# taz.de -- Kreuzberg sperrt Straße für Autos: Spuren, sonst Poller | |
> Weil Pkw-FahrerInnen die neue Fahrradstraße ignorieren, hat das | |
> Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg die Körtestraße kurzerhand in der | |
> Mitte gesperrt. | |
Bild: Kein Platz für ungeduldige Bleifüße (Symbolbild) | |
So langsam werden einem die verkehrspolitischen Aktivitäten in | |
Friedrichshain-Kreuzberg fast unheimlich. Da fordern | |
MobilitätsaktivistInnen seit Langem die Einrichtung sogenannter Kiezblöcke, | |
um Durchgangsverkehr in Wohnvierteln zu unterbinden – und der grün regierte | |
Bezirk macht das jetzt einfach? Also nicht im Sinne einer breiten, | |
langwierig erörterten Strategie, sondern mal eben so über Nacht? Kaum zu | |
glauben. | |
Konkret hat es sich so zugetragen: Im Juli machte das Straßen- und | |
Grünflächenamt die Körtestraße, Verbindung zwischen Südstern und | |
Urbanstraße, zur Fahrradstraße. Schilder an den Zufahrten machten klar: Mit | |
Pkw dürfen hier nur noch AnliegerInnen rein. Freilich ein dehnbarer | |
Begriff, und tatsächlich wurde das Hin- und Hergebrumm nicht merklich | |
weniger – und die Tempo-30-Disziplin nicht besser. | |
Als vor zehn Tagen ein Raser um ein Haar eine Mutter mit Kind ummähte, war | |
das offenbar der sprichwörtliche Tropfen zu viel im Fass. Am Montag ließ | |
das Bezirksamt an der Ecke Freiligrathstraße zwei Baumkübel in der | |
Straßenmitte aufstellen, daneben amtliche Schilder mit klarer Botschaft: | |
Durchfahrt für Motorisierte verboten. | |
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne), für Verkehrsangelegenheiten | |
zuständig, erklärte: „Es ist nicht zu akzeptieren, dass die Unvernunft | |
einiger Pkw-Fahrender die Straßennutzung für alle zum tödlichen Risiko | |
macht.“ Die Zahlen getöteter RadfahrerInnen und FußgängerInnen zeigten, wie | |
dringend gehandelt werden müsse. Da ein Bezirk keine Verkehrsdelikte ahnden | |
könne, müsse man die Sicherheit mit baulichen Mitteln erhöhen. „Das tun wir | |
mit der nötigen Entschiedenheit.“ | |
## Noch ist genug Platz für Autos | |
Am Dienstagvormittag verankerten Arbeiter gerade Stahlbügel im | |
Straßenbelag. Die sollen allerdings nur die Bäumchen schützen – bis auf | |
Weiteres bleibt links und rechts genügend Platz für ein Auto. Und den | |
nehmen sich weiterhin so einige. Die Polizei wisse Bescheid, sagt ein | |
Sprecher des Bezirksamts, man könne davon ausgehen, dass sie ein Auge | |
darauf haben werde. | |
Bringe alles nichts, verspricht Herrmann, auch den letzten Schritt zu | |
gehen: Dann würden Poller aufgebaut. Für Rettungsfahrten und Co. ließen | |
diese sich versenken oder umklappen, im Übrigen wäre die Durchfahrt für | |
Autos physisch unmöglich. | |
Einen Pferdefuß hat das Ganze: Dieser „Modalfilter“ – also eine Sperre, … | |
nur Fahrräder durchlässt – führt nicht diagonal über eine Kreuzung, sonde… | |
schafft zum Südstern hin eine Sackgasse. Die Konsequenz: mehr nerviger | |
Parksuchverkehr. Denn AnliegerInnen, die auf diesem Abschnitt nicht fündig | |
werden, müssen wenden und zurückfahren, Stau und Gehupe sind programmiert. | |
Dennoch: Ein erster Schritt hin zu Verkehrsberuhigung und Sicherheit ist | |
getan. Und, wow, war das simpel! | |
25 Aug 2020 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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