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# taz.de -- Ibiza-Affäre in Österreich: Kanzler fasst sich kurz
> Beim Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss versucht sich Österreichs
> Kanzler Sebastian Kurz aus der Affäre zu ziehen – mit nichtssagenden
> Worten.
Bild: Kurz, cool, hinter einer Scheibe im Untersuchungsausschuss
Wien taz | „Ich war nicht in Ibiza.“ So kann man den Auftritt von
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch vor dem
parlamentarischen [1][Untersuchungsausschuss] zusammenfassen. Bei dem
U-Ausschuss „betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen
Bundesregierung“ geht es nicht nur um das berüchtigte [2][Ibiza-Video], das
vor 13 Monaten zum Rücktritt des damaligen Vizekanzlers Heinz-Christian
Strache (FPÖ) geführt hatte. Es geht auch darum, wie Posten parteipolitisch
besetzt wurden, ob für Parteispenden von Unternehmern Gegenleistungen
vereinbart und Spenden am Rechnungshof vorbeigeschleust wurden.
Diese Woche finden im U-Ausschuss die ÖVP-Tage statt. Alle Geladenen für
die Sitzungstage Mittwoch und Donnerstag gehören der Kanzlerpartei an oder
stehen ihr nahe. Neben Kurz sind das der ehemalige Finanzminister Hartwig
Löger und einige Manager.
Dass man in der Kanzlerpartei nervös ist, zeigt die aggressive Art, wie
ÖVP-Leute die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper attackieren. Sie zeichnet
sich durch akribische Vorbereitung und besonders beharrliches Nachfragen
aus. Einer wollte sogar die Staatsanwaltschaft auf sie ansetzen, weil sie
über möglicherweise vertrauliche Dokumente verfügt, die dem Ausschuss
offiziell nicht vorliegen.
In solche Niederungen wollte sich der Bundeskanzler nicht begeben. Er gab
wie immer den Mister Cool, der es versteht, wortreich wenig zu sagen. Schon
in seinem Eingangsstatement machte er deutlich, wie er seinen Auftritt
anlegen werde.
## Angeblich nichts anrüchig
Er habe mit dem FPÖ-Skandal nichts zu tun. An der Besetzung von Posten mit
Vertrauensleuten sei nichts anrüchig: „Regierungen entscheiden über
hunderte Personalbesetzungen.“ Und im Übrigen würde er dem Ausschuss
„erklären, wie Koalitionsarbeit funktioniert“.
Zunächst ging es um den bekannten Fall des FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo, der
vergangenes Jahr in den Aufsichtsrat der Casinos AG bestellt wurde. Und
dies, obwohl ihn Experten als nicht qualifiziert eingestuft hatten.
Die Opposition geht davon aus, dass es einen Deal in der ÖVP-FPÖ-Koalition
gegeben habe: Sidlo bekommt den wohldotierten Posten in der CasAG und die
ÖVP ernennt den Kurz-Vertrauten Thomas Schmid zum Chef der ÖBAG. Das ist
jene Holding, die die Staatsanteile bei strategischen Unternehmen
verwaltet. Schmid hatte sich praktischerweise im Finanzministerium die
Ausschreibung für den von ihm angestrebten Posten auf den Leib
geschneidert.
Am Bundeskanzler perlten die Vorwürfe ab. „Personen ohne Qualifikation zu
bestellen, das lehne ich ab.“ Für den umstrittenen FPÖ-Mann Peter Sidlo
habe er sich nie starkgemacht oder für ihn interveniert. Und die Bestellung
von Schmid sei Sache des Finanzministers gewesen. Mit dem umstrittenen
Funktionär sei er zwar seit zehn Jahren bekannt, aber: „Wir sind nicht
miteinander in die Schule gegangen, wir waren nie miteinander auf Urlaub.“
## Politische Gegenleistungen
Auch damit, dass im Aufsichtsrat der ÖBAG drei Kinder von ÖVP-Großspendern
sitzen, will Kurz nichts zu tun haben: „Ich bestelle den Aufsichtsrat
nicht.“ Gerne zog sich der Kanzler mit nichtssagenden Floskeln aus der
Affäre. Als ihm etwa eine Liste mutmaßlicher Großspender vorgelegt wurde:
„Ich erkenne da Personen, mit denen ich gesprochen habe und die gespendet
haben, und Personen, die nicht gespendet haben.“
Auf beharrliche Nachfrage ließ er sich dann einige Namen entlocken. Der
Immobilienhai René Benko, dem unter anderem die Galeria Karstadt Kaufhof
gehört, könne er als Spender für seine Regierungszeit ausschließen.
Ausschließen könne er auch, dass sich die Spender politische
Gegenleistungen erkauft hätten.
Dass eine Privatklinik kurz nach einer Parteispende in eine handverlesene
Gruppe aufgenommen worden sei, die sich vom Gesundheitsministerium
bestimmte Leistungen abgelten lässt, ließ Kurz auch unbeeindruckt. Dazu
habe er „keine Wahrnehmung“. Im Ausschuss hofft man, dass sich andere
Auskunftspersonen gesprächiger geben. Er wird noch fast ein Jahr arbeiten.
24 Jun 2020
## LINKS
[1] /Ausschuss-zur-Ibiza-Affaere-in-Oesterreich/!5690696
[2] /Ibiza-Affaere-in-Oesterreich/!5696146
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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