| # taz.de -- Der musikalische Sommer in Berlin: Schon auch erinnerungswürdig | |
| > Es geht wieder was draußen, ein bisschen wenigstens: Bei der Fête de la | |
| > Musique am Sonntag soll es aber vorerst eher beim Heimspiel bleiben. | |
| Bild: So drängelnd eng wie vergangenes Jahr soll es bei der Fête de la Musiqu… | |
| Berlin taz | Jedes Jahr am 21. Juni verwandelt sich im Rahmen der Fête de | |
| la Musique die ganze Stadt in eine riesige Open-Air-Bühne für Musik aller | |
| Art. Praktisch jeder Bezirk ist mit dabei, es gibt Livemusik in Kneipen, | |
| Parks, auf der Straße. Alles kostenlos. Der Zuspruch ist riesig, die Fête | |
| inzwischen ein echter Klassiker. Am Sonntag ist es wieder so weit, doch die | |
| Konzerte, die in einem Edeka-Supermarkt, im Club Gretchen, auf dem | |
| Fernsehturm am Alex und an zig anderen Orten stattfinden, werden ihr | |
| Publikum nur via Stream finden. Corona wollte es so. | |
| Björn Döring, der im Auftrag des Musicboard Berlin das Programm der Fête | |
| kuratiert hat, erklärt, dass es anders einfach nicht ging. Als man sich an | |
| die Planung gemacht hatte, war noch nicht abzusehen, wie und ob überhaupt | |
| Mitte Juni auch wieder Veranstaltungen vor direktem Publikum erlaubt sein | |
| würden. | |
| Inzwischen sind sie es, zumindest draußen, zumindest unter Einhaltung | |
| bestimmter Coronamaßnahmen. Eben erst haben die Bürgermeister von | |
| Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Pankow zusammen mit Kultursenator | |
| Klaus Lederer in einer gemeinsamen Pressemitteilung Vorschläge | |
| unterbreitet, explizit die Kultur auf Freiflächen zu ermöglichen. „Draußen | |
| spielt die Musik!“, so lautet ihr Slogan, der so klingt, als sei er | |
| passgenau auf die Fête de la Musique zugeschnitten. | |
| Doch für die kommt er jetzt zu spät, wobei Döring sich sicher ist, „dass im | |
| Rahmen der Fête nun auch draußen einiges stattfinden wird“ – allerdings | |
| eben nicht von der Fête selbst in die Wege geleitet. Da ruft man | |
| stattdessen in diesem Jahr zur Hausmusik auf, womit auch Balkonkonzerte | |
| gemeint sind. Populär geworden im Lockdown, sind sie jetzt fester | |
| Bestandteil der Fête und letztlich doch auch Open-Air-Veranstaltungen – mit | |
| dem praktischen Nebeneffekt, dass Abstandsregeln vor einem sich hoffentlich | |
| ergebenden Publikum hundertprozentig eingehalten werden. Zudem werden in | |
| Mitte „musikalische Velo-Taxis“ unterwegs sein und in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg ein „Reggae-Bike“. | |
| Wie sehr die Berliner nach einer Draußenkultur lechzen, die im Sommer ja | |
| sowieso angenehmer ist, als in irgendwelchen schwitzigen Räumlichkeiten | |
| abzuhängen, beweist aktuell der Erfolg der Open-Air-Kinos, wo ausverkaufte | |
| Vorstellungen keine Seltenheit sind. Durch Berücksichtigung der | |
| Abstandsregelungen sind jedoch auch weniger Plätze zu besetzen. | |
| Auch auf den Freiluft-Konzertbühnen der Stadt hätte gerade eigentlich so | |
| einiges passieren sollen, bei dem die Tickets rasch vergriffen gewesen | |
| wären: Iron Maiden, Taylor Swift, Pearl Jam in der Waldbühne etwa. Wurde | |
| jedoch alles abgesagt oder in das nächste Jahr verschoben. In der | |
| Wuhlheide: Alles im Juni oder Juli findet nicht statt; im August mal sehen. | |
| Das Lollapalooza-Festival im September: fällt aus. Und so weiter. | |
| Somit kommt die Freiluftinitiative der drei Bezirksbürgermeister und des | |
| Kultursenators gerade zur rechten Zeit, um draußen doch noch Kultur zu | |
| ermöglichen. Marc Lippuner, der den Veranstaltungsort Wabe betreibt, ist | |
