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# taz.de -- TV-Krimiserie auf ZDFneo: Ex-Knacki trifft Anwältin
> Eine neue Serie nach Jens Lapidus reiht sich in die lange Tradition der
> Schwedenkrimis ein. Die ersten Folgen sind vielversprechend.
Bild: Josefin Asplund und Alexej Manvelov spielen in „Hidden Agenda“ ein un…
Einen Monat ist es jetzt her, da ist eine schwedische Schriftstellerin
gestorben, die in ihrem Genre nicht weniger einflussreich war als Astrid
Lindgren mit ihren Kinderbüchern: Maj Sjöwall war so etwas wie die Mutter
des Schwedenkrimis. Und auch wenn sie nach den zehn mit Per Wahlöö zusammen
verfassten Kommissar-Beck-Romanen gar nicht mehr viel veröffentlicht hat:
Ohne diese programmatisch „Roman über ein Verbrechen“ überschriebene,
zwischen 1965 und 1975 erschienene Dekalogie wäre der quantitativ wie
qualitativ beeindruckende Krimi-Output – in den Bereichen Buch, Film und
TV-Serie – eines Zehn-Millionen-Einwohner-Landes, von Mankell bis Larsson –
um nur zwei vor Sjöwall verstorbene Epigonen zu nennen – nicht denkbar.
Zu Maj Sjöwall und ihrer Vorarbeit muss jeder Schwedenkrimi sich verhalten,
selbst wenn er sich von ihr abgrenzen will. Denn gewiss kann einem der
zeittypisch kapitalismuskritische Impetus, der penetrant
gesellschaftskritische Subtext auch schon mal auf den Senkel gehen. Und
erscheint nicht rückblickend dieses von Sjöwall/Wahlöö bemäkelte
Olof-Palme-Folkhemmet-Schweden als reinstes Idyll? Zu einer Zeit, da eine
Gewaltspirale unter kriminellen Banden das Land in Aufruhr versetzt,
Schießereien und Bombenanschläge inklusive?
Die hierzulande (als „GSI – Spezialeinheit Göteborg“) völlig unterbewer…
„Johan Falk“-Serie hat diese Realität mustergültig, nämlich gewalttätig…
actionlastig abgebildet, wie auch die drei „Snabba Cash“/„Easy Money“-F…
nach Vorlage von Jens Lapidus. Joel Kinnaman hat in beiden Reihen
Hauptrollen gespielt und danach Karriere in Hollywood gemacht.
Veritabler Cliffhanger in Folge Zwei
Vielleicht gelingt das auch noch dem in Moskau geborenen Alexej Manvelov.
Seine Ausstrahlung besticht durch diese tolle Mischung aus
Gewaltbereitschaft und Sensibilität und hat gefühlt zuletzt vier von fünf
Skandinavien-Krimis (wie „Hanna Svensson – Blutsbande“, „Stockholm Requ…
oder „Occupied – Die Besatzung“) bereichert. So ist er nun auch in einer
neuen Jens-Lapidus-Verfilmung mit von der Partie.
Wie schon „Greyzone“ und die dänische Serie „Countdown Copenhagen“ gilt
„Hidden Agenda“ (Regie: Molly Hartleb, Alexis Almström) dem ZDF offenbar
als zu klein und schmutzig fürs Hauptprogramm. Was man auch als Versprechen
auffassen kann – das die beiden ersten (von acht) für Journalisten vorab zu
sehenden Folgen durchaus einlösen.
Tatsächlich endet Folge zwei mit einem veritablen Cliffhanger. Mehr als
dass Alexej Manvelov in dieser Szene mit einem Ford Mustang aus einer
Garage fährt, soll dazu an dieser Stelle nicht verraten werden. Am Anfang
der Serie ist er – ist Najdan Maksumic, genannt Teddy, nach zehn Jahren aus
dem Gefängnis entlassen worden, mit dem festen Vorsatz, seine kriminelle
Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Er hat vergessen, dass er eine Figur in einem Schwedenkrimi ist, der sich
zur Gesellschaftskritik à la Maj Sjöwall verhalten muss. Er kann seiner
Herkunft nicht entkommen. Er habe keine Berufserfahrung, keinen Abschluss
und keine Begabung, sagt ihm seine Schwester. Bald schon meldet sich der
Boss seiner alten serbischen Bande: „Jemand hintergeht mich. Du musst mir
helfen, ihn zu finden.“ / „Und warum ich?“ / „Ganz einfach. Du bist ger…
rausgekommen. Deshalb warst du es zu 100 Prozent nicht.“
Wirtschaftsanwältin mit festen Zielen
Also setzt sich Teddy auf die Fersen von Emily Jansson (Josefin Asplund,
„Vikings“), die sich als Anwältin in einer noblen Wirtschaftskanzlei gegen
schnöselige männliche Kollegen behaupten muss, das Ziel fest vor Augen,
denn auch sie will etwas hinter sich lassen: ihre kleinbürgerliche
Herkunft. Von ihrem Vater hat sie einen Berg Schulden geerbt, es drohen
Zwangsversteigerung und Privatinsolvenz.
Maj Sjöwall lässt grüßen. Der Krimi-Stil des ehemaligen Strafverteidigers
Jens Lapidus ist schnörkellos modern und dramaturgisch effizient – und
steht in einer Tradition, die zu verleugnen schlicht keine Option ist.
Emily und Teddy haben nur auf den ersten Blick ganz unterschiedliche
Motive. Den – nicht ganz – spurlos verschwundenen Unternehmenserben Philip
Schale nicht zu finden, ist für beide keine Option.
29 May 2020
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
Fernsehserie
TV-Krimi
Schweden
Serien
Fernsehserie
ARD
Fernsehserie
ZDF
ZDFneo
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