| # taz.de -- Komödie „Monsieur Killerstyle“ auf DVD: Es kann nur eine Jacke… | |
| > In Quentin Dupieuxs Film „Monsieur Killerstyle“ entwickelt ein Mann eine | |
| > Obsession für Wildleder. Die reale Welt wird darüber zum Fremdkörper. | |
| Bild: Ein Amateurfilmer (Jean Dujardin) und seine Produzentin (Adèle Haenel) u… | |
| Ein Mann, eine Kamera, eine Wildlederjacke. Daraus entfaltet sich in | |
| Quentin Dupieuxs neuestem Film „Monsieur Killerstyle“ eine Geschichte, sie | |
| unwahrscheinlich zu nennen wäre stark untertrieben. Der Mann, er heißt | |
| Georges ([1][Jean Dujardin]), kauft für sehr viel Geld eine | |
| Hirschleder-Jacke. Er hat im Internet eine Anzeige gesehen, der Verkäufer, | |
| ein alter Herr, gibt ihm als Bonus eine Digitalkamera, die er übrig hat, | |
| noch oben drauf. Im Original heißt der Film „Le Daim“, auf Deutsch | |
| schlicht: Hirschleder, und viel mehr als dieses Wort und den Mann hatte | |
| Dupieux zu Beginn vermutlich auch nicht. | |
| Dann hat sich der Autor und Regisseur – in einem parallelen Leben als Mr | |
| Oizo auch noch ein erfolgreicher Musiker – der bizarren Eigenlogik seiner | |
| Fantasie überlassen, die aus dem Ausgangsmaterial eine bizarre Geschichte | |
| entwickelt. Sie beginnt harmlos und endet im Splatter. Eins führt zum | |
| andern, ohne dass von einem Schritt in den Abgrund zum nächsten absehbar | |
| wäre, wohin die Reise geht. | |
| Georges kommt in einen abgelegenen Ort, mietet sich gleich mal für einen | |
| Monat in einem Hotel ein, hinterlegt seinen Ehering als Pfand, denn Geld | |
| hat er nach dem Kauf der Jacke nun keines mehr. | |
| Der Ehering, der dann noch weitere Auftritte hat, ist das Einzige, was wir | |
| als Andeutung einer Vorgeschichte haben: Georges hat sich vermutlich | |
| getrennt. Er fängt jetzt neu an. Mehr als eine Andeutung ist das nicht, | |
| aber selbst das ist für die innere Logik des Films fast schon zu viel. Zu | |
| viel an möglicher Erklärung, zu viel an Psychologie, denn eigentlich | |
| vertrauen Dupieuxs Filme im besten Fall ganz auf das selbst hervorgebrachte | |
| Spielmaterial. | |
| Was passiert, ist konsistent, aber nur in der vom Film selbst geschaffenen | |
| Welt. Ein Autoreifen als Protagonist („Rubber“): So sei es. Der Polizist | |
| hat statt des linken Auges eine digital ausradierte verschwommene Fläche | |
| ([2][„Die Wache“]): Je nun. Aus der realen Welt vertraute Motivierungen | |
| müssen da jedoch zu Fremdkörpern werden. | |
| ## „Pulp Fiction“ ist langweilig | |
| Die Wildlederjacke wird für Georges zur fixen Idee. Er beginnt mit ihr zu | |
| sprechen. Sie antwortet ihm, Dupieux nimmt bei diesen Dialogen manchmal die | |
| Jacke selbst in den Fokus, lässt Georges (aus dessen Mund die Worte der | |
| Jacke dabei kommen) in die Unschärfe gleiten. Nicht nur Georges, sondern | |
| auch der Film selbst wird also verrückt. | |
| Die fixe Idee: Niemand als er darf eine Jacke tragen, Wildleder oder nicht. | |
| Eine weitere Figur wird eingeführt: Denise, Kellnerin in der stets leeren | |
| Kneipe (sieht man von einer Prostituierten ab, die hier manchmal auf | |
| Kundschaft lauert), gespielt von [3][Adèle Haenel]. | |
| Georges dreht mit der Kamera, die er zur Jacke bekam, kleine Filme. Die | |
| Kassetten gibt er Denise, was man sieht, ist ausgesprochen amateurhaft, | |
| aber sie ist begeistert. Der Zufall, der mit Figur und Plot hier umspringen | |
| darf, will es, dass ihre wahre Leidenschaft der Filmschnitt ist. Einmal hat | |
| sie, sagt sie, aus Spaß „Pulp Fiction“ umgeschnitten und die Chronologie in | |
| die richtige Ordnung gebracht. War dann ein todlangweiliger Film, stellt | |
| sie fest. | |
| Es gelingt Georges, der kein Geld hat, Denise auch als Produzentin für den | |
| Film, den er angeblich dreht, zu gewinnen. Zum Glück gibt es im Dorf einen | |
| Geldautomaten. | |
| Bis hierhin war alles absurd, nun dreht es ab, endet mit | |
| Deckenventilatormassaker und Jackenmassengrab. Blut, viel Blut. Die | |
| Schnittmeisterin und Produzentin Denise kriegt nicht genug. Ein Mann, eine | |
| Jacke, eine Kamera. Und eine Produzentin. So was kommt von so was. Aber nur | |
| bei Quentin Dupieux. Der hat schon komplexere Filme gedreht, den Stoff, den | |
| seine Fans brauchen, bietet „Monsieur Killerstyle“ aber auch. | |
| 17 Sep 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ekkehard Knörer | |
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