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# taz.de -- Hausarzt über Corona und LehrerInnen: „Keine Gefälligkeitsattes…
> Es geht zurück an die Schulen. Wolfgang Kreischer vom Hausärzteverband
> Berlin und Brandenburg erklärt, wann LehrerInnen zur „Risikogruppe“
> zählen.
Bild: „Die Risikoabschätzung ist immer individuell.“ Lehrerin in einer Ham…
taz: Herr Kreischer, Lehrerinnen und Lehrer, die Angst vor den Folgen einer
Ansteckung mit dem Coronavirus haben und deswegen [1][nicht in den
Präsenzunterricht gehen wollen], müssen ab sofort ein ärztliches Attest
bringen, das bescheinigt, dass sie zu einer Risikogruppe gehören. Wie
beurteilt ein Hausarzt das?
Wolfgang Kreischer: Ich hatte zwei solcher Fälle, wo wir dann bestätigt
haben, dass es sich um Risikopatienten handelt. Das Ganze ist keine
Krankschreibung, keine Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit, sondern eine
Bescheinigung in Form eines sogenannten Dreizeilers, dass man zu einer
Risikogruppe gehört.
Nach welchen Kriterien beurteilen Sie das? Nach der [2][Liste des
Robert-Koch-Instituts mit relevanten Vorerkrankungen]?
Die Risikoabschätzung ist immer individuell und richtet sich nach der
Schwere der Krankheit. Das muss man aus der Gesamtschau des Patienten
beurteilen. Wenn ich einen Asthmatiker hätte, der Ende 50 und gut
eingestellt ist, dem würde ich ein solches Attest nicht geben. Aber wenn
ich einen Asthmatiker hätte, auch wenn er jünger ist, bei dem wir dauernd
die Medikamente anpassen müssen, der immer wieder Infekte hat, dem würde
ich ein solches Attest ausstellen. Das kann ein Hausarzt machen, weil er
den Patienten am besten kennt.
Auf der Liste des Robert-Koch-Instituts stehen auch Diabetiker. Von
Diabetes sind in Deutschland 7 Millionen Menschen betroffen.
Die Liste des Robert-Koch-Instituts ist eine hilfreiche Unterstützung, aber
nach 35 Jahren hausärztlicher Tätigkeit kann ich auch allein entscheiden.
Diabetiker, die gut eingestellt sind, gehören grundsätzlich nicht zur
Risikogruppe. Nur ein Diabetiker mit Begleiterkrankung oder extrem schwer
einstellbarem Diabetes gehört für mich zur Risikogruppe.
Gibt es Krankheiten, bei denen klar ist, dass jemand zur Risikogruppe
zählt?
Ich würde sagen, alle möglichen Krebserkrankungen gehören dazu. Auch nach
einem Herzinfarkt oder nach einem Schlaganfall gehört man zur Risikogruppe.
Nach einem Herzinfarkt ist die Pumpleistung des Herzens schlechter und eine
Lungenentzündung sehr gefährlich.
Das [3][Alter allein ist also kein Kriterium]?
Nein. Ich kann mir auch eine 28-Jährige vorstellen, die an allergischem
Asthma leidet und zu Lungenentzündungen neigt; die ist gefährdet, auch wenn
sie jung ist.
In Thüringen zählten zwischenzeitlich auch Lehrer und Lehrerinnen zur
Risikogruppe, die über 50 Jahre alt sind und rauchen.
Als die Coronamaßnahmen begannen, rief eine Patientin bei mir an, die
meinte, sie gehöre zur Risikogruppe, sie sei 55 Jahre alt und würde
rauchen. Da habe ich gesagt: Nein, Sie gehören nicht zur Risikogruppe. Wer
raucht, der soll aufhören zu rauchen. Wenn man diese Kriterien gelten
lassen würde und dann noch mal eine Pandemie käme, dann könnte ja kaum noch
einer arbeiten. Wir Ärzte haben auch eine Verantwortung gegenüber der
Gesellschaft. Wenn die Leute nicht mehr arbeiten, Unterricht und
Hortbetreuung ausfallen, kommen die Kinder zu kurz, die Arbeitgeber geraten
in die Bredouille.
Patienten würden sagen, der Arzt hat eine Verantwortung auch für mich. Kann
es da nicht zu Konflikten kommen?
Ja, Konflikte kann es schon geben. Aber ich bin nicht bereit,
Gefälligkeitsatteste auszustellen. Wenn solche Patienten dann zu anderen
Ärzten gehen sollten, dann nehme ich das in Kauf.
15 Jun 2020
## LINKS
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[2] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.…
[3] /Studie-aus-Gangelt-zu-Corona/!5682844
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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