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# taz.de -- Belarussische Politikerin und Proteste: Maria Kolesnikowa ist versc…
> Die belarussische Oppositionsführerin soll verschleppt worden sein. Die
> 38-Jährige galt in der Protestbewegung bislang als mäßigende Kraft.
Bild: Maria Kolesnikowa hat in Deutschland studiert
Sie schien es zu genießen, wenn sie an den vergangenen Sonntagen unter
einer riesigen weiß-rot-weißen Fahne an das Mikrofon treten und den
Demonstranten in ihrer Heimatstadt Minsk zuwinken konnte. In diesen
Momenten ertönen laute Sprechchöre mit ihrem Namen: „Ma-Ri-Ja, Ma-Ri-Ja“;
es sind die Momente, in denen die belarussische Oppositionsführerin ihr
authentisches Lachen zeigt.
Doch ob und wann Maria Kolesnikowa das nächste Mal öffentlich über Freiheit
und politische Reformen sprechen wird, ist unklar. Kolesnikowa verschwand
einen Tag nach einer weiteren Großdemonstration gegen Präsident Alexander
Lukaschenko, der die Wahl vor gut vier Wochen nach offiziellen Angaben mit
80 Prozent der Stimmen gewonnen hat. Wo Kolesnikowa steckt, ist unklar.
Berichten zufolge könnte sie verschleppt worden sein. Das belarussische
Innenministerium hingegen versicherte, es habe Kolesnikowa nicht
festgenommen.
Die unverheiratete Kolesnikowa, die seit 2007 regelmäßig in Stuttgart
weilt, wo sie die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst
absolviert hatte, war in Belarus auch bekannt geworden durch ihre
Vortragsreihe „Musikunterricht für Erwachsene“. Was sie auch aus
Deutschland mitgebracht habe, sei das Wissen, dass jeder Teil des
politischen Prozesses sei, es keinen Menschen ohne Politik gebe.
Es war eigentlich eher ein Zufall, der die 38-jährige Flötenspielerin,
Kickboxerin und Musiklehrerin in die Politik gebracht hatte. Als
Art-Direktorin des Kulturprojekts „Ok16“ in Minsk hatte sie mit Viktor
Babariko, dem Vorstandsvorsitzenden der Belgasprombank, die dem russischen
Konzern Gazprom gehört, zu tun, war doch die Bank Vermieterin der
Räumlichkeiten ihres Kulturprojekts. Und als Viktor Babariko die Bank
verlassen hatte, um in die Politik zu gehen, bat er Maria Kolesnikowa,
seinen Wahlkampfstab zu leiten.
Nach der Verhaftung von Babariko vertrat Kolesnikowa dessen politische
Interessen und tat sich schließlich mit Swetlana Tichanowskaja und Veronika
Zepkalo zusammen, um gemeinsam für die Wahl von Swetlana Tichanowskaja zu
kämpfen.
## Kolesnikowa ist das Gesicht der Demonstrierenden
Nachdem ihre beiden Mitstreiterinnen unfreiwillig das Land verlassen haben,
wurde Kolesnikowa das Gesicht der Demonstrierenden. Nur ungern lässt sie
sich als Oppositionsführerin bezeichnen. Wie könne man von Opposition
sprechen, wenn man die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich habe, hält sie
dagegen.
Kolesnikowa gilt in der Protestbewegung als mäßigende Kraft. Sie hat sich
gegen einen Austritt aus dem gemeinsamen Unionsvertrag mit Russland
ausgesprochen, will alle mit Russland geschlossenen Verträge weiterlaufen
lassen, sprach sich gegen EU-Sanktionen aus. Dass sie nun möglicherweise
dennoch von der Regierung aus dem Weg geschafft wurde, wertet Lukaschenkos
Herausforderin bei der Präsidentschaftswahl, Swetlana Tichanowskaja, als
weiteren Einschüchterungsversuch.
7 Sep 2020
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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Opposition
Alexander Lukaschenko
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