Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Langjähriges KP-Mitglied verlässt China: Insiderin gegen „Mafia…
> Die Professorin Cai Xia ist aus der KP Chinas ausgeschlossen worden. Sie
> hatte offen Partei- und Staatschef Xi Jinping angeprangert.
Bild: Verliert mit dem Parteiausschluss auch Anspruch auf ihre Pension: Ex-Prof…
Peking taz | Im Gegensatz zur weitläufigen Annahme halten die meisten
Chinesen mit ihrer Kritik oft nicht hinterm Berg: etwa wenn es um korrupte
Parteikader geht, inkompetente Bürokraten oder ungerechte Gesetze. Doch
gibt es Themen, die werden nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert. So
bespricht man die Legitimität der Parteiführung nicht einmal in den eigenen
vier Wänden.
Umso schwerwiegender wiegt eine vor Kurzem geleakte Audioaufnahme: „Dieses
System muss grundsätzlich abgeworfen werden“, sagt eine Frauenstimme in
einem Vortrag. Die Rednerin bezeichnet Chinas Kommunistische Partei als
„politischen Zombie“, Präsident Xi Jinping als „Mafiaboss“ und seine
Re-Ideologisierung des Alltagslebens „grotesk“. Mehr noch: Der Ständige
Ausschuss des Zentralkomitees solle den Partei- und Staatschef endlich
stürzen.
Hinter der Wutrede steht eine Grande Dame der Kommunisten. Die 67-jährige
Cai Xia ist mehrere Dekaden Parteimitglied, in ihrer aktiven Berufslaufbahn
unterrichtete sie Kader an der renommierten Zentralen Parteihochschule. Ihr
Familienhintergrund ist rot wie Chinas Flagge: Cais Großvater gehörte zu
den revolutionären Militärs um Chinas Übervater Mao Tse-tung.
Wie die Audioaufnahme öffentlich wurde, ist unklar. Fest steht: Cai wurde
am Montag aus der Partei ausgeschlossen, ihre Pensionsansprüche wurden
gelöscht. Begründet wurde dies damit, dass ihre „politisch
hochproblematischen“ Äußerungen „dem Ruf des Landes geschadet haben“.
## „Nun habe ich meine Freiheit zurück“
„Zumindest habe ich nun meine Freiheit zurück“, sagte die Geschasste am
Dienstag der New York Times. Mittlerweile hat sie sich in die USA
abgesetzt. Ihre Aussagen sind vor allem deshalb so heikel, weil sie
Einblicke in das Innenleben der chinesischen KP geben – von einer
Insiderin, die an das System geglaubt hat.
In einem tränenreichen Interview spricht sie über ihre Enttäuschung. Dass
all die Jahre unter Xi niemand in der Partei das Wort gegen ihn erhoben
habe – trotz aller Übel –, zeige die großen Probleme des Systems. Xi wür…
das Land an den Rand einer Krise bringen, indem er es außenpolitisch immer
weiter isoliere und im Inneren jede Hoffnung auf Öffnung zerstöre.
Schon in den letzten Jahren prangerte Cai Ungerechtigkeiten an: Als 2016
etwa ein Umweltschützer in Polizeigewahrsam starb, doch keiner der Beamten
zur Rechenschaft gezogen wurde, stellte sie auch das System infrage. Damals
wurde sie noch toleriert.
Hinter vorgehaltener Hand kann man in China immer mal wieder Frust
gegenüber Xi vernehmen. Wenn bei informellen Gesprächen die Zunge nach ein
paar Bier lockerer sitzt, wird der Partei- und Staatschef schon mal dafür
verantwortlich gemacht, [1][den Konflikt mit den USA vom Zaun gebrochen zu
haben.]
## 93 Millionen KP-Mitglieder
Chinesische Unternehmer bemängeln zudem, dass Xi wieder auf aufgeblähte
Staatsunternehmen setzt, statt Reformen voranzutreiben. Die Millennials in
den Städten sind zudem gefrustet über die immer größeren Einschränkungen
der eigenen Freiheit.
Dass die Partei keine grundsätzliche Kritik zulässt, hat mit ihrem
Selbstverständnis zu tun. Davon konnten sich die Leser der staatlichen
Renmin Ribao (Volkszeitung) am Montag überzeugen: „Die Partei und das Volk
sind von Natur aus ein und dasselbe“, schreibt Li Yang, Generalkonsul in
Rio de Janeiro. Er vergleicht die 1,4 Milliarden Chinesen mit einem
menschlichen Körper – und sieht die Partei als Gehirn und Seele: Volk und
Partei „können nicht voneinander getrennt werden!“.
93 Millionen Chinesen gehören heute der Partei an, viele aus Überzeugung,
doch ebenso viele aus Opportunismus, weil sie sich davon Karrierechancen
erhoffen.
Seit Xis Amtsantritt 2012 hat die Bedeutung der Partei wieder zugenommen:
Auch in ausländischen Firmen werden Parteizellen etabliert und wöchentliche
Ideologietreffen ernster genommen. Oft werden dabei Xis Reden studiert.
19 Aug 2020
## LINKS
[1] /Konflikt-um-Schliessung-von-Konsulaten/!5700649
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
KP China
Xi Jinping
Parteiausschluss
China
China
China
China
## ARTIKEL ZUM THEMA
Meinungsfreiheit in China: Der Widersacher
Er galt als einer der schärfsten und letzten Regierungskritiker Chinas. Nun
muss der Milliardär Ren Ziqiang für seine Kritik büßen.
Urlaubsort für Chinas Parteikader: Beobachtung aus dem Busch
Beidaihe ist ein verschlafener Küstenort in China. Im Sommer jedoch fährt
hier der Polizeistaat auf – wenn die Parteikader zum Urlaub eintreffen.
Opposition in China: Professor wieder auf freiem Fuß
Xu Zhangrun hatte als einer der wenigen Akademiker die Regierung Chinas
mehrfach kritisiert. Dafür wurde er festgenommen. Nun durfte er nach Hause.
Festnahme von Oppositionellen in China: Noch ein Kritiker weniger
Der Pekinger Juraprofessor Xu Zhangrun galt als einer der schärfsten
Kritiker der chinesischen Führung. Nun wurde er festgenommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.