Introduction
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# taz.de -- Onlinewettbewerb des Goethe-Instituts: Sie sprechen Deutsch
> Sechs Teilnehmende der Internationalen Deutscholympiade des
> Goethe-Instituts stellen sich vor. In Steckbriefen geht es um
> Lieblingswörter und Wünsche.
Bild: Ein Lieblingswort eines Teilnehmers: „Atemberaubend“. Vielleicht ein …
Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg zum Propheten kommen.“
Das Bild ist ein bisschen schief, drückt aber die Situation ganz gut aus.
Eigentlich ist die Internationale Deutscholympiade – IDO, die das
Goethe-Institut alle zwei Jahre ausrichtet, die Gelegenheit für etwa 150
Jugendliche aus aller Welt, ihre Kenntnisse der deutschen Sprache
auszuprobieren und gemeinsam in einer Mischung aus Spaß und Wettbewerb eine
deutsche Stadt zu erkunden.
Dieses Jahr hätte es Dresden sein sollen (nach Berlin 2016 und Freiburg
2018). Weil die Jugendlichen coronabedingt nun nicht nach Deutschland
kommen können, kommt die IDO eben zu ihnen – virtuell selbstverständlich.
Um im Gegenzug die Welt der Jugendlichen, ihre Ideen zur Sprache, ihre
Wünsche und Träume – und nicht zuletzt ihre Deutschkenntnisse – in
Deutschland vorzustellen, finden sich hier sechs selbst verfasste
Steckbriefe aus fünf Kontinenten. Die Einsendungen sind gekürzt,
stilistische Eigenheiten wurden aber bewusst nicht geglättet. In Zeiten von
KI-Übersetzungen ist es umso erfreulicher, wenn sich Menschen auf eine
Sprache wirklich einlassen. Warum das Sinn macht, können die Jugendlichen
selbst am besten ausdrücken.
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## Hannah Gilan, 16 Jahre, Slowakei
Ich lerne Deutsch, weil ich eine Liebhaberin der deutschen Literatur bin,
vor allem der Poesie. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Erich Kästner,
Friedrich Schiller und Michael Ende.
Deine Lieblingsworte?
Mein Lieblingswort auf Deutsch ist das wohl eher ungewöhnliche Wort
Eierschalensollbruchstellenverursacher. Obwohl es sich sehr kompliziert
anhört, kann man aus diesem langen Wort schon entziffern, was es ist. Ein
Verursacher von Sollbruchstellen auf Eierschalen.
Wann macht dir das Sprachenlernen besonders viel Spaß?
Sprachen lernen macht besonders viel Spaß, wenn man einen Bezug und gute
Gründe dafür hat: Ich mag beispielsweise italienisches Essen – daher
interessiert mich Italienisch; ich habe eine neue Band entdeckt, die auf
Russisch singt, also habe ich angefangen, Russisch zu lernen; ab und zu
fahren wir nach Ungarn und mein Vater spricht auch Ungarisch – also wollte
ich auch ein bisschen Ungarisch lernen …
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Wenn ich an meine Zukunft denke, habe ich ein klares Bild vor Augen. Nach
dem Studium in Berlin leben, hier und da eine Schauspielrolle bekommen,
jemanden kennenlernen, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen kann,
zusammen an die Ostsee ziehen, ein Haus mit einer Ferienwohnung zum
Vermieten kaufen, ein paar Kinder bekommen und das Leben genießen. Meine
viel zu genaue Vorstellung mag sehr romantisch sein, aber Träumen ist doch
nicht verboten, oder?
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## Eban Ebssa, 16 Jahre, USA
Ich lerne Deutsch, weil ich die Sprache liebe! Deutsch hat coole Laute und
Wörter, die ich in meiner Muttersprache Englisch benutzen möchte. Außerdem
würde ich gern in Deutschland ein Auslandsstudium für Informatik machen.
Deine Lieblingsworte?
Mein Lieblingswort auf Deutsch ist Handschuh, weil es eine praktische
Bedeutung hat. Erst durch die deutsche Sprache wurde mir klar, dass ein
Handschuh wirklich ein Schuh für die Hand ist! In meiner Muttersprache ist
mein Lieblingswort aurora. Es bedeutet auf Deutsch „Polarlicht“, und ich
mag es am liebsten, weil es sowohl ein schöner Name als auch ein schöner
Naturblick ist.
Was interessiert dich an Sprache?
