# taz.de -- Filmempfehlungen für Berlin: Grauen im Freien | |
> Nach langem Genehmigungsverfahren zeigt das Kino Krokodil Wilhelm Murnaus | |
> „Nosferatu“ nun Open Air. Die Termine der Woche. | |
Bild: Ähnlichkeiten mit Bram Stokers „Dracula“ sind nicht rein zufällig: … | |
Eine fiktive Stadt in Norddeutschland, Mitte des vorletzten Jahrhunderts. | |
Der junge Makler Thomas Huller wird von seinem Chef beauftragt, einen | |
lukrativen Verkauf an den transilvanischen Grafen Orlok einzufädeln. Der | |
junge Mann reist in die Karpaten, in ein geheimnisvolles Schloss und es | |
gelingt ihm schließlich, einen Kaufvertrag abzuschließen. Mit dem | |
Vertragsabschluss und der Reise Orloks in die Heimatstadt Hullers nimmt das | |
Verhängnis seinen Lauf. | |
Friedrich Wilhelm Murnaus Vampirfilm „Nosferatu – Eine Symphonie des | |
Grauens“ von 1922 weist nicht zufällig Ähnlichkeiten mit Bram Stokers | |
„Dracula“ auf. Produzent Albin Grau wurde durch ein Kriegserlebnis im | |
Ersten Weltkrieg zu einem Vampirfilm inspiriert und setzte den Plan um, | |
ohne die Filmrechte an Stokers Roman zu erwerben. Murnau nutzte bei seiner | |
Inszenierung für die Entstehungszeit auffällig viele Außenaufnahmen und | |
ließ so den Horror, den Alltag durchdringen. | |
Eigentlich hätte Murnaus Film zur Wiedereröffnung des Kinos Krokodil im | |
Sommer laufen sollen. Doch die Genehmigungen für die Freiluft-Vorführung | |
mit Livebegleitung am präparierten Flügel durch Jürgen Kurz verzögerten | |
sich. Nun läuft „Nosferatu“ am Donnerstag Abend in der gesperrten | |
[1][Greifenhagener Straße] im Prenzlauer Berg und läutet zum allmählichen | |
Ende des Sommers die nächste Etappe im Berliner Kinoleben ein (17. 9., | |
Greifenhagener Straße, Open Air, 20 Uhr). | |
Ganz anders klingt der Donnerstag im Kino Lichtblick. Ein | |
[2][Doppelprogramm] zeigt Musikfilme der beiden Berliner (bzw. | |
Berlin-nahen) Filmhochschulen in Ost und West. Die Deutsche Film- und | |
Fernsehakademie Berlin (dffb) war in den 1980er Jahren mittenmang bei den | |
diversen Subkulturen der Inselstadt Berlin. | |
Regisseur Frank Behnke präsentiert im Lichtblick ein Programm, das den | |
Bogen von Punk bis Hip-Hop spannt. Direkt im Anschluss präsentieren Claus | |
Löser, einer der besten Kenner des Filmuntergrunds der DDR, und der | |
Regisseur Bernd Sahling Filme der Babelsberger HFF Konrad Wolf von | |
Frauen-Combo über die Puhdys bis zu einigen Punk-Preziosen (17. 9., | |
Kastanienallee 77, 18/20 Uhr). | |
Der Abend ist Auftakt des Programms, mit dem das Lichtblick am Aktionstag | |
„[3][Let's Dok]“ der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm teilnimmt. Am | |
Sonntag folgen drei weitere Programme mit Filmen von Videokollektiven. Von | |
einem Programm mit Filmen aus West-Berlin geht es mit einem Abstecher nach | |
Bitterfeld in den 1980er Jahren zu den Filmen aus 30 Jahren AK Kraak (20. | |
9., 18/20/22 Uhr). | |
Filme so sehen, wie sie aussehen sollen. Nach all dem Gestreame der | |
Ausgangsbeschränkungen zu Beginn des Jahres wirkt es noch immer wie ein | |
Luxus, Filme endlich wieder im Kino zu sehen. Das Arsenal setzt verlässlich | |
noch eins drauf und zeigt Filme im selten gezeigten analogen 70mm-Format. | |
Am Samstag läuft Stanley Kubricks „[4][2001 – A Space Odyssey]“. Kubricks | |
Film schlägt einen Bogen vom Beginn des Lebens bis zum Zeitalter des | |
Computers. Ein visueller Trip, den man sich nicht entgehen lassen sollte | |
(19. 9., Potsdamer Straße 2, 20 Uhr). | |
Im Zeughauskino neigt sich eine Reihe dem Ende zu, die schon Anfang des | |
Jahres begann. Am kommenden Mittwoch steht ein letztes Mal ein Film aus des | |
[5][Regieehepaars Luise und Jakob Fleck] auf dem Programm. „Der Orlow“ | |
erzählt die Geschichte eines Diamanten, gestohlen in den Wirren der | |
russischen Revolution. | |
Der ehemalige Besitzer ist vom Großfürsten zum Pilot in einer | |
Flugzeugfabrik aufgestiegen und ist verliebt in die Revuetänzerin Nadja. | |
Diamanten, Flugzeuge, Revuetänzerinnen, Revolutionäre: Die Flecks lassen es | |
in ihrer Verfilmung einer Erfolgsoperette der Zeit ordentlich krachen. | |
Die zeitgenössische Presse jubelte schon zur Uraufführung 1927 und | |
bescheinigte dem Film „unbedingte Publikumswirksamkeit in jedem Kino“. Ein | |
Urteil, auf das man noch heute vertrauen darf (23. 9., Unter den Linden 2, | |
19 Uhr). | |
Außerdem im Zeughauskino: eine Filmreihe, die sich den Filmen widmet, die | |
bei Kriegsende des Zweiten Weltkriegs noch nicht fertiggestellt waren und | |
erst nach dem Krieg fertig gestellt wurden. Diese sogenannen | |
„[6][Überläufer]“ werfen Fragen nach dem Sinn von Zäsuren in der | |
Filmgeschichte auf und weisen teils weit voraus in die 1950er Jahre. Auf | |
dem Programm: der Mord eines Heiratsschwindlers („Die Nacht der Zwölf“, 19. | |
9., 18 Uhr und 20. 9., 20.30 Uhr) und ein Verwirrungs-Lustspiel („Dreimal | |
Komödie“, 18.9., 21 Uhr). | |
17 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://kino-krokodil.de/ | |
[2] https://www.lichtblick-kino.org/extra/2020/20_09_AG_Dok_40 | |
[3] https://letsdok.de/ | |
[4] https://www.arsenal-berlin.de/kalender/filmreihe/calendar/2020/september/19… | |
[5] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihen/kolmfleckhegewald.html | |
[6] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihen/ueberlaeufer.html | |
## AUTOREN | |
Fabian Tietke | |
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