| # taz.de -- Anders reisen: Die Luft wird dünner | |
| > Anbieter von nachhaltigem Tourismus fordern mehr Hilfe während der | |
| > Coronakrise. Positiv sei, dass die Pandemie das Reiseverhalten ändert. | |
| Bild: Beim Kajakfahren fällt der Abstand leicht | |
| Etwas Aufatmen im Tourismus: Nach Monaten des Stillstands und vieler | |
| Verbote läuft das Milliardengeschäft mit dem Urlaub wieder an. Noch nie hat | |
| die erfolgsverwöhnte Sonnenbranche einen solchen Einbruch erlebt. Im Mai | |
| sank die Zahl der Passagiere an Europas 500 Flughäfen auf etwa vier | |
| Millionen Reisende – ein beispielloser Rückgang um 98 Prozent. | |
| Erst für 2023 wird wieder mit so guten Geschäften wie noch 2019 gerechnet. | |
| In Deutschland ging im April die Zahl der Hotelgäste wegen der | |
| Corona-Erlasse auf ein Zehntel zurück. Marktführer TUI benötigt einen | |
| staatlichen Milliardenkredit, der Ferienflieger Condor ist insolvent, | |
| Tausende Reisebüros bangen um ihr Überleben. | |
| Auch beim [1][Forum Anders Reisen] in Hamburg herrscht seit Monaten | |
| Ausnahmezustand. Doch Petra Thomas, die Geschäftsführerin des Verbands für | |
| nachhaltigen Tourismus, hat auch eine gute Nachricht: „Bisher gibt es erst | |
| eine Insolvenz unter unseren Mitgliedern.“ Für viele der gut 130 kleinen | |
| und mittelständischen Anbieter werde die Luft nach drei Monaten fast ohne | |
| Neugeschäft allerdings immer dünner. | |
| ## 80 Prozent stimmten Umbuchungen zu | |
| Zumal die Kosten nicht in dem gleichen Maß reduziert werden können. Zwar | |
| wurden Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Nach der ersten weltweiten | |
| Reisewarnung habe das Instrument aber kaum noch geholfen, sagt Thomas. Denn | |
| die Betreuung und Rückholung der Kunden aus ihren weltweiten Urlaubsorten, | |
| die Umbuchungen und Absagen hätten immense Mehrarbeit verursacht. | |
| Auch für die Mitglieder des Forums Anders Reisen sind die Rückzahlungen bei | |
| Reiseabsagen ein Problem. Doch rund 80 Prozent der Kunden stimmten | |
| Umbuchungen zu, was die Veranstalter enorm entlastet. Denn in der Regel | |
| werden mit den Anzahlungen der Kunden die gebuchten Flüge bei den Airlines, | |
| die Hotels und andere Leistungsträger in den Zielländern bezahlt. „Die | |
| lokalen Partner sind in ähnlich schlechter Lage, oft mit schlechterer | |
| sozialer Absicherung“, erklärt Thomas. | |
| Enttäuschend findet die Verbandschefin, dass die Bundesregierung keinem | |
| gemeinsamen, kreditbasierten Rückzahlungsfonds für die Branche zugestimmt | |
| hat: „Hier hat uns die Politik im Stich gelassen.“ Eine Pleitewelle, warnt | |
| Thomas, käme den Staat letztlich teurer, als den Unternehmen jetzt in der | |
| Krise beizustehen. Die Grenzöffnungen in Europa sieht sie als Lichtblick. | |
| ## Die Krise als Chance | |
| Bei Fernreisen fehle den Veranstaltern dennoch eine Perspektive. In vielen | |
| Ländern Asiens und Afrikas sei die Infektionsgefahr weitaus geringer, | |
| argumentiert Thomas. Der Tourismus dort sei eine wichtige Lebensgrundlage | |
| für viele. Eine pauschale Reisewarnung hält sie für schädlich. Nötig seien | |
| länderspezifische Regelungen. | |
| Beim Forum Anders Reisen sieht man in der Krise auch Chancen. Das | |
| Reiseverhalten dürfte sich ändern, glaubt Thomas: „Sicherheit und Qualität | |
| werden bedeutender.“ Auch Nachhaltigkeit spielt dabei eine Rolle, denn beim | |
| Radeln, Wandern oder Kanufahren in freier Natur sind Abstandsgebote | |
| leichter einzuhalten. Auch kulturelle Angebote abseits der großen | |
| Touristenströme können Infektionsrisiken minimieren. | |
| Vom Coronaschock werden sich voraussichtlich am schnellsten die heimischen | |
| Ferienregionen von Sylt bis Berchtesgaden erholen, die rasch per Auto oder | |
| Bahn erreichbar sind. Die Kehrseite: In der Hochsaison müssen Urlauber | |
| wegen der erwarteten starken Nachfrage besonders an den Küsten mit | |
| steigenden Preisen rechnen. | |
| 20 Jun 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Thomas Wüpper | |
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