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# taz.de -- Nazidrohungen in Hessen: Ein überforderter Minister
> Hessens Innenminister Peter Beuth wollte von den rechtsradikalen
> Drohungen des NSU 2.0 erst nichts wissen. Jetzt gibt er seinen Beamten
> die Schuld.
Bild: Rechte Beamten im Blick? Hessens Innenminister Peter Beuth lenkt gern ab
Vor einer Woche war es noch ein vager Verdacht. Inzwischen steht fest: Wie
vor den [1][Morddrohungen an die Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız] im Jahr
2018 wurden auch von der Linke-Politikerin Janine Wissler persönliche Daten
von einem Polizeicomputer abgerufen, bevor der oder die Absender ihre
widerlichen Drohungen abschickten. Im ersten Fall „NSU 2.0“ ermitteln die
Behörden seit zwei Jahren, im Fall Wissler seit vier Monaten, bislang ohne
Ergebnis. Allerdings führen in beiden Fällen Spuren in die hessische
Polizei. Ein Skandal.
Seit vergangenem Samstag berichten Medien, darunter auch die taz, [2][über
die Parallelen zwischen beiden Fällen]. Nur der zuständige hessische
Innenminister Peter Beuth, CDU, mochte offenbar partout keine Zusammenhänge
erkennen. Erst an diesem Mittwoch habe er von dem rechtswidrigen Abruf der
Wissler-Daten von einem Polizeicomputer in Wiesbaden erfahren, beschwerte
er sich am Donnerstag vor der Presse, verbunden mit schweren Vorwürfen an
das ihm unterstellte Landeskriminalamt.
Doch die „fehlende Sensibilität“, die er seinen Spitzenbeamten attestierte,
[3][muss er sich selbst zurechnen lassen]. Von den Drohmails an seine
Landtagskollegin wusste er seit Monaten: auch davon, dass sie mit NSU 2.0
unterzeichnet waren. Doch der Minister fand den Vorgang offensichtlich
nicht wichtig genug, um nachzufragen. Obwohl die Ermittlungen, wie sein
Sprecher erklärte, „mit Hochdruck“ geführt wurden?
Nein, dieser Minister [4][nimmt die rechten Umtriebe in seinem
Verantwortungsbereich nicht ernst genug]. Und er hat den Polizeiapparat
offenkundig nicht im Griff. Wichtige Vorgänge bekommt er nicht mit. Seine
Informationspflichten gegenüber dem Parlament ignoriert er beharrlich. Die
Landtagsfraktionen informierte er erst über die Drohmails an Wissler, als
er von bevorstehenden Medienberichten wusste.
Dass die Fahnder im Fall Başay-Yıldız auf eine verdächtige Datenabfrage von
einem Polizeicomputer gestoßen waren und dabei eine Chatgruppe entdeckt
hatten, die rechtsextreme Parolen und Symbole austauschte, auch davon
erfuhren die Abgeordneten aus den Medien.
Als polizeiintern die Drohungen an die Linke-Fraktionschefin bekannt
wurden, hätten auch bei Beuth alle Alarmsirenen schrillen müssen. Jetzt hat
er Konsequenzen angekündigt, gegen andere. Doch er selbst sollte seinen
Platz räumen. Seine Kommunikation ist eine Zumutung. Er ist mit seinem Amt
offenkundig überfordert.
10 Jul 2020
## LINKS
[1] /Drohungen-gegen-Seda-Baay-Yildiz/!5607827
[2] /Solidaritaetsbekundung-mit-Wissler/!5693934
[3] https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextreme-und-sicherheitsbehoerden-unert…
[4] /Polizei-und-Kritik/!5693991
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
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Polizei Mecklenburg-Vorpommern
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Geht's noch?
Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
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