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# taz.de -- Namen von Genen an Excel angepasst: Tag der Abrechnung
> Forscher*innen scheitern seit Jahren daran, die Namen von Gensequenzen
> bei Excel einzutragen. Das Programm formatiert sie in Kalenderdaten um.
Bild: Eine DNA ist irgendwie auch ein Kunstwerk
Das Streben der Maschine, sich vom Dasein als bloßem Werkzeug zu
emanzipieren und ihre Schöpfer*innen, die Menschen, zu unterwerfen, ist
ein wichtiges Sujet der Science-Fiction. Ob nun als Allegorie auf
Generationenkonflikte, ob als allgemeinverständlicher Container für
philosophische Betrachtungen oder einfach nur als Vehikel für eine
unterhaltsame Actionstory: Das Ringen der Menschen mit ihrer immer klüger
und mächtiger werdenden Schöpfung ist Stoff für unzählige Bücher und Filme.
Dabei liegt der „Tag der Abrechnung“ (so der Titel des zweiten Films der
[1][Terminator-Reihe]) vielleicht gar nicht in weiter Ferne. Liegt
möglicherweise längst hinter uns. Ganz ohne Zeitreisen, Explosionen,
dramatische Schlachten hat ein potenzieller Endgegner des Homo sapiens die
Kontrolle übernommen. Ein neuerliches Indiz dafür liefern ausgerechnet
Wissenschaftler*innen, die sich mit dem Entschlüsseln von Gensequenzen
befassen.
Einzelne Gene bekommen der Übersichtlichkeit halber systematische Namen,
die aus einer Abkürzung ihrer Funktion und einer Nummer bestehen. So wird
beispielsweise der Krebsmarker „Deleted in Esophageal Cancer 1“ von den
Forscher*innen kurz DEC1 genannt.
Bei Eintragungen in die Tabellen des Microsoft-Programms Excel ändert die
Tabellenkalkulation diesen Eintrag jedoch in ein Datumsformat: „1.
Dezember“ – was ihn gänzlich unbrauchbar macht. Dieses Problem [2][ist seit
mindestens 16 Jahren bekannt]. Alle Workarounds scheitern aber daran, dass
Excel bei jeder Kopie der Dateien erneut auf die
Standard-Datumsformatierung umschaltet.
## Und die Wissenschaft knickt ein
Eine [3][Stichprobe aus dem Jahr 2016] geht davon aus, dass bis zu einem
Fünftel aller genwissenschaftlichen Literatur wegen dieses Problems Fehler
enthält. Anstatt aber die Technik zu ändern, ist die wissenschaftliche
Community endgültig eingeknickt – und ändert die Namen der Gene. Nachdem
im Laufe des vergangenen Jahres bereits 27 Gene umbenannt worden sind,
veröffentlichte das Gene Nomenclature Committee nun Namensrichtlinien, die
unter anderem Regeln enthalten, die den Anforderungen von Excel
entsprechen.
Der Schritt wird von Wissenschaftler*innen weithin begrüßt, gefeiert
geradezu. Offensichtlich hat die Maschine gelernt, dass es zur
Unterwerfung der Menschen keines Gewaltaktes bedarf. Deren Bequemlichkeit
genügt, um selbst die klügsten Köpfe unter die Knute der Technologie zu
zwingen. Gott steh uns bei.
7 Aug 2020
## LINKS
[1] /Terminator-Dark-Fate-im-Kino/!5633198
[2] https://bmcbioinformatics.biomedcentral.com/articles/10.1186/1471-2105-5-80
[3] https://genomebiology.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13059-016-1044-7
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
Genetik
Microsoft
Naturwissenschaft
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Film
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