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# taz.de -- Rechter Esoteriker bei Naturkostfirma: Chemtrails bei Rapunzel
> Gerade ist der Biopionier Rapunzel durch Äußerungen seines Gründers in
> die Kritik geraten. Nun kommt heraus, dass ein Klimawandelleugner dort
> auftrat.
Bild: Joseph Wilhelm posiert vor Rapunzel-Werbung in Legau
Berlin taz | „Homöopathie für Pflanzen“, „Sternenstaub und Eulenrufe“,
„Mythen, Sagen, LichtBildKlänge“ – so lauten Titel der „[1][Rapunzel
Events]“, einer öffentlichen Veranstaltungsreihe, die seit vier Jahren
regelmäßig im firmeneigenen Veranstaltungsraum im schwäbischen Legau
stattfinden. Die Rapunzel-Veranstaltungen ziehen zwischen 50 und 200
Besucher*innen an und sind zum Teil online als Videomitschnitte verfügbar.
Bisweilen treten hier auch Dozenten auf, die zumindest zweifelhafte
Ansichten vertreten. So am 12. Juli 2018 Ralf Otterpohl, seit 1998 Leiter
des Instituts für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz an der TU Hamburg.
Der [2][Uniprofessor ist als Klimawandelleugner und
Verschwörungstheoretiker] zumindest umstritten: Studenten der TU Hamburg
[3][beschwerten sich erst im Februar in einem offenen Brief über
Otterpohl], weil er in Univeranstaltungen über den „CO2-Mythos“ referiert
hatte und „derjenigen Person 2.000 Euro geboten hat, die die Auswirkungen
von CO2 nachweisen könne“.
Bei Rapunzel redete Otterpohl über die Thesen seines Buchs „Das neue
Dorf“. Hier bewirbt der Professor die völkisch-antisemitische
Anastasia-Siedlerbewegung aus Russland, die seit Jahren auch in
Deutschland, vornehmlich im Osten, sogenannte Familienlandsitze etabliert
und sich nach außen als harmlose Ökobewegung präsentiert.
Ob die Thesen Otterpohls mit dem Weltbild des Rapunzel-Firmengründers und
-geschäftsführers Joseph Wilhelm übereinstimmen, muss inzwischen zumindest
hinterfragt werden. Rapunzel, Biopionier aus dem Unterallgäu, musste Mitte
Mai [4][Stellungnahmen Wilhelms wegen Boykottaufrufen von KundInnen aus
dem Internet] entfernen. Wilhelm hatte sich hier als Impfgegner und
Anhänger von Verschwörungsmythen geoutet. Mund-Nasen-Masken bezeichnete er
als „Maulkörbe“, eine gesunde Ernährungsweise sei der beste Schutz gegen
Infektionskrankheiten. Rapunzel beschäftigt nach eigenen Angaben über 380
MitarbeiterInnen und erwirtschaftete 2017 einen Gewinn von 17,4 Millionen
Euro.
## Rechtsnationalistischen Haltungen nahe
Mit Otterpohl hat Rapunzel nun offensichtlich einer Person ein Forum
gegeben, die rechtsnationalistischen Haltungen nahesteht. Bei den
Anastasia-Selbstversorgern befinden sich auch Rechtsesoteriker wie Frank
Willy Ludwig, der l[5][aut einer Recherche des Bayerischen Rundfunks (BR)]
erklärte: „Die jüdische Rasse werdet ihr an der grauen Hautfarbe und den
dunklen, finsteren Augen der Nacht erkennen.“
In den Fantasyromanen von Wladimir Megre, auf denen das
Anastasia-Siedlungskonzept beruht, liest man, dass Jüdinnen und Juden die
Regierungen manipulierten und ein jüdischer Oberpriester die Welt
beherrsche. Otterpohl schreibt in seinem Buch auf Seite 76: „Anastasia
liefert spannende, überraschende und oft sehr praktische Vorschläge,
interessante Bewertungen des Stadtlebens und sehr weitreichende Visionen
für die Zukunft“
Trotz Professorentitel vertritt er hier eine wirre
verschwörungsideologische Mischung aus Kennedy-Mord, Chemtrails,
gefährlicher Fluorid-Zahnpasta („Gehirnzerstörung!“) und von der
Pharmaindustrie verhinderter Krebsheilung durch Naturkräfte. All dies
konnten die ZuschauerInnen auch im Juli 2018 bei Rapunzel in Legau hören
oder später am Bildschirm nachverfolgen: Aus dem Publikum ist Zustimmung zu
den Thesen Otterpohls zu vernehmen.
Zwischendurch erläutert der Professor auch wenig problematische
Möglichkeiten zur Bekämpfung der weltweiten Bodenerosion. Nach dem Vortrag
Otterpohls stellte Robert Briechle, der der „Reichsbürger“-Bewegung
nahesteht, seinen Landsitz im Allgäu vor.
## „Erfrischender Aufruf zu Optimismus“
Recherchen der Autorin dieses Beitrags führten dazu, dass Rapunzel Video
und Veranstaltungsbericht von seiner Website entfernte. Zuvor hatte es dort
noch begeistert geheißen, das Event sei ein „erfrischender Aufruf zu
Optimismus und dem Mut, das Leben in die eigene Hand zu nehmen“ gewesen.
