# taz.de -- Übergangsregierung für Mali: Oberst a. D. als Präsident | |
> Malis ehemaliger Luftwaffenchef Ba Ndaw wird Übergangspräsident in Mali. | |
> Die Militärs umgehen so die Vorgabe, die Macht an Zivilisten | |
> zurückzugeben. | |
Bild: „Zivilist“, obwohl er das ganze Berufsleben beim Militär war: Juntac… | |
BERLIN taz | Die Militärjunta in Mali hat einen Zivilisten als | |
Übergangspräsidenten designiert und damit nach eigener Einschätzung die | |
Voraussetzungen für eine internationale Anerkennung ihres Regimes und die | |
Aufhebung der westafrikanischen Sanktionen gegen das Land geschaffen. | |
Allerdings ist die Anwendung des Begriffes „Zivilist“ auf den designierten | |
Staatschef Ba Ndaw zweifelhaft. | |
Der 70-Jährige hat sein gesamtes Berufsleben im Militär verbracht, vom | |
Hubschrauberpilotenschüler in der Sowjetunion ab 1974 über Stabschef des | |
1991 gestürzten Militärdiktators Moussa Traoré, Chef der Luftwaffe, | |
Direktor des Ingenieurswesens der Armee und stellvertretender Stabschef der | |
Nationalgarde bis zum Direktor der Veteranenbehörde, bevor er 2012 seinen | |
hochverdienten Ruhestand antrat. | |
Im Jahr 2014 hatte Oberst Ndaw noch einige Monate lang den Posten des | |
Verteidigungsministers bekleidet und das geltende militärische | |
Beistandsabkommen zwischen Mali und Frankreich unterzeichnet; seitdem hatte | |
man nichts mehr von ihm gehört. | |
Der 1,95 Meter große Oberst im Ruhestand soll nun am Freitag als Malis | |
Präsident vereidigt werden. Formal wird Ndaw damit die Nummer eins im | |
Staat, faktisch dürfte der designierte Vizepräsident die meiste Macht | |
ausüben – dieses Amt bekommt nämlich der aktuelle Juntachef [1][Assimi | |
Goïta]. | |
## Westafrikanisches Ultimatum läuft ab | |
In der „Übergangscharta“, die die herrschenden Militärs vor zehn Tagen | |
[2][bei einer „Nationalen Konzertation“] mit den politischen Kräften Malis | |
beschlossen hatten, ist der Vizepräsident zuständig für Sicherheit, | |
Verteidigung und die Neugründung des Staates, also die wichtigsten | |
Herausforderungen in den geplanten 18 Monaten Übergangszeit bis hin zu | |
Neuwahlen und der Rückgabe der Macht an zivile Nachfolger. Der Vize darf | |
auch aus dem Militär kommen, anders als der Staatschef. | |
Malis Generäle hatten am 18. August den gewählten Präsidenten Ibrahim | |
Boubacar Keïta [3][gestürzt], nachdem dieser mit einer immer stärkeren | |
zivilen Protestbewegung konfrontiert gewesen war. Diese Protestbewegung hat | |
den Putsch zwar begrüßt, fordert aber eine zivil geführte | |
Übergangsregierung. | |
Dies fordern auch die westafrikanischen Nachbarn, zusammengeschlossen in | |
der Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft). Auf einem | |
Sondergipfel am Dienstag vergangener Woche hatte sie Malis Militärregierung | |
ein Ultimatum von einer Woche gesetzt, eine zivile Nachfolge zu benennen. | |
Erst dann würden sie ihre Sanktionen aufheben; sonst würden sie eine | |
komplette Wirtschaftsblockade gegen das Land verhängen. | |
„Wir haben die Grundsätze der Ecowas akzeptiert, also die Ernennung eines | |
zivilen Präsidenten und eines zivilen Premierministers. Ich denke, dass die | |
Ecowas in den kommenden Tagen ihre Sanktionen aufheben muss“, erklärte | |
Goïta am Dienstag in seiner Rede zu Malis 60. Unabhängigkeitstag. Den | |
Feiertag begeht Mali, wie Beobachter auf Twitter anmerken, zum ersten Mal | |
in der Geschichte ohne Präsidenten, Regierung oder Parlament. | |
Ob die Ecowas das auch so sieht, ist noch unklar. Am Mittwoch wird ihr | |
Mali-Beauftragter, Nigerias Expräsident Goodluck Jonathan, in der | |
Hauptstadt Bamako erwartet. Die Konstruktion, dass ein aus dem Militär | |
stammender Vizepräsident die eigentliche Macht hinter einem formal über ihm | |
stehenden Zivilisten ausübt, stößt in Malis Bevölkerung durchaus auf | |
Zuspruch. | |
Presseberichten zufolge geht sie auch auf Vorschläge aus Frankreich zurück, | |
das eine weitere Destabilisierung der Sicherheitslage in der Sahelzone | |
durch Zerwürfnisse zwischen den Staaten der Region vermeiden will. | |
22 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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