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# taz.de -- „Gaslighting“ und Rassismus: Angriff auf die eigene Realität
> „Gaslighting“ nennt man Verhalten, durch das jemand anderes an der
> eigenen psychischen Gesundheit zweifelt. Das gibt es auch beim Thema
> Rassismus.
Bild: Das Stück Gas Light inspirierte den Begriff Gaslighting – Adaption aus…
Es ist ein hässliches Gefühl, die eigene Wahrnehmung infrage stellen zu
müssen. Im Einzelfall ist das nicht weiter schlimm, wenn etwa das Fahrrad
nicht da steht, wo es stehen müsste. Oder wenn ein geliebtes Schmuckstück
nicht da liegt, wo man so sicher war, dass man es verwahrt hat. Dieser
Zustand löst sich in der Regel von selbst. Das Fahrrad wurde ausnahmsweise
regengeschützt abgestellt, die Kette in die Schatulle gepackt. Doch was,
wenn dieses Gefühl einen nicht verlässt? Wenn es Teil des Lebens bleibt?
Es gibt eine Form von psychischer Gewalt in Beziehungen, die „Gaslighting“
genannt wird. Die meisten Menschen haben das an der ein oder anderen Stelle
ihres Lebens vielleicht schon einmal erfahren, vielleicht kennt aber nicht
jede:r den Begriff. Gaslighting ist eine Form von psychischer Manipulation.
Etwa versucht die eine Person die Umgebung der anderen so zu verändern,
dass die an ihrer Wahrnehmung zweifelt.
Eine Taktik der Schwächung, um die es auch in dem Theaterstück „Gas Light“
des britischen Dramatikers Patrick Hamilton aus dem Jahr 1938 geht. Daher
der Name. Es handelt von einem Mann, der seine Frau so lange manipuliert,
bis sie an ihrer Wahrnehmung zweifelt. Er will ihr einreden, sie leide an
einer psychischen Erkrankung.
Gaslighting kann in unterschiedlichen Formen auftreten, in Paarbeziehungen,
in Familien, unter Freund:innen oder Kolleg:innen. Wer stets als sensibel,
„hysterisch“ oder paranoid dargestellt wird, wem die Schuld für
Streitigkeiten zugeschoben wird, die man nicht begonnen hat, und wer so
dazu kommt, seine Wirklichkeit anzuzweifeln, der sollte sich Hilfe oder
auch das Weite suchen.
## Immer wieder dasselbe Muster
Gaslighting ist in einer abgewandelten Form etwas, das alle Menschen, die
[1][Rassismus] erfahren, nur zu gut kennen. Denn wer in weißen Räumen
Rassismus benennt, bekommt gerne Antworten wie: Das war doch nicht so
gemeint. Rassismus ist in Deutschland nicht so schlimm wie in XY. Ich
finde, du siehst gar nicht so anders aus. Wir sind doch alle gleich. Ich
sehe keine Farben. Oder man wird schlicht in die unmögliche Position
gebracht, empirisch beweisen zu müssen, dass das, was man selbst erlebt,
kein Einzelfall ist.
Im Gegensatz zum Gaslighting in Beziehungen ist es hier nicht eine Person,
die wiederholt die Realität einer anderen infrage stellt. [2][Bei
rassistischem Gaslighting] sind es viele, die [3][nach demselben Muster
reagieren]. So wird nicht das Handeln der Verursacher:innen infrage
gestellt, sondern die Empfänger:innen und deren Zustand.
Auch aus anderen Diskriminierungsformen, etwa Sexismus, ist diese Taktik
bekannt: Die Frau wird verunsichert, ihre Motive infrage gestellt, im
Vordergrund steht dann das Opfer statt der Täter. Das tut bestimmt nicht
jeder böswillig, doch sollte man sich bewusst sein, dass man so vor allem
versucht, die eigene Realität zu schützen. Und dass man psychischen Druck
auf andere ausübt.
29 Jun 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Rassismus/!t5357160/
[2] https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/2153368718760969
[3] https://metro.co.uk/2020/06/18/what-racial-gaslighting-why-damaging-people-…
## AUTOREN
Saskia Hödl
## TAGS
Minority Report
Schwerpunkt Rassismus
BPoC
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Kolumne Habibitus
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Essay
Schwerpunkt Rassismus
Diversität
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