Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Proteste in Nigeria: Morde und Entführungen
> Im Bundesstaat Katsina wollen viele die Gewalt von Banden und Terroristen
> nicht mehr akzeptieren. Auch Armut und Arbeitslosigkeit verschärfen sich.
Bild: Ruhe vor dem Sturm in Nigeria?
Coutonou taz | Es sind vor allem die Jungen, die in Katsina, Bundesstaat
mit gleichnamiger Provinzhauptstadt im Norden Nigerias, auf die Straßen
gehen. Anfang der Woche hatten sich Hunderte Jugendliche und junge
Erwachsene zu Fuß, auf Mopeds und Fahrrädern versammelt, um gegen die
anhaltende [1][Gewalt] zu protestieren.
Mitunter ist von Tausenden die Rede. Distanz, um die Verbreitung von
Sars-CoV-2 einzudämmen – Katsina hat 414 positive Tests –, zählt nicht.
Die Wut ist zu groß, kommt es doch mitunter täglich zu Überfällen,
Entführungen und Ermordungen. Die regierungskritische Onlinezeitung
HumAngle schreibt, dass allein vom 8. bis 15. Juni 75 Menschen umgebracht
wurden.
Die Auswirkungen sind verheerend. Die Arewa Youth Traders Association, ein
Zusammenschluss junger Geschäftsleute im Norden Nigerias, schreibt in einer
Mitteilung, dass sofort gehandelt werden müsse, um die Region nicht zu
zerstören. Die Situation habe Armut und Arbeitslosigkeit verschärft. Die
Auswirkungen der Gewalt im ländlichen Raum seien auch im Nachbarbundesstaat
Zamfara sichtbar: Farmland liegt brach, Familien gehen die Einkünfte aus,
Nahrungsmittel können knapp werden.
Gouverneur Aminu Masari vom regierenden All Progressives Congress (APC) hat
vor Journalist*innen eingestanden: „Ich habe versagt.“ Die Banditen seien
schlimmer als Tiere. Mit diesem Verhalten habe er nie gerechnet. Vor den
Wahlen im März 2019 hatte er noch betont, dass die Gewalt die
Nachbarbundesstaaten betreffe und Katsina friedlich sei.
## Wenig Chancen
Präsident Muhammadu Buhari, dessen Heimatbundesstaat Katsina ist, hat ein
Ende der Proteste gefordert. Das Militär würde sich um die aktuellen
Herausforderungen kümmern, sagte er. Amnesty International hat die
Regierung aufgefordert, Nastura Sharif, Chef einer Koalition
nichtstaatlicher Gruppierungen aus dem Norden, unverzüglich aus dem
Polizeigewahrsam zu entlassen. Er hatte die Proteste mit organisiert.
Katsina galt lange als eine ruhige, abseits gelegene Provinz, die schlecht
angebunden ist und aktuell wenig Chancen bietet. Wie der ganze Nordwesten
auch, der die ärmste Region Nigerias ist. Nicht einmal jede*r Dritte kann
lesen und schreiben.
Verschärft hat sich seit Jahren der Kampf um Ressourcen. Viehhirten, die
meist der ethnischen Gruppe der Fulani angehören, suchen nach Weideflächen.
Farmer, häufig Haussa, benötigen Ackerflächen. Beide haben
Selbstverteidigungsbündnisse gegründet. Organisierte Banden, die auch Vieh
stehlen, mischen ebenfalls mit. Den Konflikt verschärft der Klimawandel.
Fruchtbare Flächen werden kleiner, aus Bäumen wird Feuerholz.
Nach Einschätzung der Denkfabrik International Crisis Group (ICG) mit Sitz
in Brüssel gewinnen zudem Terrorgruppen an Einfluss. In einem Bericht von
Mai heißt es, dass die Region eine Landbrücke für Terroristen werden könne,
die im Sahel und um den Tschadsee operierten. Da die Grenzen schlecht
gesichert sind, dürften der Transport von Waffen und der Austausch von
Kämpfer*innen problemlos sein.
## Westafrikanische Vernetzungen
Zwar wurden die Terrorbewegungen lange einzeln betrachtet. Doch seit 2019
werden westafrikanische Vernetzungen deutlicher. Laut Informationen der ICG
könnte zudem eine inaktive Terrormiliz, Ansaru, wieder aufleben.
ICG schreibt, dass durch den Konflikt im Nordwesten seit 2011 mindestens
8.000 Menschen gestorben und über 200.000 nach Niger geflüchtet seien. Im
April hatte das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) vor allem in
der Region Maradi 23.000 Neuankünfte gezählt. Da die Gewalt sich in die
Grenzregionen ausdehnt, sind auch auf nigrischer Seite 19.000 Menschen
geflohen.
19 Jun 2020
## LINKS
[1] /Massaker-in-Nigeria/!5669326
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Protest
Nigeria
UNHCR
Nigeria
Nigeria
Nigeria
## ARTIKEL ZUM THEMA
Polizeigewalt in Nigeria: Wenn die Polizei foltert und mordet
Einer nigerianischen Sondereinheit werden schwere
Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Amnesty International hat 80 Fälle
aufgezeichnet.
Menschenrechte in Nigeria: Reisfabrik wird zum Gefängnis
Im Norden Nigerias wurden Arbeiter*innen während Corona zur Produktion
gezwungen. Drei Monate lang durften sie die Fabrik nicht verlassen.
Massaker in Nigeria: „Banditen“ überfallen Dörfer
In früher ruhigen Gebieten Nigerias gibt es immer mehr brutale Gewalt.
Überfälle im Bundesstaat Kaduna fordern 51 Tote.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.