| # taz.de -- Vergabe der Frauen-Fußball-WM 2023: Chancenlose Vorbilder | |
| > Die Fußball-WM 2023 wird wohl Australien und Neuseeland ausrichten. | |
| > Japans kurzfristiger Rückzug zeigt, wie gut sich der Frauenfußball | |
| > entwickelt. | |
| Bild: Auf der großen Bühne angekommen: Japans Nationalteam dankt bei der WM 2… | |
| In Japan hat man sich zum Schluss chancenlos gefühlt. „Wir haben einige | |
| Wochen darüber nachgedacht“, sagte Kozo Tashima, der Präsident des | |
| Fußballverbands, „aber angesichts aller Umstände war dies die beste | |
| Entscheidung.“ Einerseits sei da die Pandemie gewesen, weshalb man sich in | |
| Japan nicht auf die Kampagnenarbeit konzentrieren konnte. Andererseits sei | |
| durch die Verschiebung der Olympischen Spiele unwahrscheinlicher geworden, | |
| dass man die Fifa noch hätte überzeugen können. So ist der Austragungsort | |
| der Frauenfußball-WM 2023 quasi vorab entschieden: Die erste WM mit 32 | |
| Mannschaften wird wohl in Australien und Neuseeland stattfinden. | |
| Dass sich Japan gegen die Ko-Bewerbung aus Ozeanien zuletzt chancenlos | |
| fühlte, kann als Zeugnis des Fortschritts im Frauenfußball gelten. Japan | |
| gehört nämlich nicht nur in Sachen Stadioninfrastruktur zu den führenden | |
| Nationen der Welt. Vor allem auf die weltweit immer wieder gern gestellte | |
| Frage, ob Fußball wohl ein Männersport sei, findet man in Japan eine | |
| deutliche Antwort: Nein, Fußball hat kein Geschlecht. Jeder spielt ihn, | |
| jeder guckt ihn. | |
| Vor rund zwei Wochen vergab die Fifa ihre Noten [1][für die | |
| WM-Bewerbungskonzepte]. Japan lag mit seinen 3,9 von 5 Punkten zwar | |
| deutlich vor Kolumbien und Brasilien, das sich auch bereits aus dem Rennen | |
| zurückgezogen hat. Aber Australien und Neuseeland erhielten mit 4,1 Punkten | |
| eine noch bessere Note. | |
| Die nächsten drei Jahre sieht die Fifa als Schlüsselphase an, um den | |
| Frauenfußball weltweit populärer zu machen. Es spricht für die Entwicklung | |
| des Sports, wenn es für dessen weitere Verbreitung eine noch bessere Wahl | |
| geben kann als Japan. Hier begegnet man dem [2][Frauenfußball nicht nur | |
| abends in der Kneipe], wenn gerade ein Länderspiel live übertragen wird. In | |
| den unzähligen „convini“ genannten Kleinsupermärkten prangen die | |
| Nationalspielerinnen als Werbefiguren an der Kasse. Mit einer WM in Japan | |
| hätte die Welt TV-Bilder und Zeitungsartikel aus einem Land gesehen, wo | |
| Frauenfußball wirklich populär ist. | |
| Schön und kämpferisch | |
| „Nadeshiko Japan“ nennt sich das Nationalteam, wobei sich das Wort | |
| „nadeshiko“ auf das traditionelle Frauenideal bezieht: anmutig, gut | |
| gekleidet, dezent. Jedoch haben die Erfolge der Fußballerinnen dem Begriff | |
| „nadeshiko“ einen moderneren Klang verpasst. Denn als Japan bei der WM 2011 | |
| in Deutschland [3][überraschend den Weltmeistertitel gewann], staunte das | |
| Publikum nicht nur über einen technisch versierten Stil, sondern auch über | |
| kämpferische Härte. | |
| „Schon während der WM 2011 kam die Fifa gezielt auf Japan zu, weil das Land | |
| als Beispiel fungieren sollte, wie man den Frauenfußball organisiert“, sagt | |
| Christian Tagsold, Japanologieprofessor an der Uni Düsseldorf und zuvor | |
| auch organisatorischer Betreuer der japanischen Frauenauswahl. „Japan galt | |
| ganz klar als best practice. Der ganze Trainingsbetrieb galt als gut, aber | |
| die Fifa interessiert immer der Markt. Japan galt auch als besonders gut | |
| vermarktet im Frauenfußball.“ | |
| Zwar profitiert der Männerfußball von mehr medialer Aufmerksamkeit und | |
| höheren Budgets. Aber selbst der Männerfußball ist in Japan | |
| überdurchschnittlich weiblich. Als Japan Anfang der 1990er Jahre die | |
| Männer-Profiliga J-League ins Leben rief, waren die meisten Männer eher an | |
| Baseball interessiert, weshalb man die Werbekampagnen insbesondere an die | |
| Frauen adressierte. | |
| Seit die Nadeshiko 2011 den WM-Titel gewann, sind auch an Sport kaum | |
| interessierte Japaner zumindest grundsätzlich über den Frauenfußball | |
| informiert. So wurde in den Medien zuletzt groß besprochen, dass Japan nun | |
| eine neue Profiliga der Frauen starten wird. In Japan hält man die Mission | |
| der Fifa, den Frauenfußball populärer zu machen, für weitgehend erfüllt. | |
| 24 Jun 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Felix Lill | |
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