# taz.de -- Deal mit Oracle und Walmart: Tiktoks zweite Chance | |
> Oracle und Walmart werden wohl die Geschäfte von TikTok in den USA | |
> leiten. Aus chinesischer Sicht ist es eine Kompromisslösung. | |
Bild: Wenn's um Trump geht, ist Protest in Peking plötzlich erlaubt: Solidarit… | |
Peking taz | Nun scheint Trump also doch nicht ernst zu machen: Im | |
[1][Streit ums TikTok-Verbot] hat der amerikanische Präsident am Wochenende | |
seinen „Segen“ für eine Lösung gegeben, bei der die US-Unternehmen Oracle | |
und Walmart das Geschäft der Videoplattform aus China führen würden. Dabei | |
solle gar eine „neue Firma“ namens „TikTok Global“ entstehen, sagte Tru… | |
Der Deal grob umrissen: In Texas würde TikTok nun eine neue Zentrale | |
errichten, 25.000 Mitarbeiter anstellen und die Nutzerdaten auf separaten | |
Cloud-Systemen speichern. In trockenen Tüchern ist das Geschäft zwar noch | |
nicht, doch TikTok hat bereits in einer Stellungnahme bestätigt, dass | |
Oracle und Walmart 20 Prozent Unternehmensanteile erhalten werden. | |
Washington gewährt der App zudem eine Fristverlängerung um eine Woche. | |
Ursprünglich hätte TikTok bereits am Sonntag in den USA nicht mehr zum | |
Download verfügbar sein sollen. | |
Seit Monaten bereits wirft die US-Regierung der Tech-Konkurrenz aus Fernost | |
vor, [2][Nutzerdaten an Chinas kommunistische Führung weiterzuleiten]. | |
Belege legte Washington bislang keine vor, genauso wenig wie übrigens im | |
Fall Huawei – der Netzwerkausstatter hat mit identischen Spionage-Vorwürfen | |
zu kämpfen. | |
## Trump will Chinas erster weltweit erfolgreicher App schaden | |
Nachweisen lässt sich jedoch sehr wohl, dass TikTok immer wieder politische | |
Inhalte zensiert hat, etwa bei Kurzvideos über die Situation der | |
uigurischen Minderheit in der westchinesischen Provinz Xinjiang, die von | |
der Zentralregierung systematisch unterdrückt und interniert wird. | |
Natürlich geht es Trump vor allem darum, Chinas erstem, uneingeschränkt | |
erfolgreichem Unternehmen weltweit einen Riegel vorzuschieben. Keine App | |
kann derzeit so viele Downloadzahlen vorweisen wie TikTok, allein in den | |
USA nutzen über 100 Millionen Menschen die Videoplattform. | |
Dennoch kann sich Peking keinesfalls glaubhaft als Opfer inszenieren, | |
schließlich hat es fast alle relevanten Apps aus dem Silicon Valley für den | |
eigenen Markt gesperrt: Instagram über Twitter bis hin zu Youtube und | |
Facebook lassen sich nur mit einer – de facto illegalen – VPN-Software | |
benutzen. Chinas Führung zensiert sein Internet und duldet unter keinen | |
Umständen eine Vernetzung von Aktivisten. | |
Was TikTok so besonders macht, ist sein auf künstlicher Intelligenz | |
basierter Algorithmus, der nicht nur für eine rekordverdächtige | |
Verweildauer seiner Nutzer sorgt, sondern auch dem seiner US-Konkurrenz wie | |
Instagram und Facebook technisch überlegen ist. | |
## Trump trifft falsches Unternehmen | |
Dabei trifft es mit TikTok im Grunde ein westlich geprägtes Unternehmen: | |
Gründer Zhang Yiming ist im Gegensatz zu den meisten Firmenvorständen in | |
China kein Parteimitglied der Kommunisten, ja nicht einmal ein strammer | |
Patriot. Der 37-jährige Informatiker atmet mehr „Silicon Valley“ als jeder | |
andere große Startup-Gründer in China. | |
Seine Idole, das schreibt er auch ganz offen, sitzen in Kalifornien – für | |
den nationalistischen Internetmob in China galt Zhang damit tendenziell als | |
Landesverräter. Dass nun ausgerechnet der in Fujian geborene | |
Startup-Visionär zwischen die Fronten eines neuen Kalten Kriegs gerät, | |
wundert wohl niemanden so sehr wie ihn selbst. | |
## Chinas Zustimmung fehlt noch | |
Von den chinesischen Propagandamedien wird der TikTok-Deal mit gemischten | |
Gefühlen betrachtet. Hu Xijin, Chefredakteur der Global Times, bezeichnet | |
ihn zwar als „immer noch unfair“, jedoch „relativ vernünftig“ für den | |
Mutterkonzern Bytedance. „Die jüngste Entscheidung der chinesischen | |
Regierung, technologische Exporte einzuschränken, hat auch den Verlauf der | |
Dinge beeinflusst“, schreibt Hu, der meist als publizistischer Seismograph | |
der öffentlichen Parteilinie gilt. | |
Eine weitere chinesische App muss sich nun allerdings tatsächlich vom | |
US-Markt verabschieden: Wechat ist ein digitales Hybrid, das im Alltag der | |
Chinesen längst unabdingbar ist – vom Messenger-Dienst über | |
Essensbestellungen hin zu mobilen Zahlungen. | |
Dass Einwohner der Vereinigten Staaten künftig kein Wechat mehr | |
herunterladen dürfen, trifft zum einen die chinesische Diaspora, deren | |
Kommunikation zu Freunden und Verwandten in der Volksrepublik erschwert | |
wird. Zudem könnte das Verbot auch US-Unternehmen in China beeinträchtigen, | |
die ohne Wechat erhebliche Wettbewerbsnachteile erleiden. | |
20 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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