# taz.de -- Proteste gegen Kohlegesetz: Braunkohle-Bagger stehen still | |
> Aus Protest gegen das geplante „Kohleausstiegsgesetz“ haben | |
> Aktivist*innen Tagebaue besetzt. Das Gesetz sei eher ein | |
> „Kohleverlängerungsgesetz“. | |
Bild: Aktivisten formen eine rote Linie gegen das Kraftwerk Garzweiler | |
Garzweiler taz | Der Tagebau reicht bis zum Horizont. Weit, weit unten | |
fahren Laster durch die Schlucht: Sie sehen aus wie Matchbox-Autos in einer | |
Marslandschaft. Das alles ist zu sehen von hier oben auf der Klippe, am | |
nördlichen Ende des Tagebaus [1][Garzweiler] in Nordrhein-Westfalen. Hier | |
stehen Sprecher*innen der Aktion “Einsatz Kohlestopp“. Nicht viele | |
Menschen: Etwa zehn. Der Großteil der Aktivist*innen ist unten. Im Tagebau. | |
Um die 80 Personen seien reingegangen, sagt eine Sprecherin der Aktion, die | |
sich Julia nennt. Sechs Bagger seien ihres Wissens aktuell besetzt. Vom | |
Aussichtspunkt Garzweiler Nord ist nur ein Bagger zu sehen, der noch gräbt. | |
Alle anderen scheinen zu stehen. | |
Es ist kurz nach sieben Uhr morgens am Freitag, den 26. Juni 2020. “Heute | |
Nacht sind die Aktivist*innen im Dunkeln losgegangen. Circa um 4:40 Uhr | |
standen die ersten Blockaden“, sagt eine Sprecherin, die sich Zade nennt. | |
[2][Nicht nur in NRW]: Zeitgleich wird auch im Tagebau [3][Jänschwalde] in | |
Brandenburg ein Bagger besetzt. Fridays for Future solidarisiert sich mit | |
den Aktionen. Ende Gelände solidarisiert sich. Und auch das Bündnis Alle | |
Dörfer Bleiben: Betroffene Bürger*innen, die sich gegen den Plan wehren, | |
Menschen zu enteignen und auch denkmalgeschützte Bauernhöfe abzureißen, um | |
Tagebaue zu erweitern. Auch für den Tagebau Garzweiler sollen in diesem | |
Jahrzehnt noch Menschen umgesiedelt werden. | |
## Passend zur RWE-Hauptaktionärsversammlung | |
“Wir haben den Tag passend gewählt zur RWE-Hauptaktionärsversammlung | |
heute“, sagt Zade. “Wir wollten ein Zeichen setzen, dass diese | |
profitgierigen Menschen damit aufhören sollen, unsere Zukunft zu | |
verfeuern.“ Im Vordergrund stehe aber der Protest gegen das geplante Gesetz | |
der Bundesregierung, das Kohlestrom gesetzlich Systemrelevanz attestieren | |
würde – bis 2038. Im Voraus. | |
“Durch dieses Gesetz wird denen der Kohleausstieg vergoldet“, sagt Zade. | |
“Bis 2038 werden RWE Milliarden an Steuergeldern gegeben. Um in 18 Jahren | |
einen Kohleausstieg zu machen.“ Das Gesetz schade mehr als es nütze, sagt | |
Zade. “Wer braucht ein Gesetz, wo die Wissenschaft sich einig ist, dass es | |
die Klimaziele nicht einhalten wird? Was ist das für ein Gesetz? Da kann | |
man auch gleich keins machen.“ | |
Auch ExpertInnen wie Scientists for Future äußern herbe Kritik am | |
Kohleausstiegsgesetz. Die dort vorgesehenen Maßnahmen und | |
Emissionsminderungen würden nicht ausreichen, „um die international | |
verabredeten Treibhausgasreduktionen einzuhalten, heißt es in einer | |
Erklärung. | |
Inbesondere die CO2-intensive Braunkohleverstromung sei der entscheidende | |
Hebel, um die erforderlichen Minderungen doch noch zu erreichen, außerdem | |
volkswirtschaftlich günstiger als die Reduzierung von Treibhausgasen in | |
anderen Branchen wie der Stahlindustrie oder dem Verkehrssektor. | |
## Kommende Woche im Bundestag | |
Die Aktivist*innen hoffen, dazu beizutragen, dass das Gesetz in der | |
kommenden Woche nicht durch den Bundestag kommt. “Wir rufen auch dazu auf, | |
nicht zu warten, bis die Bundesregierung den Klimawandel für uns löst“, | |
sagt Julia. | |
Seit fast 50 Jahren sei das Problem der kommenden Klimakrise bekannt. “Aber | |
sie handeln nicht. Wir müssen den Kohleausstieg selber machen. Wir müssen | |
selbst dafür sorgen, dass wir einen lebenswerten Planeten haben, den wir | |
erhalten können.“ | |
Freitagmittag ist noch keiner der Bagger geräumt. Die Polizei ist vor Ort – | |
aber die Braunkohlebagger in Garzweiler sind je nach Modell zwischen 50 und | |
100 Meter hoch. Diese Räumung wird dauern. | |
26 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anett Selle | |
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