# taz.de -- Gründerin der „il manifesto“: Stimme am linken Rand | |
> Die Journalistin Rossana Rossanda war eine wichtige Stimme der | |
> unorthodoxen Linken in Italien. Nun ist sie gestorben. | |
Bild: Rossana Rossanda – radikal, undogmatisch, links | |
Rossana Rossanda war vieles zugleich: Intellektuelle, Journalistin, | |
Politikerin und Parlamentarierin. Sie war eine der Gründerinnen der | |
Tageszeitung il manifesto und über Jahrzehnte hinweg eine der wichtigsten | |
Vertreterinnen der radikalen, undogmatischen Linken in Italien. „Das | |
Mädchen des vergangenen Jahrhunderts“ hieß ihre im Jahr 2005 erschienen | |
Autobiografie, und bis zuletzt war sie stolz darauf, in Zeiten gewirkt zu | |
haben, in denen niemand von der „postideologischen Ära“ redete, in der die | |
großen Ideologien die Politik prägten. | |
Geboren im damals noch italienischen Istrien, aufgewachsen in Mailand, | |
beteiligte sie sich an der Resistenza gegen die deutschen Nazi-Okkupanten | |
und die italienischen Faschisten. Gleich nach Kriegsende trat sie der | |
Kommunistischen Partei bei. | |
Diese Partei war zwar stalinistisch, unter ihrem Vorsitzenden Palmiro | |
Togliatti ließ sie jedoch intellektuellen Stimmen wie der Rossandas viel | |
breiteren Raum als andere KPs. Rossanda wurde zur nationalen | |
Kulturverantwortlichen, dann 1963 Abgeordnete. 1968 aber kam es zum Bruch | |
mit der Partei: Gemeinsam mit anderen Dissident*innen hatte sie den | |
sowjetischen Einmarsch in der Tschechoslowakei hart kritisiert, und die | |
Gruppe wurde aus der KPI geworfen. | |
Ihr Hauptverbrechen: Die Abweichler hatten die Zeitschrift il manifesto | |
gegründet, die 1971 zur Tageszeitung und zu einem [1][der wichtigsten Foren | |
der radikalen Linken] Italiens mutieren sollte. Mehrfach in den folgenden | |
Jahrzehnten war Rossanda dort auch Chefredakteurin. | |
Sie beteiligte sich auch an diversen Parteigründungsprojekten links von der | |
KPI, die jedoch allesamt scheiterten. Immer wieder mutete sie ihren | |
Genoss*innen einiges zu, zum Beispiel 1978, als sie die damals beliebte | |
These verteidigte, die Terrorist*innen der Roten Brigaden seien keineswegs | |
von Geheimdiensten gesteuerte Schergen des Systems, sondern gehörten zum | |
„Familienalbum“ der Linken. | |
Während die radikale Linke in Italien [2][ihren Niedergang erlebte], | |
während Rossanda und die anderen manifesto-Macher*innen sich aus der | |
aktiven (Partei-)Politik zurückzogen, überlebte doch ihre Zeitung als | |
wichtigste Stimme am radikal linken Rand der italienischen | |
Medienlandschaft. Rossanda jedoch brach 2012 mit ihrem eigenen Geschöpf, | |
als es um die [3][verlegerische Neuaufstellung] der Zeitung ging. Als | |
kritische, kluge, unabhängige Kommentatorin aber blieb sie Italien bis | |
zuletzt erhalten. | |
Rossana Rossanda starb am Sonntag im Alter von 96 Jahren. | |
21 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Il-Manifesto-wird-40/!5121870 | |
[2] /Linke-Tageszeitung-Il-manifesto-ist-pleite/!5101015 | |
[3] /Linke-Presse-in-Italien/!5050073 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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