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# taz.de -- Sprengung von Aborigenes-Gräbern: Rio-Tinto-Chef tritt zurück
> Der Bergbaukonzern Rio Tinto sprengte in der australischen Region Pilbara
> ein 46.000 Jahre altes Gräberfeld, um Eisenerz abzubauen. Drei Manager
> müssen nun gehen.
Bild: Muss gehen: Jean-Sébastien Jacques, Chef von Rio Tinto
Canberra taz | Der australische [1][Bergbaukonzern Rio Tinto] hat am
Freitag den Rücktritt des Unternehmenschefs Jean-Sébastien Jacques und
zweier hochrangiger Mitarbeiter gemeldet. Dem Rausschmiss aus dem
zweitgrößten Bergbauunternehmen der Welt war wachsende Kritik an der
[2][Zerstörung einer bedeutenden Kulturstätte der Urbewohner] im
nordwestaustralischen Gebiet Pilbara vorausgegangen.
Um eine Eisenerzmine zu erweitern, hatte Rio Tinto im Mai in der
Juukan-Schlucht zwei Höhlen gesprengt, die laut Forschern schon vor 46.000
Jahren von Menschen bewohnt gewesen waren. Die Zerstörung hatte unter den
Ureinwohnern der Region große Trauer ausgelöst.
Bestürzung und Kritik weiteten sich offenbar auch auf die Aktionäre des
Unternehmens aus. In den letzten Wochen hatte eine wachsende Zahl von
Anteilseignern den Rücktritt Jacques' gefordert. Die Unternehmensspitze
hatte die Sprengung zu Beginn des Skandals noch als notwendig verteidigt,
dann aber zunehmend eine versöhnlichere Position eingenommen. Am Freitag
ließ die Firma verlauten, „was in Juukan passiert ist, war falsch“.
Die zerstörten Höhlen galten als eine der ältesten Orte menschlicher
Behausung auf der Welt. Archäologen hatten jahrelang Ausgrabungen
durchgeführt, die zeigten, dass Aborigines die Felsformationen über
zehntausende von Jahre als Behausung und Unterstände genutzt hatten.
Forscher fanden ein 6.000 Jahre altes menschliches Haar, das nach
umfangreichen Analysen mit der Genetik der noch heute im Gebiet lebenden
indigenen Bewohner in Verbindung gebracht werden konnte. Die Höhlen galten
als wichtige heilige Stätten.
## Im Zweifel für die Wirtschaft, nicht für die Aborigines
Die Sprengung mag zwar aus moralischer Sicht fragwürdig sein – nicht aber
aus juristischer Perspektive. Die Zerstörung der Höhlen war von den
Behörden des Bundesstaates Westaustralien im Rahmen eines üblichen
bürokratischen Verfahrens routinemäßig bewilligt worden.
Die auf Bergbaurecht spezialisierte Rechtsprofessorin Samantha Hepburn von
der Deakin University bei Melbourne sagte im Gespräch mit der taz, der
Bewilligungsprozess für die Vernichtung religiös und kulturell wichtiger
Stätten der australischen Aborigines sei in den meisten Bundesstaaten stark
zugunsten der Wirtschaft ausgerichtet. Während Unternehmen bei einem
Einspruch gegen ein geplantes Projekt ein Wiedererwägungsgesuch einlegen
könnten, hätten die traditionellen Besitzer dieses Recht nicht.
„Den Aborigines bleibt deshalb meist nichts anderes übrig, als die
Zerstörung hinzunehmen“, so die Akademikerin. Kritiker hoffen, dass der
Fall ein Umdenken ausgelöst hat – vor allem unter den Aktionären von
Firmen, die in Australien bisher wenig bekannt gewesen waren für einen
nachhaltigen Umgang mit Kulturgütern. Die Regierung will eine Überarbeitung
der entsprechenden Bewilligungsprozesse prüfen.
11 Sep 2020
## LINKS
[1] /Deutsche-Rohstoffstrategie/!5627978
[2] https://www.theguardian.com/business/2020/sep/09/rio-tinto-ceos-fate-in-bal…
## AUTOREN
Urs Wälterlin
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