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# taz.de -- Neuer Präsident des Verfassungsgerichts: Der Voßkuhle-Nachfolger
> Der Anwalt und CDU-Politiker Stephan Harbarth tritt sein neues Amt in
> Karlsruhe an. Umstritten ist er wegen seiner Nähe zu VW.
Bild: Konservativ: Stephan Harbarth bei einer Urteilsverkündung am 26. Mai in …
Freiburg taz | Schon Mitte Mai wurde Stephan Harbarth im Bundesrat zum
neuen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts gewählt. Doch erst an
diesem Montag wird er das neue Amt auch übernehmen. Er legt dann beim
Bundespräsidenten in Berlin einen Eid ab, während [1][sein Vorgän][2][ger
Andreas Voßkuhle] die Entlassungsurkunde erhält. Ab nun hat Harbarth eine
Amtszeit von noch rund zehn Jahren vor sich. Wie Voßkuhle kann er eine Ära
prägen.
Stephan Harbarth gilt als Spitzenjurist. Bereits als Student in Heidelberg
und an der US-Elite-Uni Yale hat er herausragende Ergebnisse erzielt. Als
Anwalt spezialisierte er sich auf Aktien- und Gesellschaftsrecht.
Doch Harbarth war immer auch ein politischer Mensch. Schon mit 15 trat er
in die Junge Union ein. Ab 2009 vertrat er den Rhein-Neckar-Kreis im
Bundestag. Ab 2016 war er stellvertretender Vorsitzender der
CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Der verheiratete Familienvater von drei
Kindern ist katholisch und gilt als konservativ. Zum Beispiel stimmte er im
Bundestag gegen die Einführung der Ehe für alle. Zugleich wurde er im
Parlament aber als sachlich und ausgleichend gelobt, auch von Kollegen der
Opposition.
Im November 2018 wurde Harbarth eher überraschend [3][zum Richter am Ersten
Senat des Bundesverfassungsgericht] gewählt. Kanzlerin Merkel soll sich für
den zurückhaltend-verbindlichen Harbarth eingesetzt haben, obwohl er kaum
Erfahrung mit Verfassungsrecht hatte. Damals wurde er sofort auch zum
Vizepräsidenten des Gerichts gewählt. Damit war klar, dass Harbarth 2020
zum Nachfolger von Präsident Voßkuhle aufsteigen werde.
## Nähe zur Automobilindustrie
Harbarths Amtszeit begann mit ungewöhnlich viel Misstrauen. Immer wieder
gab es Nadelstiche wegen seiner vorigen Anwaltstätigkeit und einer
befürchteten zu großen Konzernnähe. Es gab sogar mehrere Klagen am
Bundesverfassungsgericht, unter anderem von [4][Ex-AfD-Chefin Frauke
Petry], die aber alle mangels individueller Betroffenheit abgelehnt wurden.
Die Kritiker machen im Kern nur geltend, dass Harbarths ehemalige Kanzlei
SZA (Slogan „Zu uns kommen Konzerne“) im [5][Dieselskanda]l VW vertritt und
Harbarth in seiner Zeit als Anwalt mit seinen Wirtschaftsmandaten extrem
gut verdient hatte.
Die Vorstellung, ein Konzern könne in Karlsruhe einen genehmen
Verfassungsrichter installieren, ist aber recht abwegig. Denn auch der
Gerichtspräsident hat in der Abstimmung nur eine Stimme. Wer den Verdacht
erweckt, er vertrete fremde Interessen, würde bei den Richterkollegen
schnell jeden Respekt verlieren und bliebe isoliert und einflusslos.
Das Gleiche gilt auch für die Parteipolitik, die zweite vermeintlich offene
Flanke von Harbarth. Auch wenn er bis 2018 ein einflussreicher
CDU-Politiker war, musste er nun in Karlsruhe neu beginnen. Er ist aber
nicht der erste Gerichtspräsident, der vorher Politiker war. Auch Ernst
Benda, Roman Herzog und Jutta Limbach hatten vorher Regierungsämter inne.
Sie gelten inzwischen als herausragende Richterpersönlichkeiten.
22 Jun 2020
## LINKS
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[3] /Neuer-Verfassungsrichter-Harbarth/!5549564
[4] /Die-Blaue-Wende-in-Sachsen/!5465372
[5] /VW-Abgas-Skandal/!t5235406
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Stephan Harbarth
Bundesverfassungsgericht
Andreas Voßkuhle
Meinungsfreiheit
Bundesverfassungsgericht
Betriebsrente
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