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# taz.de -- Streit um Parkgebühren: Ein Senator parkt in der Ausfahrt
> Die Senatsverwaltung für Verkehr will das Parken ein bisschen verteuern.
> Doch der Innensenator blockiert das: Er will Schichtarbeitende schützen.
Bild: Mehr Platz soll entstehen, wenn die Parkgebühren ein wenig steigen
Parkraumbewirtschaftung ist ein sperriges Wort, und auch die Sache selbst
ist komplexer, als mancheR meint. Eigentlich geht’s ja nur darum, dass
Parken etwas kostet. Bloß: Wie viel genau und vor allem wen?
In den vergangenen Tagen ist ein senats- bzw. koalitionsinterner Konflikt
hochgekocht, der zeigt, dass es mit einem „Haste mal ’n Euro“ am
Straßenrand nicht getan ist. Innensenator Andreas Geisel (SPD) weigert
sich, das Plazet zu einem Vorhaben seiner für Umwelt und Verkehr
zuständigen grünen Kollegin Regine Günther zu geben („die Vorlage
gegenzeichnen“ hieße das im Politjargon). Dabei geht es um eine Erhöhung
der Parkgebühren um je einen Euro.
Im internationalen Vergleich ist Parken in Berlin herzlich billig, in
vielen Kiezen auch innerhalb des S-Bahn-Rings sogar kostenlos.
Dauerpark-Vignetten für AnwohnerInnen werden zum Preis von 10,20 Euro im
Jahr verschenkt. So langsam versucht nun die Verkehrsverwaltung, die ja
eigentlich eine Verkehrswende-Verwaltung sein will, mit diesem
Missverhältnis aufzuräumen. Statt von 1 bis 3 Euro pro Parkstunde – je nach
Zone und Uhrzeit – sollen die Preise im Rahmen einer neuen
Parkgebührenverordnung von 2 bis 4 Euro gestaffelt werden.
Klappt aber nicht, weil sich Innensenator Geisel quer stellt. Er habe
Ausnahmeregelungen für Schichtarbeitende in seinem Verantwortungsbereich
gefordert, wurde kolportiert – Polizei, Ordnungsämter, Feuerwehr, die ja
öfters mal aus dem Bett müssen, wenn Busse und Bahnen noch in den Depots
schlummern. Am Donnerstag sollte es ein Gespräch aller Beteiligten geben,
hieß es.
## „Nicht die Zeche zahlen lassen“
Fazit am Freitag: Geisels Haus verschickt eine leicht pathetische
Pressemitteilung, in der der Senator betont, es gehe ihm um die „soziale
Abfederung für Menschen, die im Schichtdienst bis nachts oder in die frühen
Morgenstunden hart arbeiten müssen“, und „keineswegs nur um Ausnahmen für
verbeamtete Polizisten und Feuerwehrleute, wie die Verkehrsverwaltung
suggeriert“. Achtung, textliche Klimax: „Wir können nicht mit grünem
Gewissen auf den Balkonen stehen, den Menschen für ihren Corona-Einsatz
applaudieren und sie am Ende dann die Zeche zahlen lassen.“
Die Verkehrsverwaltung kontert: „Eine Ausnahme von Berufsgruppen ist aus
rechtlichen Gründen nicht in der Parkgebührenordnung zu regeln. Über die
seit vielen Jahren bestehende Option auf Erteilung von
Ausnahmegenehmigungen für Schichtdienstler entscheiden die Bezirksämter.“
Schaut man noch genauer hin, wird es noch komplizierter. So hatte die
Gewerkschaft der Polizei (GdP) in diesem Zusammenhang moniert, dass die
Bezirke zwar Ausnahmevignetten für Schichtdienstleistende ausgeben könnten,
dies aber ausgerechnet in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg nicht
geschehe.
Stimmt gar nicht, sagt Sara Lühmann, Berzirksamtssprecherin im Grün
regierten X'hain. Es würden einfach nur „strenge Kriterien“ angelegt. Die
besagen, dass es eine Vignette gibt, wenn der Dienstbeginn regelmäßig
„deutlich vor sechs Uhr“ liegt oder das Dienstende deutlich nach 24 Uhr –
und der Arbeitsplatz mehr als 400 Meter entfernt von der nächsten nicht
bewirtschafteten Parzkzone liegt.
Die Gespräche gingen weiter, heißt es aus Günthers Verwaltung. Mal sehen,
wie lange der Innensenator noch die Ausfahrt blockiert.
21 Aug 2020
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Andreas Geisel
Parkraumbewirtschaftung
Regine Günther
Verkehrswende
Verkehrswende
Verkehrspolitik
Changing Cities
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