| # taz.de -- Regelungen im Datenschutz: Keine Abfrage ins Blaue | |
| > Das Bundesverfassungsgericht fordert Nachbesserungen am Gesetz zur | |
| > Bestandsdatenauskunft. Kleinere Vergehen sind kein Anlass dafür. | |
| Bild: Setzt dem Datenabfragen Grenzen: Das Bundesverfassungsgericht | |
| Freiburg taz Der Gesetzgeber muss die Datenabfrage der Sicherheitsbehörden | |
| bei Internet- und Telefonprovidern etwas erschweren. Das hat das | |
| Bundesverfassungsgericht jetzt auf die Klage der Bürgerrechtler Patrick | |
| Breyer und Katharina Nocun entschieden. Das Bestandsdatengesetz von 2012 | |
| sei weitgehend verfassungswidrig. | |
| Die Klage betraf die sogenannten Bestandsdaten der Internet- und | |
| Telefonkunden. Gemeint sind insbesondere Name und Anschrift, mit denen die | |
| Kunden identifiziert werden. Oft hat die Polizei nur die Telefonnummer, die | |
| E-Mail-Adresse oder die IP-Adresse eines Verdächtigen und will wissen, | |
| welche reale Person dahinter steckt. Dann macht sie eine | |
| Bestandsdaten-Abfrage. | |
| Die Bestandsdaten der Telefonkunden werden jährlich millionenfach im | |
| automatisierten Verfahren bei der Bundesnetzagentur abgefragt. Beim | |
| Bundesverfassungsgericht ging es aber um die so genannte manuelle Abfrage. | |
| Hier fragen die Sicherheitsbehörden direkt die Internet- und | |
| Telefonprovider nach Informationen, die der Netzagentur nicht vorliegen. So | |
| können nur die Internetprovider mitteilen, wem sie zu einem bestimmten | |
| Zeitpunkt eine IP-Adresse für Aktivitäten im Internet zugewiesen haben. Es | |
| geht hier um einige zehntausend Abfragen im Jahr, insbesondere im Bereich | |
| Kinderpornografie. | |
| Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regeln zur Bestandsdatenauskunft | |
| bereits 2012 beanstandet. Auch damals war Patrick Breyer der Kläger. In | |
| diesem Beschluss erfanden die Richter das Doppeltür-Prinzip. Für eine | |
| Abfrage seien jeweils zwei gesetzliche Regelungen erforderlich. Die erste | |
| Regelung betrifft die Übermittlung der Daten durch den Provider (Tür 1), | |
| die zweite Regelung den Abruf der Daten durch die Sicherheitsbehörden (Tür | |
| 2). | |
| ## Beschwerde schon 2013 | |
| Der Gesetzgeber versuchte, das neue Konzept 2013 im Gesetz zur Neuregelung | |
| der Bestandsdatenauskunft umzusetzen. Auch gegen dieses erhob [1][Patrick | |
| Breyer, der inzwischen Europaabgeordneter der Piraten ist,] | |
| Verfassungsbeschwerde. Mitklägerin ist Katharina Nocun, damals | |
| Bundesgeschäftsführerin der Piraten, heute Buchautorin („Fake Facts“). | |
| Unterstützt wurde ihre Sammelklage von 5.827 BürgerInnen. Die Klage hatte | |
| Erfolg. | |
| Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass der Bundestag die Vorgaben | |
| von 2012 nicht korrekt umgesetzt hat. Sowohl die Übermittlungsvorschrift im | |
| Telekommunikationsgesetz (Tür 1) als auch die Abrufvorschriften in den | |
| Gesetzen der Sicherheitsbehörden (Tür 2) seien unverhältnismäßige Eingriffe | |
| in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Betroffen sind die | |
| Gesetze für sechs Sicherheitsbehörden, unter anderem Bundeskriminalamt, | |
| Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz. | |
| ## „Eingriffsschwellen“ gefordert | |
| In den Gesetzen fehlten vor allem spezifische „Eingriffsschwellen“, so die | |
| Richter in Karlsruhe. Eine Abfrage „ins Blaue hinein“ dürfe nicht zulässig | |
| sein. So müsse bei der Abfrage von Passwörtern belegt werden, dass eine | |
| Berechtigung zur Nutzung der Daten (etwa eines E-Mail-Postfachs) besteht. | |
| Bei der Zuordnung von IP-Adressen müsse ein „hervorgehobenes Rechtsgut“ | |
| geschützt werden. Nicht jede kleine Ordnungswidrigkeit könne eine Abfrage | |
| rechtfertigen. | |
| Der Bundestag muss die Vorschriften bis zum Jahresende 2021 nachbessern. | |
| Patrick Breyer war nur mäßig zufrieden. Er hatte auf einen generellen | |
| Richtervorbehalt gehofft und auf eine Beschränkung des Abrufs auf schwere | |
| Straftaten und Gefahren. (Az.: 1 BvR 1873/13). | |
| 17 Jul 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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