steinmüller besiegt Mut…
> Die Grünen in Mitte haben wieder coronakompatibel im Stadion entschieden
> – diesmal über ihre Kandidatur zum Bundestag. Mutlu widerspricht
> Vorwürfen.
Bild: Hanna Steinmüller tritt für die Grünen bei der Bundestagswahl 2021 im …
Berlin taz | Es ist Sonntagmittag, als Özcan Mutlus Comeback-Versuch als
Parlamentarier ein Ende hat. Mit deutlicher Mehrheit wählt eine
Mitgliederversammlung der Grünen in Mitte nicht ihn, den 52-Jährigen,
sondern die 27-jährige Hanna Steinmüller zur Kandidatin für die
Bundestagswahl 2021. Von 279 Stimmen gehen nur 101 an ihn, der im
Angeordnetenhaus von 2013 bis 2017 im Bundestag saß, aber 165 an
Landesvorstandsmitglied Steinmüller. Im Wahlkreis Mitte hat sie angesichts
des aktuellen Grünen-Umfragebooms sehr gute Chancen.
„Mitgliederversammlung“ heißt zwar die Veranstaltung, zu der die Grünen
erneut coronakompatibel open air auf die Tribüne des Poststadions in Moabit
eingeladen haben. Aber schon wie vor einer Woche, als es bei Regen um die
Spitzenkandidatur fürs Bezirksbürgermeisteramt ging und sich Amtsinhaber
Stephan von Dassel gegen Tilo Siewer durchsetzte, mag auch bei Sonne kaum
ein Sechstel der fast 1.700 Mitglieder in Mitte mitentscheiden.
In den Tagen vor dem Parteitag hat Mutlu in Zeitungen anonym zitierte
Kritik lesen müssen, er habe nicht nur Mitglieder mit Migrationshintergrund
geworben, sondern auch angeboten, die Parteibeiträge zu bezahlen. Mutlu
widerspricht dem, aber die Vorwürfe sind in der Welt, als es an die Wahl
geht.
Keine der Fragen nach Mutlus zehnminütiger Vorstellungsrede hakt zu seiner
Rede nach, wohl aber geht es neben der Mitgliederwerbung um angebliche
Anfragen im Bundestag für die türkische Regierung und seine Haltung bei der
Abstimmung über die Armenien-Resolution 2016. Von einer „Rufmordkampagne“
spricht Mutlu im Poststadion. Zur Behauptung, er habe Beiträge für
Neumitglieder bezahlt, sagt er: „Auch das ist eine Falschbehauptung, ich
habe bereits presserechtliche Schritte unternommen.“
Hanna Steinmüller konzentriert sich in ihrer Rede vornehmlich auf ihre
Themen Kinderarmut und Klimaschutz. Gegenkandidat Mutlu kommt in ihrer Rede
indirekt vor: „Es ist Zeit für einen feministischen Wandel nach zwanzig
Jahren männlicher Direktkandidaturen“, sagt sie – vor Mutlu, der 2013 und
2017 antrat, hatte im Wahlkreis Mitte zweimal Wolfgang Wieland, der frühere
Grünen-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, kandidiert.
## Mutlu: Wollte Eltern schützen
Höchst emotional wird es, als Mutlu auf die Frage zur Armenien-Resolution
zu sprechen kommt. Dabei hat der Bundestag im Juni 2016 den Völkermord an
den Armeniern ein Jahrhundert zuvor verurteilt und die damalige türkische
Regierung dafür verantwortlich gemacht. Mutlu bestätigt, dass er an der
Abstimmung nicht teilgenommen habe, und nennt als Erklärung dafür unter
Tränen, dass er seine Eltern habe schützen wollen: Die seien damals in der
Türkei gewesen und hätten am Abend vor der Bundestagsabstimmung Besuch von
türkischen Sicherheitsbehörden bekommen. Heute würde er anders entscheiden
und mit abstimmen.
Für seine Worte gibt es breiten Applaus, zu einer Mehrheit bei der
Abstimmung verhilft ihm das nicht: Steinmüller setzt sich schon im ersten
Wahlgang klar durch. Sieben Stimmen gehen an einen dritten Bewerber, den
Finanzinvestor Jochen Wermut. Er hatte 2016 mit einer 300.000-Euro-Spende
an die baden-württembergischen Grünen Aufsehen erregt und warb mit seiner
Finanzkompetenz für sich.
„Das wird das Rückspiel“, hatte vor einer Woche eine führende Grüne
enttäuscht nach dem Sieg von Dassels bei der Bürgermeisterkandidatur zur
Mutlu-Steinmüller-Entscheidung gesagt – weil von Dassel vom Mutlu-Lager
unterstützt worden sei, was sich mit der Applausverteilung deckte. Nach
dieser Logik stünde es nun 1:1. Dem Endspiel gleich kommt dann die Frage,
wer auf Landesebene die Spitzenkandidatur übernehmen und 2021 Regierende
Bürgermeisterin werden soll. Das soll sich spätestens bei einem Parteitag
am 28. November entscheiden.
4 Oct 2020
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Coronavirus
Stephan von Dassel
Berliner Bezirke
Grüne Berlin
Grüne Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Grüner Bürgermeisterkandidat in Mitte: Herzschlagfinale im Poststadion
Herausforderer Tilo Siewer fehlen nur wenige Stimmen, um statt Amtsinhaber
Stephan von Dassel grüner Bürgermeisterkandidat in Berlin-Mitte zu werden.
Kandidatenwahl open air: Frische Luft für die Grünen
Die Grünen in Mitte wählen ihren Bürgermeisterkandidaten an diesem Samstag
coronakompatibel– im geschichtsträchtigen Poststadion.
Berliner Grüne im Wahlkampf: Mitte(n) in der Arena
Özcan Mutlu will wieder in den Bundestag, doch wollen das auch die
Mitte-Grünen? Auch Bürgermeister Stephan von Dassel hat einen
Gegenkandidaten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.