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# taz.de -- Neue Coronazahlen des RKI: Kein Rückgang? Kein Problem!
> Die Zahl der täglichen Neuinfektionen stagniert bei knapp 1.000. Vor
> kurzem hielt das RKI diesen Wert für noch zu hoch, nun gilt er als
> akzeptabel.
Bild: Im Tagesbericht des RKI vom Dienstag entfallen allein 259 neue Fälle auf…
Berlin taz | Anders als in den vergangenen Wochen ist die Zahl der
Corona-Neuinfektionen, die täglich beim [1][Robert-Koch-Institut (RKI)]
gemeldet werden, in dieser Woche kaum noch gesunken. Das zeigen die neusten
Fallzahlen des Instituts. Stattdessen hat sich der über 7 Tage gemittelte
Wert auf einem relativ konstanten Niveau von 900 bis 1.000 Fällen pro Tag
eingependelt. Die Reproduktionszahl, die angibt, wie viele weitere Menschen
jeder Infizierte im Schnitt ansteckt, schwankte in den letzten Tagen um den
Wert von 1.
„Wir nähern uns einem Plateau der täglichen Fallzahlen an“, erklärte
RKI-Vizepräsident Lars Schaade am Dienstag in seiner Pressekonferenz. Ob
die Zahl von rund 1.000 Neuinfektionen am Tag eine erträgliche
Größenordnung ist, darüber gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten –
offenbar auch innerhalb des Robert-Koch-Instituts. Als entscheidend gilt,
ob die Gesundheitsämter in der Lage sind, für alle neuen Fälle die engen
Kontakte zu ermitteln, um sie in Quarantäne zu schicken oder testen zu
können.
Auf die Frage, wo diese Grenze liege, hatte RKI-Vizepräsident Schaade am
24. April noch gesagt, dafür sei erforderlich, „dass diese Fallzahlen auf
wenige hundert pro Tag sinken“. Nur vier Tage später antwortete
RKI-Präsident Lothar Wieler auf die gleiche Frage, er würde „grob von einer
Zahl von 1000 ausgehen“ – was genau jenem Wert entspricht, der erreicht
war, als die Politik [2][weitreichende Lockerungen] der Corona-Maßnahmen
beschlossen hat.
Eine echte Erklärung für diesen Unterschied gibt es nicht. „Das ist
letztlich eine Einschätzungsfrage“, erklärte Schaade am Dienstag –
verbunden mit der Behauptung, wenige hundert und 1000 seien „nicht so weit
auseinander, dass das nun als echter Widerspruch interpretiert werden
kann“.
ifo-Institut gegen zu schnelle Lockerung
Zu einer anderen Einschätzung kommt das Helmholtz-Institut für
Infektionsforschung in einer gemeinsamen Studie mit dem ifo-Institut für
Wirtschaftsforschung, die am Mittwoch veröffentlicht wurde ([3][hier als
pdf]). In dieser wird gefordert, „die Zahl der Neuinfektionen auf rund 300
Fälle pro Tag zu reduzieren“. Erst dann könne davon ausgegangen werden,
dass die Gesundheitsämter in der Lage sind, alle Kontaktpersonen zu
identifizieren.
Helmholtz- und ifo-Institut plädieren deshalb gemeinsam dafür, zunächst nur
leichte, schrittweise Lockerungen der Corona-Beschränkungen vorzunehmen. So
könne die Reproduktionszahl bei 0,75 gehalten werden, bis die Zahl der
täglichen Neuinfektionen auf 300 gesunken ist. Das sei nicht nur aus
gesundheitlicher Sicht vorteilhaft, sondern auch aus ökonomischer.
Eine stärkere Lockerung wäre wirtschaftlich zwar kurzfristig günstiger.
Doch die Beschränkungen müssten dann so lange bestehen bleiben, „dass die
wirtschaftlichen Kosten über den gesamten Zeitraum der Jahre 2020 und 2021
insgesamt höher ausfallen würden“.
Anders als viele Unternehmensverbände plädiert das wirtschaftsnahe
ifo-Institut als Konsequenz aus der Anlyse darum für Zurückhaltung. „Vor
diesem Hintergrund müssen die weitergehenden Lockerungen, die in allen
Bundesländern Anfang Mai beschlossen wurden, kritisch beobachtet werden“,
heißt es in der Studie.
## Viele Fälle in Gemeinschaftseinrichtungen
Um die Gesundheitsämter bei der Ermittlung von Kontaktpersonen zu
unterstützen, finanziert das Robert-Koch-Institut ihnen 400 neue, temporäre
Stellen. Diese sind aber [4][noch immer nicht vollständig besetzt]. Auch
die App, die die Verfolgung von Kontakten erleichtern soll, ist noch nicht
einsatzbereit.
Erleichtert werden könnte die Situation dadurch, dass rund die Hälfte der
neuen Fälle derzeit in Gemeinschaftseinrichtungen auftritt, wo eine
Nachverfolgung einfacher sein dürfte. Im Tagesbericht des
Robert-Koch-Instituts vom Dienstag entfallen allein 259 neue Fälle auf
Heime und 147 auf medizinische Einrichtungen. Schulen und Kindergärten
spielen mit 56 Fällen dagegen bisher nur eine geringe Rolle.
13 May 2020
## LINKS
[1] /RKI-beendet-Pressekonferenzen/!5683557
[2] /Lockerungen-bei-Corona-Massnahmen/!5684105
[3] http://www.ifo.de/DocDL/sd-2020-digital-06-ifo-helmholtz-wirtschaft-gesundh…
[4] /Verfolgung-von-Infektionsketten/!5681158
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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