# taz.de -- Rechtsstreit um Campen beim G20-Gipfel: Der Gipfel des Zeltens | |
> Das Verbot des Protestcamps beim G20-Gipfel sei rechtswidrig gewesen, | |
> meint Attac. Das Hamburger Vewaltungsgericht sieht das anders. | |
Bild: Schlafen als Politikum: Protest gegen das Campverbot beim G20-Gipfel | |
HAMBURG taz | Warum sollte es drei Jahre nach dem G20-Gipfel immer noch | |
wichtig sein, gerichtlich zu klären, ob das Verbot des Protestcamps im | |
Volkspark rechtswidrig war? Dirk Friedrichs von Attac hat daran keine | |
Zweifel: „Ein solcher Angriff auf politische Grundrechte wie im Jahr 2017 | |
in Hamburg darf sich nicht wiederholen“, sagt er. Am Mittwoch stand er | |
deshalb zusammen mit seinen Mitkläger*innen vor dem Verwaltungsgericht. Auf | |
der anderen Seite: Die Stadt Hamburg, vertreten durch die Innenbehörde und | |
das Bezirksamt Altona. | |
Der Verein Comm, Attac Deutschland und der Vorsitzende der Altonaer | |
Bezirksfraktion der Linken, Robert Jarowoy, hatten gemeinsam geklagt. Sie | |
forderten das Verwaltungsgericht auf festzustellen, dass das Verbot, ein | |
Protestcamp im Altonaer Volkspark einzurichten, rechtswidrig war. Auch die | |
späteren Zugangs- und Gepäckkontrollen bei den G20-Gegner*innen sowie eine | |
Höchstanzahl an Zelten und Waschgelegenheiten, hätte es nicht geben dürfen, | |
meinen die Kläger*innen. Die Klage hatten sie bereits im Januar 2018 | |
eingereicht. | |
[1][Ist schlafen politisch?] Das war eine der zentralen Fragen, um die sich | |
die beiden Parteien stritten. Denn wenn es als politische Versammlung gilt, | |
genießt es den besonderen Schutz des Artikels 8 im Grundgesetz, der | |
Versammlungsfreiheit. „Im Camp wurde Meinungsbildung betrieben und über das | |
Protestgeschehen informiert“, argumentierten die Vertreter*innen von Attac | |
und Comm. | |
## Das Gericht wies die Klage ab | |
Deren Anwältin Ulrike Donat fügte hinzu: „Selbst wenn dort nur geschlafen | |
worden wäre, hätte das eine symbolische Bedeutung und fällt damit unter das | |
Versammlungsrecht.“ Man müsse die Proteste als Ganzes betrachten, das | |
Zeltlager sei elementarer Bestandteil davon gewesen. Die Innenbehörde | |
hingegen wollte das Camp eher als Service für Protestierende verstehen – | |
die G20-Gegner*innen hätten demnach auch auf Hotels ausweichen können. | |
Der Richter deutete an, das Camp nicht als reinen Schlafort zu verstehen, | |
wollte aber abwägen, wie groß der Anteil des Versammelns gewesen sei und zu | |
welchem Anteil es lediglich ums Schlafen gegangen sei. Am Mittwochabend kam | |
die Schlappe für Attac: Das Gericht wies die Klage ab. Eine Begründung soll | |
erst Ende Juli erfolgen. Attac und Comm kündigten an, in Berufung zu gehen. | |
„Dieses Urteil darf so nicht stehen bleiben“, sagte Attac-Sprecher | |
Friedrichs. „Wer Trump, Putin, Erdoğan und Co einlädt, muss in einer | |
Demokratie Proteste dagegen ermöglichen. Dazu gehören auch Orte zum Essen | |
und Schlafen.“ Doch die Stadt hätte im Gegenteil alles versucht, um den | |
Protest klein zu halten. | |
[2][Der Streit um die Camps vor den Gipfeltagen] hatte den Beginn des | |
erbitterten Kampfs um Grundrechte, Deutungsmacht und | |
Sicherheitsbeschränkungen wegen G20 markiert. Die Anmelder*innen hatten das | |
Camp zuerst nicht bei der Versammlungsbehörde angemeldet, sondern versucht, | |
eine Sondergenehmigung zur Nutzung von Grünflächen beim Bezirksamt zu | |
beantragen. Doch das lehnte ab. Daraufhin meldeten sie eine | |
Dauerversammlung an. | |
## Duschen und schlafen verboten | |
Es folgte ein [3][gerichtliches Hin und Her] zwischen den Hamburger | |
Gerichten und dem Bundesverfassungsgericht. Erst am 6. Juli genehmigte die | |
Versammlungsbehörde das Aufstellen von 300 Schlafzelten in Altona. Vorher | |
hatte sie lediglich Zelte für Workshops und ein Küchenzelt erlaubt, auch | |
Duschgelegenheiten waren verboten. Dadurch wurde das Zelt bei | |
Gipfelgegner*innen zum Kampfsymbol. Martialisch ausgestattete | |
Polizist*innen überwachten am Campeingang, dass G20-Gegner*innen keine | |
„Schlafutensilien“ auf den Platz brachten. Weil die erlaubten Schlafplätze | |
nicht ausreichten, öffneten auch Theater, Kultureinrichtungen und Kirchen | |
ihre Räume. | |
16 Jul 2020 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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