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# taz.de -- Personalie im Außenministerium: Über den Gartenzaun hinaus
> Der Blick in die Vergangenheit hilft. So passieren bestimmte Fehler
> nicht, wie die Berufung einer fragwürdigen Mitarbeiterin ins
> Außenministerium.
Bild: Nurhan Soykan während eines Treffens mit Bundeskanzlerin Angela Merkel i…
Wer davon ausgeht, dass Außenpolitik nur außerhalb der Grenzen Deutschlands
und Europas stattfindet, irrt sich gründlich. Die Welt ist längst da und
der Deutsche längst in der Welt (auch wenn das oft keine gute Idee ist). Um
den Anforderungen der vernetzten Welt gerecht zu werden, wird man in die
Schule geschickt und dort nicht nur auf den Arbeitsmarkt, sondern auch auf
politische Mündigkeit vorbereitet. Dazu gehört der Geschichtsunterricht.
Doch es genügt nicht, nur Deutsche Geschichte zu lernen (wobei man deutsche
Geschichte nie genug lernen kann, wenn man sich die neurechten Auswüchse
und den Geschichtsrevisionismus deutschtümmelnder Deutscher ansieht), auch
globale Geschichte gehört auf den Lehrplan. Neben Kolonialismus, den von
den Deutschen verübten Genozid an den Herero und Nama, gehört auch der
Genozid an den Armenier*innen verpflichtend auf den Lehrplan, zumal
Deutschland auch Mitschuld trägt. Wenn man genauer hinsieht, ist globale
Geschichte auch deutsche Geschichte. Und Außenpolitik fängt nicht erst
hinter dem Gartenzaun an.
Um es mit Faulkner zu sagen, die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist nicht
einmal vergangen. Erst [1][vor wenigen Tagen drohte Erdoğan] nach den
jüngsten Eskalationen an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze: „Wir
werden die Mission fortsetzen, die unsere Vorfahren vor Jahrhunderten im
Kaukasus begonnen haben.“ Nicht nur an der Grenze zwischen Aserbaidschan
und Armenien eskalierte es. In Berlin wurde ein armenisches
Botschaftsfahrzeug in Brand gesteckt und in Köln kam es zu einem Übergriff
auf eine armenische Shisha-Bar.
Gleichzeitig stellt Heiko Maas eine neue Mitarbeiterin im Referat „Religion
und Außenpolitik“ vor. Neben einem angehenden Rabbiner und einem Pastor
berät nun auch Nurhan Soykan das Außenministerium in Religionsfragen.
Soykan war entschiedene Gegnerin der [2][Armenienresolution des Bundestags]
vor vier Jahren. Die Anerkennung des Genozids hätte, so Soykan, [3][das
Vertrauen vieler türkischstämmiger Menschen in die deutsche Politik] und
gerade in die türkischstämmigen Abgeordneten geschwächt.
Für die Teilnehmer*innen des antisemitischen Al-Quds-Marsches in Berlin
zeigte sie hingegen viel Verständnis, faselte dabei, dass man „nicht so
einseitig Partei für die israelische Lobby ergreifen“ sollte. Soykan ist im
Gegensatz zu ihren beiden Kollegen keine Theologin, sondern
Verbandsfunktionärin beim Zentralrat der Muslime. Zum ZMD gehören unter
anderem die Blaue Moschee Hamburg (iranisches Regime), die ATIB (Graue
Wölfe) und bis vor Kurzem noch die DMG (Muslimbruderschaft). Zu keiner
dieser Organisationen hat sie sich kritisch geäußert.
Jemanden wie Soykan sollte man nicht ins Außenministerium berufen, sondern
direkt in den Geschichtsunterricht und Grundkurs politische Bildung
befördern. Und stattdessen jemanden einstellen, der den bestanden hat.
29 Jul 2020
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=pfklA0sx-Ms&t=3s
[2] /Armenien-Resolution-im-Bundestag/!5309734
[3] /Die-Union-und-der-Islam/!5315424
## AUTOREN
Ronya Othmann
## TAGS
Kolumne Orient Express
Armenien
Islamismus
Türkei
Geschichte
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