| Ansprechpartner für [1][„Draußen spielt die Musik!“] im Bezirk Pankow. �… | |
| werden jetzt nicht gerade überrannt“, sagt er, aber es erreichten ihn doch | |
| täglich Anfragen. Vielen Interessierten müsse er jedoch gleich wieder | |
| absagen. Die würden sich melden, in der Hoffnung, ein Projekt finanziert zu | |
| bekommen. Doch da könne er nicht weiterhelfen. Es gehe vielmehr darum, | |
| bereits geförderte, durchfinanzierte Kulturaktivitäten, die wegen Corona | |
| nicht in geschlossenen Räumen stattfinden dürfen, irgendwo draußen zu | |
| ermöglichen. | |
| Sein Job sei es, so Lippuner, die Kommunikation mit den Behörden zu | |
| erleichtern, Genehmigungen schnell und unbürokratisch einzuholen, um „Kunst | |
| und Kultur auf öffentlichem Gelände sichtbar zu machen“. Etwa ein | |
| Improtheater. Oder, wie er sagt, „Singer-Songwriter-Geschichten“. Oder | |
| auch, wie er es bereits im Rahmen der Fête de la Musique ermöglicht hat, | |
| einen Bus herumfahren zu lassen, in dem hinten ein Musiker sitzt, der an | |
| bestimmten Stellen aussteigen wird, um ein Ständchen zum Besten zu geben. | |
| Das Schöne an der Open-Air-Saison im Coronajahr 2020 ist: Vieles ist | |
| kostenlos. So auch das Open-Air-Konzert, das heute und morgen auf der | |
| Freitreppe des Gendarmenmarkts stattfinden wird. Christoph Eschenbach | |
| dirigiert das Konzerthausorchester Berlin und spielt Beethovens 5. | |
| Sinfonie. Man musste sich dafür aber anmelden, und das beschränkte | |
| (Mindestabstand) Kartenkontingent ist bereits vergriffen. | |
| Bei den „Umsonst & Draußen“-Veranstaltungen, die auf der Freilichtbühne in | |
| Spandau stattfinden, kann man, wie der Name bereits verrät, den Geldbeutel | |
| ebenfalls stecken lassen. Tickets müssen dennoch bereits vorab beschafft | |
| werden. Und man sollte sich beeilen, ein Teil der Veranstaltungen ist | |
| bereits ausverkauft. [2][Die Freiluftbühne beginnt mit ihrem Programm] am | |
| 4. Juli. Organisiert wird es vom Kulturhaus Spandau. | |
| Zweimal wöchentlich wird es Konzerte geben mit relativ kleinen Besetzungen | |
| auf den Bühnen und mit „ruhigerem Zuhörcharakter“, wie Daniel Scheytt vom | |
| Bezirksamt Spandau erklärt. Musiziert wird vor eher kleiner Runde. Statt | |
| 600 Besuchern bekommen nur 120 Einlass. Ein Catering wird es keines geben, | |
| dafür, so Scheytt, ist die Mitnahme eines Picknickkorbs ausdrücklich | |
| erlaubt. | |
| „Draußen & fast gratis“, heißt es beim Open-Air-Festival [3][„Jazz am | |
| Kaisersteg]“ in Oberschöneweide, das an fünf Tagen im Juli, August und | |
| September steigen und vom Verein Jazzkeller 69 organisiert wird. Dessen | |
| Vorstand Wolf-P. „Assi“ Gloede sagt, das Hygienekonzept für die | |
| Veranstaltung sei zwar noch nicht durchgewunken worden, „doch wenn das | |
| nicht genehmigt wird, wäre das geradezu bösartig“. Das Gelände, über das | |
| man verfüge, sei groß genug, um alle Abstandsregelungen, soweit sie denn im | |
| Juli überhaupt noch bestehen würden, einhalten zu können. Im vergangenen | |
| Jahr seien pro Konzerttag um die 150 Besucher gekommen, „aber auch wenn es | |
| 250 sind, ist noch genügend Platz vorhanden“. | |
| Der Open-Air-Sommer in Berlin, er könnte am Ende sogar noch recht spannend | |
| werden. | |
| 20 Jun 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.berlin.de/ba-pankow/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemit… | |
| [2] http://kulturhaus-spandau.de/veranstaltungsort/freilichtbuehne-an-der-zitad… | |
| [3] https://www.jazzkeller69.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hartmann | |
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