| # taz.de -- Tagebau in Brandenburg besetzt: Zur Ablenkung auf die Brücke | |
| > Die Klimabewegung protestiert deutschlandweit gegen den späten | |
| > Kohleausstieg. Unser Autor hat eine Gruppe von Ende Gelände bei ihrer | |
| > Aktion beobachtet. | |
| Bild: Sie grausig aus, ist auch schlecht fürs Klima: Braunkohletagebau in Jän… | |
| Jänschwalde/Berlin taz | Plötzlich geht es ganz schnell. Hintereinanderweg | |
| und mit einem Seil verbunden, verschwinden acht Menschen in der Dunkelheit. | |
| An der Kante zur Kohlegrube der LEAG in Jänschwalde ist die Sicht frei auf | |
| den Sternenhimmel und eine unwirkliche, planierte Landschaft. Es ist zwei | |
| Uhr in der Nacht zu Freitag, und obwohl der Abbau um diese Zeit pausiert, | |
| knarzen und heulen die 500 Meter langen Förderbrücken noch immer, als wären | |
| sie behäbige Monster. | |
| „Wir können nicht tolerieren, dass hier unsere Zukunft abgebaggert wird“, | |
| sagt Lea*, 23. Sie klettert heute Nacht zum ersten Mal in eine Grube. Die | |
| Fridays-for-Future-Aktivistin ist so wütend über den [1][Entwurf des | |
| Kohleausstiegsgesetzes], der unter anderem ein Restlaufzeit bis 2038 | |
| vorsieht, dass sie nun andere Wege des Protests gehen will. | |
| Sie sei extra aus Baden-Württemberg angereist, um sich den Aktionen von | |
| Ende Gelände Berlin im brandenburgischen Jänschwalde anzuschließen, sagt | |
| sie. Auch dem Berliner Fridays-for-Future-Aktivist Ole* sind die | |
| Aktionsformen seiner Bewegung mittlerweile zu wenig: „Jetzt, wo die Gesetze | |
| versagen, ist es Zeit für Blockaden“, sagt der 21-Jährige, vermummt in | |
| schwarzer Kleidung. | |
| Entlang des Förderbands schleicht die Gruppe immer weiter aus dem Schutz | |
| der Dunkelheit zur hell beleuchteten Förderbrücke. Im Gepäck: Ein selbst | |
| gemaltes Banner mit der Aufschrift: „Keine Milliarden für Klimakiller“. | |
| „Gemeint sind die Milliarden Steuergelder, die bis 2038 in den Abbau | |
| fließen, weil Konzerne entschädigt werden und Kohle subventioniert wird“, | |
| erklärt Lea. | |
| Für ihre Aktion erklimmen sie alle Treppen der Förderbrücke bis zur | |
| obersten Ebene. Gegen halb drei dann prangt dort das 17 mal 2 Meter große | |
| Banner. Aber das Transparent soll nicht nur als Botschaft dienen – es ist | |
| auch ein Ablenkungsmanöver. Denn während die Lichtkegel der heraneilenden | |
| Security-Autos nur noch die letzte Person beim Verlassen der Grube erfassen | |
| können, wird zeitgleich eine andere Förderbrücke besetzt. | |
| „Die Blockade hält sich stabil“, erzählt Ronja Weil, Pressesprecherin von | |
| Ende Gelände Berlin am Vormittag. In der Morgendämmerung sind weitere | |
| Transparente enthüllt worden, wie Drohnenaufnahmen der Aktivist*innen | |
| auf ihrem Twitter-Account zeigen. | |
| Die Förderbrücke steht still, sagt Thoralf Schirmer, Sprecher des | |
| Tagebaubetreibers Leag. „Aus Sicherheitsgründen kann nicht weiter Abraum | |
| gefördert werden.“ Die bereits freigelegte Kohle unter der Förderbrücke | |
| könne aber über ein separates Förderband geborgen und abtransportiert | |
| werden. „Die Versorgung des Kraftwerkes Jänschwalde mit Kohle ist derzeit | |
| nicht beeinträchtigt.“ | |
| „Die Polizei startet mit Maßnahmen erst um elf, wir konnten die Grube | |
| Jänschwalde also schon acht Stunden lahmlegen“, zieht Ronja Weil eine | |
| positive Bilanz. Eine weitere Gruppe habe zuvor auf ein großes Rohr am | |
| benachbarten Kraftwerk den Schriftzug „#wirmachenausstieg“ gemalt – das | |
| Motto all dieser Aktionen, wie Weil erklärt. | |
| Sie seien der Auftakt vieler dezentraler Proteste und Interventionen | |
| zivilen Ungehorsams in ganz Deutschland. Auch der Tagebau [2][Garzweiler] | |
| wurde besetzt. Die Aktivist*innen der Fridays for Future planen ab | |
| Freitag eine Woche lang Aktionen in Berlin. Am Invalidenpark soll bis | |
| Donnerstag eine ständige Mahnwache abgehalten werden. Auch laden die | |
| Aktivist*innen zu einer „Galerie des Scheiterns“, die die Historie des | |
| Kohleausstiegs mit Fotos und aufbereiteten Daten zeigen soll. | |
| Lea, die mit ihrer Gruppe das Gelände schnell wieder verlassen hat, zeigt | |
| sich auf dem Rückweg nach Berlin zufrieden: „Auf unseren Masken steht nicht | |
| umsonst ‚FCK 2038‘. Es wird nicht bei dieser Aktion bleiben“ | |
| * Namen geändert | |
| 26 Jun 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jannis Hartmann | |
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