# taz.de -- Christopher Street Day in Bremen: Analog für gleiche Rechte | |
> Am Wochenende soll der Bremer CSD stattfinden – mit Abstand, Maske, ohne | |
> Musik. Jetzt stört sich das Ordnungsamt an einer Regenbogenfahne aus | |
> Kreide. | |
Bild: Corona beeinflusst die Perspektive auf den CSD | |
Bremen taz | Am kommenden Wochenende findet in Bremen der Christopher | |
Street Day, kurz CSD, statt. [1][So richtig analog], mit Kundgebung und | |
Demo am Freitag und Samstag – ungewöhnlich in Zeiten der Coronapandemie. | |
Anfang August war der Hamburger CSD durch eine Fahrraddemo ersetzt worden – | |
über 2.000 Menschen radelten; die Polizei hatte dort bis zu 3.000 erlaubt. | |
Vielerorts fiel die Parade aus oder wurde, wie in Hannover und Berlin, ins | |
Netz verlegt. | |
Für die Einhaltung der Hygienevorschriften ist der Aktionstag für die | |
Rechte von Schwulen und Lesben, Trans*-, Inter*- und Bisexuellen auf zwei | |
Tage aufgeteilt: Freitag findet die Kundgebung statt; auf den Bahnhofsplatz | |
sollte dabei eigentlich eine große Regenbogenflagge gemalt werden. | |
Nun scheint das Ordnungsamt den Veranstalter*innen einen Strich durch die | |
Rechnung zu machen: Die Kreide für die Fahne solle am nächsten Arbeitstag | |
wieder entfernt werden, hat es per Mail vergangene Woche mitgeteilt. Dabei | |
sei der Regenbogen das Symbol der Botschaft, sagt Robert Dadanski, Vorstand | |
des [2][Bremer CSD-Vereins]. Zudem würde die Kreide mit der Zeit von selbst | |
verschwinden. | |
Auch angeforderte Baken zur Absperrung, damit Passant*innen sich nicht | |
durch die Menge drängeln, stellt die Stadt nicht zur Verfügung. „Damit ist | |
die Sicherheit der Kundgebung gefährdet“, so Dadanski. Was am Freitag nun | |
passiert, ist für ihn noch unklar. | |
Das Ordnungsamt kläre aktuell noch Details mit der Polizei, sagt eine | |
Sprecherin, und könne am heutigen Mittwoch eine nähere Auskunft geben. | |
Man habe sich im Vorhinein schon gut überlegt, ob der CSD stattfinden kann, | |
sagt der Organisator. „Aber wir haben daran gezweifelt, dass wir online | |
dieselbe Aufmerksamkeit für die Community kriegen.“ Kein CSD war also keine | |
Option. | |
Zumal aktuelle Ereignisse die Notwendigkeit der Demo unterstreichen: Seit | |
der [3][Strafanzeige gegen den evangelikalen Prediger Olaf Latzel], gegen | |
den die Staatsanwaltschaft Anklage wegen des Verdachts auf Volksverhetzung | |
erhoben hat, erhalte der Verein selbst Hassmails. Zuletzt erklärten sich | |
polnische Gemeinden zur LGBT-freien Zonen. „Diese Beispiele zeigen: Wir | |
müssen auf die Straße gehen.“ | |
[4][Unter besonderen Bedingungen allerdings:] Abstand halten, 1,5 Meter, | |
ist angesagt. Und es herrscht Maskenpflicht, daneben ein Musik- und | |
Alkoholverbot, auch LKWs fehlen bei der diesjährigen Demo. Das seien | |
strengere Auflagen, als die Behörden fordern, so Dadanski. | |
Aber was bleibt dann noch von der typischerweise lauten Stimmung mit den | |
dichtgedrängten Massen? „Der CSD bleibt“, sagt Dadanski. „Wir sind eine | |
sehr mit Inhalten gefüllte Demo, LKWs und Musik sind sonst nur ein Mittel | |
für mehr Sichtbarkeit.“ Wer sich mit den Inhalten auseinandersetze, werde | |
merken: „Das hat nicht viel mit Party zu tun.“ | |
Am Samstag findet die Demo statt; Start ist am Altenwall. Der Demozug soll | |
dann im Laufen aufgelöst werden. Für die Einhaltung der Regeln sorgen | |
Ordner*innen mit Megafonen. Und bereits am Sonntag wurden entlang der Route | |
77 Plakate verteilt, auf denen Menschen – mit drei Hautfarben und drei | |
Geschlechtern – maskentragend an die Regeln erinnern. | |
## Verantwortung liegt vor allem bei Teilnehmenden | |
Auch die Partys, die sonst oft nach der Demo stattfinden, werden von den | |
Veranstalter*innen ausgespart. Man könne den Menschen zwar nicht sagen, so | |
Dadanski, was sie nach der Demo tun sollen. „Aber wir bitten alle | |
Teilnehmenden, verantwortungsvoll mit unserem Grundrecht auf Demonstration | |
und unserer Gesundheit umzugehen.“ | |
Die Abgeordneten der bremischen Bürgerschaft begrüßen, dass das Event | |
stattfindet. „Das Komitee hat sich Gedanken gemacht“, erkennt Carsten | |
Meyer-Heder (CDU) an. „Ich gehe davon aus, dass die Abstände eingehalten | |
werden, und halte es für ein schönes Signal für Bremen, dass der CSD auch | |
unter Coronabedingungen stattfinden kann.“ | |
Das findet auch Kai Wargalla. Dass Bremen während der Pandemie im Gegensatz | |
zu anderen Ländern von Beginn an Demos unter Auflagen weiter ermöglicht | |
hatte, sagte der queerpolitischen Sprecherin der Grünenfraktion von | |
vornherein zu. | |
„Das Thema ist absolut wichtig“, so auch Antje Grotheer, queerpolitische | |
Sprecherin der SPD. Deswegen hat ihre Fraktion auch am Dienstag eine | |
[5][Frage an den Senat] eingereicht zur Unterdrückung der LGBTQ-Community | |
in den Ländern, mit denen Bremen Städtepartnerschaften hat. Die SPD will | |
wissen, wie der Senat auf staatliche Menschenrechtsverletzungen reagiert | |
und wie er verfahren würde, „falls die Partnerstädte sich zu | |
‚LGBTQ-Ideologie-freien Zonen‘ erklären würden, wie zurzeit einige Städte | |
und Gemeinden in Polen“. | |
19 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.csd-bremen.org/2020/pressemitteilung-34/ | |
[2] https://www.csd-bremen.org/ueber-uns/ | |
[3] /Strafantrag-gegen-evangelikalen-Pastor/!5679902 | |
[4] https://www.csd-bremen.org/2020/teilnahmebedingungen-veroeffentlicht/ | |
[5] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2020-08-18_Frage%2012%20Land… | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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