| # taz.de -- Sechs Monate Alltag mit Corona: In Zeiten abnehmender Sicherheit | |
| > Keine Krise ohne Widersprüche. Und: Ideologie hilft wieder nicht weiter. | |
| > Die taz-Kulturredaktion über das Pandemieleben. Teil 3. | |
| Bild: Corona-Abstandsmarkierung auf der Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg | |
| In der Krise findet eine Gesellschaft häufig zu sich selbst, oder sie | |
| potenziert ihre Konflikte. Wie ist es ein halbes Jahr nach Beginn der | |
| Coronapandemie, wie steht es um die [1][Stimmung in der Republik]? Mein | |
| inneres Politbarometer sagt mir: gemischt. Es geht ähnlich weiter wie | |
| zuvor. | |
| Ein Freund erzählt von der Schule seines Sohnes. Dort werden jetzt – sechs | |
| Monate nach Beginn der Pandemie und nach Ende der Sommerferien – die | |
| maroden Fenster ausgetauscht. Abgeschraubte Fenstergriffe, die Scheiben | |
| drohten herausfallen. | |
| Aber man soll ja jetzt lüften können, sagen die Behörden. Über dreißig | |
| Schüler:innnen finden sich, ohne Abstandsregeln einhalten zu können, zum | |
| täglichen Präsenzunterricht in den engen Klassenräumen ein. Über Internet | |
| braucht man hier nicht zu reden, Bücher wären schon ganz schön. Ein | |
| staatliches Gymnasium im Osten Berlins. | |
| Jugendliche haben generell eher Probleme mit den Hygieneregeln. Nach dem, | |
| was sie alltäglich erleben oder von Demos in den Medien sehen, umso mehr. | |
| Manche sind im Coronasommer wohl bereits zu jungen Zyniker:innen mutiert. | |
| ## Ohne App kein Bad | |
| Vor dem Schwimmbad im Wedding stehen ein paar Migrantenkinder. Sie | |
| diskutieren mit dem Einlasspersonal. Ohne App, Smartphone und Konto kommt | |
| niemand mehr in die städtischen Bäder Berlins. Vorher digital anmelden und | |
| bezahlen. Ein Traum für Badewärter:innen und Profischwimmer:innen: | |
| öffentliche Bäder ganz ohne Kinder. | |
| Im Corona-TV konnte man während des Lockdowns fix und fertige Eltern sehen. | |
| Manche weinten. Sie mussten in den Coronaferien sehr viel Zeit mit ihren | |
| Kindern verbringen. Die enttäuschten Kinder und Jugendlichen sieht man, | |
| hingegen nicht die, die jetzt in überfüllten Zügen und Schulen sitzen, | |
| während Sportwettbewerbe weiter eingeschränkt bleiben. | |
| Punktgenau zum Ligastart hat der [2][Berliner Fußballverband] die | |
| Meisterschaften amputiert. 2020/21 spielen Junioren und Juniorinnen nur | |
| noch Hinrunde, keine Rückrunde. Sport im Freien, da lauert also die Gefahr. | |
| Die (vorsichtige!) taz lässt derzeit Konferenzen mit maximal 16 Personen im | |
| Gebäude zu. Ihr Konferenzraum hat nicht annähernd die Maße eines Strafraums | |
| eines Fußballfelds. Logik? | |
| Konstant scheint auch das „systemkritische“ Theater dort weiterzumachen, wo | |
| es vor Corona aufgehört hat. Am Gorki Theater Berlin hat Sebastian Nüblings | |
| Inszenierung der „Schwarze Block“ nach Kevin Rittberger Premiere. | |
| Ästhetisch anspruchsvoll – tolle SchauspielerInnen, packende | |
| Live-Kamera-Szenen aus dem Freien übertragen, räumlich überragender Sound | |
| –, doch eine an ideologischer Einfalt kaum zu überbietende Textspur. | |
| „Staat, Nation, Kapital? Scheiße!“ Politfolklore im Geiste der | |
| Dimitroff-Thesen von 1933. Von Autonomie, Antifa und Militanz wenig Ahnung. | |
| Und auf den [3][Stufen zum Reichstag]? Drei Polizisten, die sich Faschisten | |
| und Coronaleugnern entgegenstellen. | |
| 12 Sep 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Sozialpsychologe-ueber-politische-Konflikte/!5709456&s=andreas+zick/ | |
| [2] /Bundesligafussball-wieder-vor-Publikum/!5708305&s=corona+fu%C3%9Fball+berl… | |
| [3] /Demonstrationen-gegen-Corona-Massnahmen/!5712525&s=corona+demos/ | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Fanizadeh | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Fußball und Politik | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Sechs Monate Alltag mit Corona: Schlendern mit traurigem Radarblick | |
| Statt Expressivität macht sich in Berlin Affektkontrolle breit. Die | |
| taz-Kulturredaktion über das Pandemieleben. Teil 5. | |
| Sechs Monate Alltag mit Corona: Unter der letzten Überlebenden | |
| Was, wenn man einen völlig neurotischen Blick auf die Krise wählte? Die | |
| taz-KulturRedaktion über das Pandemieleben. Teil 4. | |
| Sechs Monate Alltag mit Corona: Plötzlich wurde die Familie wichtig | |
| Der Sohn weg, die Ernte schlecht und unerwartet ein wenig Freiheit. Die | |
| taz-Kulturredaktion über das Pandemieleben. Teil 2. | |
| Sechs Monate Alltag mit Corona: Was neben dem Homeoffice bleibt | |
| Camus lesen oder Brot backen? Ohne Katastrophenmanagment geht nichts. Die | |
| taz-Kulturredaktion über das Pandemieleben. Teil 1. |