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# taz.de -- Janine Wissler im Porträt: Die Frontfrau aus Hessen
> Janine Wissler will Parteivorsitzende der Linkspartei werden. Kann sie
> den bunten Haufen einen? In Hessen hat sie lange Erfahrung gesammelt.
Bild: Janine Wissler hat in Hessen unter Beweis gestellt, dass sie Erfolge erri…
Wiesbaden taz | „Gekommen um zu bleiben“, unter diesem Motto hat die
Linken-Landtagsfraktion mit Janine Wissler 2018 ihr zehnjähriges Jubiläaum
gefeiert. Jetzt geht ihre Chefin womöglich nach Berlin. Wissler hat am
Freitag als erste der möglichen Anwärter:innen für den Vorsitz der
Linkspartei ihre Kandidatur verkündet.
Die beiden amtierenden [1][Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger]
hatten am vergangen Freitag und Samstag angekündigt, dass sie nicht mehr
[2][für ihre Ämter kandidieren]. Damit ist der Weg frei für eine neue
Doppelspitze.
Janine Wissler hat in Hessen unter Beweis gestellt, dass sie Erfolge
erringen und ausbauen kann. 2008 waren sie und die Linkspartei erstmals in
den hessischen Landtag eingezogen. Die studierte Politologin Wissler war
damals die jüngste Abgeordnete im Parlament. Sie hatte sich zuvor bei
Attac, in der WASG und im Kampf gegen die Studiengebühren in Hessen
profiliert. Von Anfang an boten ihr im Landtag die „hessischen
Verhältnisse“ eine Bühne, auf der sie ihr rhetorisches Talent unter Beweis
stellen konnte.
Die schwarz-gelbe Regierungskoalition unter Ministerpräsident Roland Koch
hatte ihre Mehrheit verloren und blieb lediglich geschäftsführend im Amt.
Die Opposition trotzte der Minderheitsregierung neben anderen
Zugeständnissen schließlich die Abschaffung der Studiengebühren ab. Als die
damalige SPD-Chefin Andrea Ypsilanti im Herbst 2008 den Machtwechsel wagen
wollte, scheiterte sie nicht an den Linken, sondern an wortbrüchigen
SozialdemokratInnen.
## Gefürchtet für bissige Zwischenrufe
Bei den „Duldungsverhandlungen“ hatte Wissler Geduld und Beharrlichkeit
bewiesen. Die junge Partei, zu der sich unabhängige Linke, Mitglieder aus
WASG, DKP und PDS zusammengerauft hatten, überstand die Zerreißprobe. Dass
sie ihren Platz im Landesparlament seitdem bei drei weiteren Wahlen
behaupten konnte, verdankt sie zu einem beachtlichen Teil ihrer Frontfrau,
die seit 2009 als Fraktionschefin amtiert.
Im Landtag sind nicht nur ihre bissigen Zwischenrufe gefürchtet, sie
formuliert prägnant und kommt schnell auf den Punkt. Im
NSU-Untersuchungsausschuss, wo Wissler stellvertretendes Mitglied war,
nervte sie die CDU mit ihren präzisen Fragen derart, dass sie ihr
Fragerecht mit einem Geschäftsordnungstrick zu beschränken versuchte. Es
blieb beim Versuch.
Auch dem neuen Untersuchungsausschuss, der unter anderem das
Behördenversagen vor dem Mord an Walter Lübcke aufklären soll, gehört sie
stellvertretend an. Als „infam“ empfindet sie den Vorwurf aus dem
Regierungslager, die Linken instrumentalisierten die rechte Gewalt. „Seit
wir dem hessischen Landtag angehören, warnen wir vor den rechten Strukturen
und Netzwerken, doch niemand hat uns Ernst genommen“, sagt sie.
## Kein Lagerwahlkampf Rot-Rot-Grün
Sie selbst ist schließlich Opfer als Adressatin rechter Morddrohungen unter
dem Label NSU2.0; auch persönliche Daten von ihr wurden aus
Polizeicomputern abgerufen. Die Landespolitik mache ihr gleichwohl nach wie
vor Spaß, versichert sie noch vor wenigen Wochen.
Doch sollte sie zur Parteivorsitzenden gewählt werden, wird Wissler nach
der Logik der Parteistrategie zur Bundestagswahl 2021 nach Berlin wechseln.
Sie hat 2008 und 2013 in Hessen über ein rot-rot-grünes Bündnis verhandelt,
das jeweils rechnerisch möglich gewesen wäre. Rot-Rot-Grün auf Bundesebene
wird an ihr persönlich nicht scheitern. Doch von einem Lagerwahlkampf rät
sie ab: „Es kommt darauf an, mit einem guten, linken und ökologischen
Programm ein gutes Ergebnis zu erzielen“, sagt sie und fügt hinzu. „Wir
werden die Tür nicht zumachen, es kommt dann auf die Inhalte an.“
Die Kandidatin für den [3][Linken-Bundesvorsitz] gilt zu Recht als
unprätentiös. Eigentlich wurde ihre Geburt im hessischen Langen unter dem
Familienname Wißler eingetragen. Doch schon die Passstelle des
Ordnungsamtes scheiterte an dem „scharfen s“. Im Namensfeld war „Wißler�…
dokumentiert, weiter unten in der computerlesbaren Zeile dagegen „Wissler“.
Sie entschied die Sache pragmatisch: „In Zeiten von Internet und E-Mail ist
ein ß im Namen schwierig und ich nutze die Doppel-S-Schreibweise, damit es
einheitlich mit Website und E-Mail ist“, twitterte sie.
Dass es in Hessen ohne sie bei der Landtagswahl 2023 knapp werden könnte,
glaubt sie nicht. „Wir haben viele gute Leute in der Fraktion und im
Landesverband und ich wäre doch auch nicht weg aus dem Landesverband,“ sagt
sie. Ihre künftige Präsenz auf Bundesebene könnte schließlich auch ihren
hessischen GenosseInnen zu Gute kommen.
4 Sep 2020
## LINKS
[1] /Die-Linkspartei-sucht-neue-Vorsitzende/!5706497
[2] /Katja-Kipping-ueber-ihre-Zukunft/!5706455
[3] /Vorsitz-der-Linkspartei/!5709164
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
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