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# taz.de -- Massaker in Libyen: Miliz tötet mehr als 30 Migranten
> Weil sie sich gegen ihre Folterknechte gewehrt hatten, wurde eine Gruppe
> entführter Migranten ermordet. Das Verbrechen wird wohl ungesühnt
> bleiben.
Bild: Dorthin wollten die Männer, die in Mizda starben: Essensausgabe für Mig…
TUNIS taz | In der 150 Kilometer südlich von Tripolis liegenden Stadt Mizda
wurden in dieser Woche mehr als 30 Migranten umgebracht und mindestes 11
weitere verletzt. Nach Angaben des libyschen Innenministeriums und der
Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ sei das Massaker ein Racheakt
gewesen. Eine Miliz haben den Tod des Chefs einer Gruppe von
Menschenhändlern vergelten wollen.
Die in Mizda festgehaltenen Migranten waren auf dem Weg von Bengasi nach
Tripolis von den Menschenhändlern entführt worden. Vor ihrer Abfahrt aus
Bengasi hatten einige von ihnen dem Botschafter Bangladeschs in Libyen
telefonisch mitgeteilt, auf einer Baustelle in der libyschen Hauptstadt
Arbeit gefunden zu haben.
Augenzeugen aus Mizda berichteten der taz, dass die Entführer nach der
Ankunft in einer als Gefängnis dienenden Lagerhalle in Mizda begannen,
Videos von Folterungen ihrer Geiseln zu drehen, um Geld von Verwandten zu
erpressen. Solche Aufnahmen werden üblicherweise per WhatsApp an die
Angehörigen verschickt. Jedoch hätten die Gefolterten im Verlauf der
Ereignisse den Anführer der Menschenhändler überwältigen können. Sie sollen
den Mann umgebracht haben.
Dessen Familie wollte daraufhin in die Fabrikhalle eindringen, doch andere
Migranten, die von den Betreibern des Gefängnisses als Wachen angeheuert
und mit Kalaschnikows ausgerüstet wurden, hätte dies verhinderten.
Schließlich sei eine dem Islamischen Staat nahestehende Miliz unter Einsatz
schwerer Waffen auf das Gelände gestürmt.
26 der bei der Stürmung Getöteten seien aus Bangladesch, vier aus
afrikanischen Ländern, gab das das Krankenhaus in Mizdah später bekannt.
## Das Massaker sorgt auch in Libyen für Aufsehen
Das Innenministerium in Tripolis erklärte am Freitag, man wolle die Täter
festnehmen lassen. [1][Jedoch sind Polizei und staatliche Institutionen aus
der Hauptstadt in der Umgebung von Mizdah machtlos]. Die Stadt wird
teilweise von der libyschen Nationalarmee (LNA) des Generals Khalifa Hafter
kontrolliert. In den vergangenen Wochen war es immer wieder zu Kämpfen
zwischen der Regierung in Tripolis und der LNA gekommen, die [2][mehr als
ein Jahr lang vergeblich versucht hat, die libysche Hauptstadt
einzunehmen].
Für den Menschenrechtsaktivisten Younis Issa ist das Massaker ein Indiz
dafür, dass die Lage auf der Migrationsroute aus dem Sudan und Niger durch
Libyen außer Kontrolle geraten ist: „Für viele bewaffnete Gruppen bietet
sich die Möglichkeit, Geld mit dem Transport, der Vermittlung oder der
Entführung der Migranten zu verdienen. Die Durchreisenden füllen als
Tagelöhner eigentlich die Lücke der geflohenen Gastarbeiter aus Tunesien
und Ägypten, mit oder ohne Bezahlung. Doch seit der militärischen
Eskalation der vergangenen Wochen werden viele Migranten einfach entführt.“
Wegen der Kämpfe in den Küstenstädten können die Menschenhändler die
Migranten nicht mehr auf Boote in Richtung Europa bringen. In Mizda, Beni
Walid und andernorts warten Tausende Migranten auf die Beruhigung der Lage.
Da die Logistikkette der Schmuggler unterbrochen sei, so Issa, fehle es den
Migranten an allem: Geld, Essen und Informationen.
Ein Mitarbeiter der libyschen Hilfsorganisation Roter Halbmond berichtete
der taz, dass die Täter wegen der Kriegssituation wohl nicht zur
Rechenschaft gezogen würden. „Niemand kann sich mit der Miliz und den
Entführern anlegen“, so der Helfer, der einige der Verletzten im
Krankenhaus gesprochen hat. Das Massaker sorge wegen der Zahl der Opfer
auch in Libyen für Aufsehen, sagt er, Morde an Migranten kämen ansonsten
täglich vor. In Libyen werden viele der derzeit über 8000 Migranten, die
sich in offiziellen und privaten Gefängnissen befinden, zu Zwangsarbeit
verpflichtet oder gefoltert.
30 May 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
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