# taz.de -- Gekündigte Anti-Corona-Demonstrantin: Kein Berufsverbot | |
> Auch wenn das Futter für Verfolgungswahn bietet: Eine | |
> Anti-Corona-Demonstrantin, die einen Test verweigert, ist in einem | |
> Altenheim nicht tragbar. | |
Bild: Ob da auch was über körperliche Unversehrtheit drinsteht? Sitzblockade … | |
Fristlose Kündigung nach Hygiene-Demo – das ist gefundenes Fressen für | |
Verschwörungsgläubige. Das klingt nach Berufsverbot für | |
Systemkritiker*innen. Denn als solche verstehen sich ja nicht wenige der | |
Coronaskeptiker*innen, die ihre Zweifel an der Natur – oder gar der | |
Existenz – des Virus und den daraus abzuleitenden Konsequenzen derzeit auf | |
die Straße tragen. | |
Dafür müssen sie [1][nicht einmal selbst Nazis sein], vielen genügt das | |
Gefühl, mit diesen irgendwie mehr gemein zu haben als mit der großen | |
Mehrheit der Bevölkerung, die das „System“, also die parlamentarische | |
Demokratie, bei allen Mängeln im großen Ganzen doch ganz gut finden. | |
Und tatsächlich mag eine fristlose Kündigung auf den ersten Blick rabiat | |
wirken. Zu verstehen ist sie aus der konkreten Situation: Nirgendwo sind | |
Menschen den Gefahren der Coronapandemie [2][so wehrlos ausgeliefert wie in | |
Alten- und Pfegeheimen], nirgendwo ist deshalb die Verantwortung für ihren | |
Schutz größer. Das belegen die [3][ganz nüchternen Sterbezahlen]. Daran | |
werden auch die größten Verschwörungsmystiker*innen nichts drehen können, | |
höchstens achselzuckend sagen: Die wären ja eh’ bald gestorben. | |
Wenn nun eine Altenheim-Mitarbeiterin sich bei der zentralen | |
Anti-Corona-Demonstration zwischen Tausenden gedrängelt hat, die den | |
Verzicht auf Atemmasken zu ihrem zentralen Programmpunkt gemacht haben, | |
dann muss man davon ausgehen, dass sie sich dem maximalen Infektionsrisiko | |
ausgesetzt hat. | |
Sogar ohne Krankheitssymptome wäre es von der Arbeitgeberin vernünftig, | |
einen Coronatest zu verlangen, bevor die Mitarbeiterin wieder den | |
Hochsicherheitstrakt Altenheim betritt. Nachdem die Mitarbeiterin krank | |
geworden ist, wäre es geradezu fahrlässig, darauf zu verzichten – und | |
gegebenenfalls sogar justiziabel, falls es in der Folge zu einem | |
Corona-Ausbruch in der Einrichtung käme. | |
Schließlich ist ein Coronatest ein sehr milder Eingriff, anders als eine | |
Röntgenaufnahme keine Körperverletzung und anders als ein Aids-Test nicht | |
mit potenziell stigmatisierenden Folgen behaftet. Wer nicht duldet, dass | |
ihm ein Tröpfchen Spucke entnommen wird, muss schon arg ideologisch | |
verbohrt sein – und wäre damit in der gegenwärtigen Lage auch dauerhaft ein | |
erhebliches Sicherheitsrisiko. | |
4 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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