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# taz.de -- Ferienwohnungen in Schleswig-Holstein: Sylter Verhältnisse in Scha…
> Scharbeutz will die Zahl der Ferienwohnungen begrenzen. Einheimische
> würden verdrängt. In zehn Jahren hat sich die Wohnungszahl verdoppelt.
Bild: Tür zum Tourismus-Boom: Immer mehr Ferienwohnungen entstehen
Hamburg taz | Kampf den Fewos: An den schleswig-holsteinischen Küstenorten
wächst der Unmut über die steigende Zahl an Ferienwohnungen. Scharbeutz und
weitere Kommunen an der Ostsee wollen künftig keine weiteren
Ferienwohnungen mehr erlauben. „Wir wollen keine Sylter Verhältnisse“, sagt
Scharbeutz’ parteilose Bürgermeisterin Bettina Schäfer. Der Mieterbund
begrüßt das, sieht aber die Landesregierung dennoch in der Pflicht, mit
einem Zweckentfremdungsgesetz normale Mietwohnungen zu erhalten.
Von den rund 7.700 Wohnungen in Scharbeutz sind mittlerweile knapp 5.000
Wohnungen für Tourist*innen vorgesehen. „Das hat sich in den letzten zehn
Jahren in etwa verdoppelt“, sagt Schäfer. Einerseits hat es einen
gewaltigen Bauboom an der Küste gegeben, andererseits wurden viele
Wohnungen zu Ferienwohnungen umgewandelt. „[1][Nun ist langsam der Punkt
gekommen, an dem es reicht]“, sagt Schäfer.
Denn ähnlich wie in den städtischen Ballungsgebieten sei auch in den
beliebten Küstenorten der Wohnraum so knapp geworden, dass einheimische
Mieter Probleme haben. Auch Angestellte in den Tourismus-Unternehmen hätten
es immer schwerer, eine Wohnung zu bekommen, so Schäfer – ähnlich wie auf
Sylt, wo Beschäftigte zum Teil täglich vom Festland pendeln müssen, weil
sie sich die Mieten nicht mehr leisten können.
Die Politiker*innen der Ostsee-Kommunen wollen künftig über den
städtischen Bebauungsplan dafür sorgen, dass in reinen Wohngebieten keine
Ferienwohnungen mehr entstehen können. Dadurch soll die Lebensqualität der
Einwohner*innen gestärkt werden. „Die Einheimischen macht es auch nicht
glücklich, wenn in der ganzen Nachbarschaft außerhalb der Ferienzeiten die
Rollläden runtergeklappt sind“, sagt Schäfer.
## Langjährige Mieter*innen werden verdrängt
Die Mieterbund begrüßt die kommunale Entscheidung zur Begrenzung der
Ferienwohnungen. „Wir sind froh, dass Kommunen und die Einheimischen
mittlerweile merken, dass die Entwicklung ausgeufert ist“, sagt Thomas
Klempau, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes in Lübeck.
Er kennt viele Fälle von einheimischen Mieter*innen, die durch die
steigende Zahl von Ferienwohnungen verdrängt wurden. „Für die langjährigen
Mieter ist es mittlerweile schwierig, an Orten mit lukrativem Wohnraum und
hoher Nachfrage zu wohnen“, sagt Klempau.
Das führt nicht nur zu steigenden Mietpreisen: „Wir hören erstaunlich viele
Fälle, in denen Vermieter einen Eigenbedarf ankündigen“, sagt Klempau.
Dadurch würden Vermieter*innen versuchen, die bisherigen festen
Mieter*innen loszuwerden, um den Wohnraum künftig lukrativer an
Tourist*innen zu vermieten. [2][Das ist zwar nicht legal, aber bringt
Mieter*innen immer mehr in Bedrängnis.]
Auch in anderen Ostsee-Kommunen, etwa in Travemünde oder Sierksdorf, gab es
in den vergangenen zehn bis 15 Jahren einen massiven Anstieg der Zahl der
Ferienwohnungen. Und auch dort versuchen die Lokalpolitiker*innen
gegenzusteuern. In Lübeck wurde sogar in Teilen der Altstadt die Umwandlung
von Gebäuden zu Ferienhäusern untersagt.
## Landespolitik hält sich raus
Mit Husum hat an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste bereits vor
Kurzem eine erste Kommune zu reagieren begonnen: Der Stadtrat beschloss
Ende vorigen Jahres, dass Neubauten und bestehende Gebäude nur noch mit
städtischer Genehmigung zu touristischen Übernachtungsmöglichkeiten gebaut
oder umgewandelt werden dürfen.
„Wir haben endlich ein Instrument, um gegen die nicht genehmigten
Nutzungsänderungen zukünftig auch aktiv vorzugehen“, begründete die Stadt
die Einführung dieser „Erhaltungssatzung“.
Ein weiteres Instrument für Kommunen, um die Umwidmung von Wohnungen in
Ferienwohnungen zu verhindern, ist eine Veränderungssperre. Diese ist
allerdings, sofern genutzt, Teil eines Bebauungsplans und müsste
entsprechend immer wieder neu verordnet werden. Das ist kompliziert. Zudem
gibt es in Fällen, in denen eine Kommune die Umwidmung auf dieser Grundlage
untersagt, immer wieder Rechtsstreitigkeiten.
Aus Sicht des Mieterbundes wäre es geboten, dass auch im nördlichsten
Bundesland endlich eine Zweckentfremdungsverordnung eingeführt wird. Damit
würde allen Kommunen ein wirksames Instrument gegen unlautere Umnutzung von
Dauerwohnraum an die Hand gegeben werden.
## Gemeinden sollen selbst entscheiden
„Dann müssten Kommunen nicht erst die Bebauungspläne ändern, sondern
könnten touristische Vermietung sofort und mit der Drohung eines Bußgelds
untersagen“, sagt Klempau. [3][In Hamburg, Bremen und Niedersachsen gibt es
bereits eine solche Verordnung.]
Dies beträfe dann vor allem das immer größer werdende Angebot auf
Plattformen wie Airbnb. „Anfangs vor allem in Großstädten ein Problem, ist
Airbnb mittlerweile auch hier angekommen“, sagt Klempau. Angeboten werden
dort Privatwohnungen, besonders von Menschen, die in den Küstenorten eine
Zweitwohnung besitzen und nur Teile des Jahres dort verbringen.
Doch in der Landespolitik gibt es dafür kaum Bestrebungen. Zuletzt hatte
2018 der Südschleswigsche Wählerverband einen Entwurf zu einem
Wohnraumschutzgesetz ins Landesparlament gebracht – ohne Erfolg. Selbst die
SPD als größte Oppositionspartei im Norden zeigt wenig Interesse.
„Es ist am sinnvollsten, wenn Gemeinden selber entscheiden, wie viele
Ferienwohnungen sie zulassen möchten und welche Gemeindebereiche dem
Dauerwohnen vorbehalten werden sollen“, sagt die tourismuspolitische
Sprecherin der SPD-Fraktion, Regina Poersch.
24 Aug 2020
## LINKS
[1] /Tourismus-im-Norden-laeuft-wieder-an/!5682327&s=tourismus+schleswig+%C…
[2] /Urteil-zum-Mieterschutz/!5594172&s=eigenbedarf+mieter/
[3] /Hamburg-plant-Gesetz-gegen-Airbnb/!5517068&s=wohnraumschutz+schleswig+…
## AUTOREN
André Zuschlag
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Tourismus
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