4.500 Aufrufe hatte das Video bis zu seiner Löschung immerhin generiert.
Eine Pressesprecherin betonte auch bei einer erneuten Anfrage der taz, der
Konzern habe nichts mit „rechtsextremen und verwandten Ideologien“ gemein.
„Zum damaligen Zeitpunkt lagen uns keinerlei Informationen zu einer Nähe zu
rechtsextremen, völkischen, antisemitischen oder antidemokratischen
Gedanken oder Netzwerken vor“, heißt es in der Stellungnahme.
Erst nach „ausführlich kritischen Hinweisen von Kundenseite zu den
Beiträgen und Positionen Herrn Otterpohls“ habe man „nach intensiver
Diskussion das Vortrags-Video und den Nachbericht zu der Veranstaltung“ aus
dem Netz genommen.
Recherchen zeigen: Otterpohl ist eng mit der Anastasia-Bewegung verbandelt.
Bereits im April 2018 hatte der Professor im schweizerischen Elfingen
„geomantische“ Kurse zur Wahrnehmung von sogenannten Elementarwesen
angeboten. Veranstaltungsort: Der „Garten Weden“, einer der
Familienlandsitze der Anastasia-Bewegung. Geomantie, also eine esoterische
„Erfahrung“ von Energiefeldern, dem Feng-Shui nicht unähnlich, empfahl der
Professor auch dem Rapunzel-Publikum und seinen Student*innen.
## Thesen nicht mehr in der Hochschule
Erst im November distanzierte sich Otterpohl wenig glaubwürdig von den
problematischen Siedlern, denn gleichzeitig bestärkte er seine enge
Zusammenarbeit mit dem Briechle-Hof.
Immerhin will Otterpohl künftig seine kruden Thesen nicht mehr in der
Hochschule verbreiten: Nach der Beschwerde der StudentInnen habe „ein
konstruktiver Austausch“ stattgefunden, heißt es in einer Stellungnahme der
TU Hamburg. Otterpohl habe versichert, „die Inhalte seiner Forschung und
Lehre künftig von seinen privaten Interessen zu trennen und so auch auf das
TU-Logo bei außeruniversitären Veranstaltungen zu verzichten.
Bis zum heutigen Stand hat uns“, schreibt die TU, „nach diesem Gespräch
keine weitere Beschwerde seitens der Studierendenschaft erreicht.“
Zu diesem Text erhielten wir eine Stellungnahme von Ralf Otterpohl, die wir
hiermit im Sinne einer breiten Debatte unkommentiert und ohne Überprüfung
des Wahrheitsgehalts veröffentlichen.
„In dem Artikel über mich sind mehrere falsche Darstellungen. Die
Diskussion über die vielfältigen Ursachen des Klimawandels wird unter
Wissenschaftlern breit geführt. Im Gegensatz zur Behauptung im Artikel ist
ein wesentlicher Punkt meiner Vorträge die Aussage, dass der
menschengemachte Klimawandel ganz erheblich ist und besonders stark auf
Abholzung, falsche Beweidung und ganz besonders die Bodenzerstörung durch
die agrochemische Landwirtschaft zurückzuführen ist. Damit bin ich Teil des
breiten wissenschaftlichen Konsenses und kein „Klimawandelleugner“.
In meinem Buch „Das neue Dorf“ mache ich nicht, wie behauptet, Werbung für
die Anastasia-Buchreihe aus Russland und die nach ihr benannte Bewegung.
Ich stelle sie lediglich, neben zahlreichen anderen Ansätzen für Ökodörfer
in aller Welt, in einem kurzen Abschnitt vor, der auch einen kritischen
Hinweis auf die inakzeptablen Einstellungen einzelner Akteure enthält. Ich
hatte mit dieser Gärtnerbewegung, im Gegensatz zur Behauptung, nur sehr
sporadisch zu tun und bin mit ihr nicht „eng verbandelt“.
Ich stehe keiner rechtsnationalistischen Haltung nahe und distanziere mich
entschieden von Äußerungen wie dem von Frau Landwehr eingefügten Zitat von
Frank Willy Ludwig. Hier wird suggeriert, dass ich solche Äußerungen teile.
Das entspricht absolut nicht den Tatsachen. Die von Frau Landwehr
verwendeten Etikettierungen „Verschwörungstheoretiker“ und „rechter
Esoteriker“ sind rufschädigend und ehrverletzend.
Der Fachbegriff für „Chemtrails“ ist „Geo-engineering“. Dessen illegale
Anwendung ist mit vielen wissenschaftlichen Publikationen und auch
behördlichen Messwerten von drastisch gestiegenen Aluminiumbelastungen der
Atmosphäre leider sehr wahrscheinlich. Gehirnschädigungen und
Intelligenzverlust durch Fluoridbelastungen (insbesondere Natrium-Fluorid)
sind wissenschaftlich gesichert.“
3 Jun 2020
## LINKS
[1] https://www.rapunzel.de/veranstaltungen.html
[2] https://www.belltower.news/zwischen-wissenschaft-und-rechtsesoterik-verbrei…
[3] https://stupa-tuhh.de/wp-content/uploads/Offener_Brief_Otterpohl.pdf
[4] /Chef-der-Biomarke-Rapunzel-zu-Corona/!5683866
[5] https://www.youtube.com/watch?v=sp0sx6eZiTk
## AUTOREN
Mira Landwehr
## TAGS
Bio-Lebensmittel
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