Sprachenlernen ist für mich wie Computerprogrammierung. In der
Computerprogrammierung muss man erst die Grundfunktionen und
-datenstrukturen verstehen, dann ist fast alles möglich! Der
Fremdsprachlernprozess ist ähnlich. Wenn man die Vokabeln und die
Satzstruktur versteht, kann man fast alle schönen Sätze und Geschichten
bilden!
Wenn Deutschland ein Wort wäre, welches wäre es?
Wenn diese Frage gestellt wird, denken viele an deutsche Geschichte und
würden Hitler oder Berliner Mauer sagen. Andere würden Wurst, Bier, Fußball
oder Autos sagen. Aber für mich wäre Deutschland Verbindungen. Ich bin so
überrascht, wie Deutschland seine Sprache auf der Welt verbreitet. Ich
kenne keine Internationale Spanische Olympiade oder Internationale
Chinesische Olympiade, die so groß und erreichbar sind wie die IDO.
Fertig! Entschuldige, wenn meine Antworten zu lang sind. Ich habe diese
Fragen wirklich toll gefunden und wollte viel schreiben. Vielen Dank!
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## Abraham Emilio López Contreras, 17 Jahre, Mexiko
Ich lerne Deutsch, weil es mir immer gefallen hat: wie es klingt und wie es
aussieht. Als ich mit Deutsch angefangen habe, wollte ich verstehen, was
verschiedene Filme, Serien, Musik und Bücher sagten. Ich hatte begonnen,
die deutsche Kultur zu untersuchen, und fand es superschön.
Deine Lieblingsworte?
Mein Lieblingswort auf Deutsch ist wahrnehmen, weil die Idee, dass es bei
unserer Erfahrung im Leben völlig darauf ankommt, wie wir es „nehmen“,
wunderbar ist. Wir alle nehmen verschiedene Dinge unterschiedlich wahr, und
das bedeutet nicht, dass jemand Unrecht hat. In meiner Muttersprache ist
mein Lieblingswort superfluo. Es bedeutet auf Deutsch überflüssig, und ich
mag es am liebsten, weil: wenn man daran denkt, ist alles ganz überflüssig.
Wir wissen das schon, aber wir gehen noch weiter und versuchen so viel wie
möglich aus unserem Leben zu machen
Was möchtest du werden?
Ich bin noch nicht sicher, aber egal, welchen Abschluss ich mache, wo ich
wohne oder was meine Freuden sind, will ich natürlich Leuten helfen. Die
Welt ist ein ganzes Chaos, und als die junge Generation müssen wir dieses
Chaos verantworten. Keine Generation hatte ein einfaches Leben: Kriege,
Hunger, Armut … Wir sind keine Ausnahme.
Was interessiert dich an Sprache?
Verschiedene Länder haben natürlich verschiedene Geschichten. Obwohl die
Leute es nicht bemerkt haben, nimmt jede Sprache einen großen Teil des
Wesens des Landes auf sich, und wenn man eine Sprache lernt, kann man der
Kultur ein bisschen näherkommen. Sprachen sind ignorierte, aber offene
Fenster, die man oft als selbstverständlich ansieht, die aber viel über
unsere Vergangenheit erklären und darüber, wer wir sind.
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## Samantha Romija, 17 Jahre, Neuseeland
An Deutschland mag ich besonders das Sprudelwasser! Ich habe zunächst
gedacht, dass es mir nicht gefallen würde, aber als ich in Deutschland war,
bin ich richtig süchtig nach diesem Getränk geworden! An meinem Heimatland
mag ich vor allem die Natur – wir haben viele einheimische Vögel (die Kiwis
zum Beispiel), und ich fühle mich ganz glücklich, dass ich in so einem
schönen Land wie Neuseeland wohne.
Deine Lieblingswörter?
Mein Lieblingswort auf Deutsch ist die Bezeichnung Kakerlake, weil es mir
Spaß macht, dieses Wort auszusprechen! Das Wort klingt einfach schon so wie
eine Kakerlake, und das finde ich lustig!
Was interessiert dich an Sprache?
Meiner Meinung nach sind Sprachen wie eine Brücke zu anderen Ländern und
Kulturen – ohne diese Brücke könnten wir gar keine Beziehungen miteinander
haben. Wenn man wirklich ernsthaft darüber nachdenkt, sieht man, dass
Sprachen irgendwie magisch sind. Ich habe einen Austausch gemacht und war
dadurch drei Monate in Deutschland – als ich da war, habe ich gemerkt, dass
ich diese fantastischen Leute ohne Deutsch nicht echt kennenlernen würde –
ich würde ihre Witze nicht witzig finden, ich würde ihre Freundlichkeit
nicht schätzen und, am wichtigsten, ich würde ihre echte Persönlichkeit
nicht erkennen. Vielleicht gibt es noch viele andere Leute, die perfekt zu
einem passen würden, aber die sind dann unerreichbar, weil sie eine andere
Sprache sprechen, die man nicht versteht. Deshalb liebe ich Deutsch und
möchte auch andere Sprachen lernen – ich möchte nicht, dass ich
wunderschöne Leute verpasse.
