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# taz.de -- Korruptionsprozess im Kongo: Zwanzig Jahre Zwangsarbeit
> Der Korruptionsprozess gegen den kongolesischen Politiker Vital Kamerhe
> endet mit einem spektakulären Urteil. Nun wird er zum Politikum.
Bild: Das war mal: der verurteilte Kamerhe (l.) mit dem jetzigen Präsidenten T…
Berlin taz | 20 Jahre Zwangsarbeit, 150 Millionen US-Dollar Geldstrafe,
nach der Haft Entzug der bürgerlichen Rechte für zehn Jahre: [1][Das
Urteil], das ein Gericht in der Demokratischen Republik Kongo am Samstag
gegen einen der prominentesten Politiker des Landes fällte, ist an Schärfe
kaum zu überbieten. Vital Kamerhe, Kabinettsdirektor des kongolesischen
Präsidenten Felix Tshisekedi, wurde [2][nach kurzem Prozess] wegen
Korruption schuldig gesprochen; das Gericht in der Hauptstadt Kinshasa
folgte der Staatsanwaltschaft.
Kamerhe ist eine Säule des politischen Lebens im Kongo. Der 61-jährige
Politiker aus der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu war einst Mitstreiter
und Wahlkampfleiter von Präsident Joseph Kabila, brach dann mit ihm,
kandidierte erfolglos selbst für das höchste Staatsamt und stellte sich bei
den Wahlen 2018 hinter den Oppositionspolitiker Felix Tshisekedi, der
aufgrund mutmaßlicher Wahlfälschung zum Sieger erklärt wurde, obwohl nach
allgemeiner Auffassung [3][ein anderer Oppositionspolitiker gewonnen]
hatte. Zur Belohnung machte Politneuling Tshisekedi den politisch viel
erfahreneren Kamerhe zu seinem Kabinettschef.
Eine der ersten Aufgaben Kamerhes war die Umsetzung des
[4][100-Tage-Programms], mit dem Tshisekedi ein paar schnelle und sichtbare
Verbesserungen im Alltag der Kongolesen erreichen wollte – vor allem
Modernisierung von Straßen und Bau von Sozialwohnungen.
Die Veruntreuung der Gelder dieses Programms war Thema des Prozesses, bei
dem nicht nur Kamerhe vor Gericht stand, sondern auch Samih Jammal, ein
libanesischstämmiger Unternehmer und Geschäftsfreund eines Cousins des
Kabinettsdirektors. Kamerhe und Jammal sollen laut Urteil aus Programmen
zum Bau von 4.500 Wohnungen insgesamt 50.968.648 US-Dollar unterschlagen
haben, Kamerhe allein weitere 1.154.800. Zehn Millionen US-Dollar seien in
den Libanon geschafft worden.
## Kampfansage an die Korruption
Die unterschlagenen Gelder müssen nun samt Zinsen und Geldstrafe
zurückgezahlt werden – insgesamt 150 Millionen Dollar. Die Haftstrafen
gelten für beide, Jammal wird nach Verbüßen der Strafe ausgewiesen.
Zusätzlich werden Bankkonten und Immobilien im Besitz Kamerhes sowie seiner
Ehefrau, seiner Schwiegertochter und seines Cousins beschlagnahmt.
Kongos Justiz gilt nicht als unabhängig, und Beobachter werten das Urteil
als Kampfansage des Präsidenten an korrupte Politiker. Damit ist die Frage,
ob es umgesetzt wird, eine politische Frage. Die beiden Hauptangeklagten
hatten schon während des Prozesses Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das
Verfassungsgericht des Kongo, dessen Richter sämtlich noch vom früheren
Präsidenten Kabila ernannt wurden, ließ die Beschwerde am Freitag zu, dem
Tag vor dem Urteil, und verlangte die Aussetzung des Urteilsspruchs. Das
Gericht hat sich dem widersetzt. Wie es nun weitergeht, ist offen.
Nicht nur das Urteil war spektakulär, auch der am 11. Mai eröffnete
Prozess. [5][Der Vorsitzende Richter Raphael Yanyi starb] kurz nach dem
zweiten Verhandlungstag, nachdem er sich in der Nacht unwohl fühlte und in
eine Klinik kam. Nachdem zunächst von einem natürlichen Tod die Rede
gewesen war, kündigte Kongos Justizminister Célestin Tunda am vergangenen
Dienstag eine Mordermittlung an.
Eine zweite Autopsie, so der Minister, habe ein unidentifiziertes Gift in
nicht tödlicher Dosis in Yanyis Körper festgestellt sowie seinen Tod durch
Gehirnblutung nach einem Schlag auf den Kopf. Die Hinterbliebenen
bemängelten daraufhin die Geheimhaltung dieser Autopsie und forderten eine
unabhängige internationale Untersuchung.
Kamerhes politische Partei wies das Urteil mit scharfen Worten zurück. Die
Verurteilung basiere auf „Mutmaßungen“ und die Richter hätten einfach die
Behauptungen der Anklage wiedergegeben, so die „Union für die kongolesische
Nation“ (UNC) in einer am Montagmorgen verbreiteten Erklärung. Die UNC
sprach auch von Polizeigewalt gegen ihre Unterstützer, insbesondere in der
Provinz Süd-Kivu.
22 Jun 2020
## LINKS
[1] https://www.politico.cd/la-rdc-a-la-une/2020/06/20/rdc-vital-kamerhe-lourde…
[2] /Staatskrise-im-Kongo/!5678982/
[3] /Kongos-Oppositionsfuehrer-im-Interview/!5573512/
[4] /Notprogramm-fuer-Kongo/!5574615/
[5] /Korruptionsprozess-im-Kongo/!5689039/
## AUTOREN
Dominic Johnson
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