| # taz.de -- Schlimmer Wohnen in Bremen: Zehn Duschen für 250 Menschen | |
| > Die BewohnerInnen eines Hochhauses im Bremer Stadtteil Tenever haben | |
| > schon seit einem Monat kein Gas mehr – und ein weiterer wird folgen. | |
| Bild: Hier müssen 250 Menschen duschen – wenn sie überhaupt die Treppen hoc… | |
| BREMEN taz | Heike Groth wohnt eigentlich in der Neuwieder Straße 3 in | |
| Tenever. Zurzeit allerdings lebt sie bei ihrer Tochter, denn Groth ist auf | |
| einen Rollator angewiesen, und mit dem kommt sie die Stufen zum | |
| Duschcontainer nicht rauf. Der wurde aufgestellt, weil den BewohnerInnen | |
| des Hochhauses das Gas abgestellt wurde. Die zehn Duschzellen müssen sich | |
| über 250 Menschen teilen – und das wohl noch einen ganzen Monat lang. | |
| Seit vielen Jahren schon gibt es in [1][Tenever] zwei „Problemimmobilien“: | |
| Die Neuwieder Straße 1 und 3. Anders als der größte Teil der restlichen | |
| Häuser gehören sie nicht der teilstädtischen Gewoba, sondern wechseln | |
| ständig die Besitzer, die sich – um es milde auszudrücken – wenig um das | |
| Wohlergehen der MieterInnen kümmern. | |
| „Seit zwei Jahren ist um das Haus herum ein Bauzaun angebracht, weil die | |
| Balkone bröckeln“, sagt Groth. Woanders würde renoviert – hier wird | |
| lediglich ein Schutz vor herabfallendem Putz und Beton aufgestellt. Die | |
| Tiefgarage sei vor fünf Jahren stillgelegt statt saniert worden und: „Wer | |
| hier neu einzieht, bekommt keinen Keller mehr – der vorhandene wird einfach | |
| dichtgemacht.“ | |
| Und nun hat das Haus kein warmes Wasser mehr. Am 4. Juli sprangen die | |
| Flammen eines wohl durch Brandstiftung verursachten brennenden | |
| Müllcontainers auf das Haus über, zerstörten Teile der Fassade und Fenster | |
| bis in den siebten Stock und beschädigten eine Gasleitung. Der aktuelle | |
| Eigentümer des Hauses, die ZBI Gruppe aus Erlangen, ließ aus | |
| Sicherheitsgründen die komplette Gasversorgung des Hauses kappen. | |
| „Erst drei Wochen später stellte die Hausverwaltung die Duschcontainer | |
| auf“, sagt Quartiersmanagerin Katrin Höpken. Die würden von den | |
| BewohnerInnen aber kaum genutzt: „Viele wollen wegen Corona nicht in die | |
| winzigen Zellen und viele können sie nicht benutzen, weil es | |
| vorgeschriebene Duschzeiten gibt – wer arbeiten geht, ist dann gar nicht zu | |
| Hause.“ | |
| Höpken hat am gestrigen Donnerstag gemeinsam mit dem Mütterzentrum Tenever | |
| einen Infostand an der Neuwieder Straße aufgebaut, damit die BewohnerInnen | |
| wissen, wo sie Hilfe bekommen, und damit sie sich vernetzen können. Auch | |
| Ortsamtsleiter Ulrich Schlüter (CDU) ist gekommen. Tags zuvor gab es | |
| bereits eine Bewohnerversammlung, zu der, so erzählt er, auch die | |
| Hausverwaltung eingeladen gewesen sei. „Aber die hat direkt abgesagt.“ Sie | |
| habe immerhin versprochen, die Ergebnisse „auf Machbarkeit zu prüfen.“ | |
| Was genau da geprüft werden soll, ist dem Eigentümer freilich in weiten | |
| Teilen schon lange bekannt. Neu hinzugekommen ist allerdings: „Die | |
| Feuerwehr hat nach dem Brand in den Wohnungen Asbest gemessen“, sagt | |
| Schlüter. „Ein paar Tage später hat ein Gutachter der Hausverwaltung dann | |
| behauptet, es sei nichts nachgewiesen worden – da fragt man sich doch, wo | |
| das plötzlich geblieben sein soll!“ | |
| Auch auf Anfrage der taz sagt die „Zentral Boden Vermietung und Verwaltung | |
| GmbH“ (ZBVV): „Die direkt vom Brand betroffenen Wohnungen wurden bereits | |
| überprüft, es wurden hier keine Schadstoffe festgestellt.“ Dass es nur | |
| Duschen mit Treppen gibt, begründet sie mit „der räumlichen Situation“, | |
| aufgrund derer „eine Aufstellung barrierefreier Duscheinrichtungen nicht | |
| umsetzbar“ gewesen sei. Weitere Nachfragen dazu ließ die ZBVV | |
| unbeantwortet. | |
| In Tenever soll nun eine Arbeitsgruppe entstehen: „Mit dem | |
| Quartiersmanagement, dem Bauamt und dem Beirat wollen wir aufgrund der | |
| akuten Situation einen Maßnahmenkatalog zusammenstellen“, sagt Schlüter. Er | |
| wünsche sich aber auch einen Plan für die Zukunft, „damit man beim nächsten | |
| Mal besser gewappnet ist.“ | |
| Heike Groth indes wünscht sich, dass die Gewoba die zwei | |
| „Problemimmobilien“ in der Neuwieder Straße übernimmt. Das aber wird wohl | |
| vorerst Wunschdenken bleiben: „Dazu gehört ein Verkäufer – niemand will | |
| hier verkaufen“, sagt Manfred Corbach von der Gewoba. Hinzu kommt: „Wir | |
| haben in Tenever keinen Handlungsbedarf, wir haben dort ausreichend | |
| Wohnungen“, so Corbach. Er könne den MieterInnen nur raten, massiv die | |
| Miete zu kürzen. | |
| Zumindest für den aktuellen Fall wird das nichts mehr nützen: Erst am 17. | |
| August soll mit der Reparatur der Gasleitungen begonnen werden. Diese | |
| Arbeiten sollen voraussichtlich zwei Wochen lang dauern. Das bedeutet: kein | |
| warmes Wasser bis September. | |
| 7 Aug 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Wohnen-in-Bremen/!5087876/ | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schnase | |
| Alina Götz | |
| ## TAGS | |
| Immobilien Bremen | |
| Bremen | |
| Tenever | |
| Investoren | |
| Hochhaus | |
| Wohnungspolitik | |
| Wohnungsleerstand | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Wohnungspolitik in Bremen: Immer weniger günstige Wohnungen | |
| Die Wohnungsbaugesellschaft Gewoba hat ihren Bestand seit zehn Jahren kaum | |
| verändert. Eine Folge davon: Das Angebot im Niedrigpreissegment schmilzt | |
| dahin. | |
| Gewoba-Vorstand über Wohnungsbau: „Ein erheblicher Wandel“ | |
| Der Vorstandsvorsitzende von Bremens kommunaler Wohnungsbaugesellschaft | |
| Gewoba, Peter Stubbe, über Wohnungsnot, soziale Segregation und | |
| Hausbesetzungen. | |
| Wohnen in Bremen: Der Wandel eines Ghettos | |
| Osterholz-Tenever genießt bis heute keinen guten Ruf. Dabei hat sich das | |
| Quartier durch Sanierung und Abriss zu einem (fast) normalen Wohngebiet | |
| gemausert. |