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## Farhan Ahmed, 16 Jahre, Indien
An Deutschland mag ich vor allem zwei Dinge: die deutsche Kultur und die
deutsche Geschichte! Die Toleranz und der Multikulturalismus Deutschlands
sind wirklich seine bestimmenden Schätze.
Deine Lieblingsworte?
Auf Deutsch ist „Götterfunken“ mein Lieblingswort. Es erinnert mich daran,
das Glück ein göttlicher Funke ist. In meiner Muttersprache Hindi ist
गगनचुम्बी (Gagan-chumbi) mein Lieblingswort. Es bedeutet wör…
küssen“. Das Wort bezieht sich auf Wolkenkratzer und alles, was wirklich
groß ist. Es ist ein Adjektiv und beschreibt etwas als so groß, dass es den
Himmel küsst. Es kann auch verwendet werden, um ein Gefühl, ein Verlangen
oder eine Leidenschaft als wirklich intensiv zu beschreiben.
Was interessiert dich an Sprache?
Die Sprache ist wie eine Linse, durch die man schaut und neue Perspektiven
bekommt. Verschiedene Sprachen verleihen dem eigenen Weltbild
unterschiedliche Farben. Und jede Sprache ist von Natur aus an die
jeweilige Kultur gebunden. Und ein multikulturelles Verständnis, das
Verstehen einer anderen Sprache ermöglicht es den Menschen, in fremden
Schuhen zu laufen.
Wenn Deutschland ein Wort wäre, welches wäre es?
Wenn Deutschland ein Wort wäre, wäre es für mich sicherlich das Wort
atemberaubend. Weil eine Nation wie Deutschland nicht einfach in einem Wort
zusammengefasst werden kann. Es muss erlebt werden. Deutschland ist nur als
Gefühl zu erfassen. Und dieses Gefühl ist „atemberaubend“.
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## Hellmuth Weich, 17 Jahre, Südafrika
Mein Lieblingswort auf Deutsch war mir kaum einfach zu wählen, aber es wäre
wahrscheinlich Treppenwitz, weil es so ein allgemeines Konzept auf so eine
geniale, doch einfache Weise beschreibt. In meiner Muttersprache ist es
auch schwer, nur ein Lieblingswort zu wählen, aber da ist es kwaai
(ausgesprochen: „quei“). Übersetzt bedeutet es „zornig“, aber es wird …
der Umgangssprache als „cool“ gebraucht. Es ist auch etymologisch verbunden
mit dem deutschen Wort „Kot“. Warum mag ich das Wort? Wie kann man es nicht
mögen!
Welche Sprache/n lernst du außer Deutsch noch?
Norwegisch, Isländisch, Altnordisch und so ein bisschen Französisch. Ich
hatte seit meinen Kinderjahren eine große Faszination für die
mittelalterliche Geschichte und vor allem die Wikinger. Vor zwei Jahren
langweilte ich mich in einer Nacht und beschloss, die Sprache der Wikinger
zu lernen. Ich fand sie unglaublich interessant, und da ich genug gelernt
habe, um die meisten alten Texte lesen zu können, wollte ich mehr von ihren
modernen Nachkommen wissen, und deshalb begann ich auch Norwegisch und
Isländisch zu lernen. Ich kann nicht wirklich beschreiben, was ich so
interessant daran finde. Vielleicht ist es ihre Geschichte, die Kulturen,
die mit ihnen verbunden sind, oder nur die Schönheit der Sprachen selbst.
Französisch lerne ich hauptsächlich, weil mich die Kultur interessierte und
weil es die einzige Sprache (außer Deutsch) ist, die angeboten wird in
meiner Nähe.
Wenn Deutschland ein Wort wäre, welches wäre es?
Wäre Deutschland ein Wort, wäre es Redemption. Es ist ja ein hässliches
englisches Wort, aber ich konnte keine befriedigende Übersetzung finden.
Warum? Weil Deutschland aus seiner schrecklichen Geschichte lernt. So
scheint es mir hier im Ausland.
30 Jul 2020
## AUTOREN
Martin Hager
## TAGS
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