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# taz.de -- Protest gegen Prof. Homburg: Hygiene im Hörsaal
> An der Uni Hannover eskaliert der Konflikt um den Corona-kritischen
> Finanzwissenschaftler Stefan Homburg.
Bild: Der hannoversche Finanzwissenschaftler ließ sich in Stuttgart feiern
Hannover taz | Es ist der Höhepunkt einer Eskalation, die einem
altbekannten Muster zu folgen scheint. Seit Wochen sorgt der Professor und
Leiter des Instituts für Öffentliche Finanzen an der Leibniz-Universität
Hannover, [1][Stefan Homburg], mit seinen Auftritten auf Demonstrationen
gegen die Corona-Maßnahmen für Kopfschütteln. Nachdem die höchsten Gremien
der Universität sich am Wochenende beratschlagt hatten, veröffentlichten
Präsidium, Senat und Hochschulrat am Montag eine [2][gemeinsame Erklärung],
in der sie sich mit deutlichen Worten von Homburg distanzierten.
Das Fass zum Überlaufen brachte offenbar ein Tweet Homburgs von vor zehn
Tagen, in dem er schrieb: [3][„das hier IST 1933“]. Das Rumoren an der Uni
wurde danach lauter: Am vergangenen Freitag veröffentlichten linksjugend,
Grüne Jugend und Jusos einen [4][Offenen Brief], in dem sie Konsequenzen
und Homburgs Entlassung forderten.
Bekannt wurde auch, dass der Professor [5][zwei Studenten gesperrt] hatte,
die sich im Uni-internen Forum zu seiner Online-Vorlesung „Öffentliche
Finanzen“ kritisch mit seinen Corona-Thesen auseinandergesetzt hatten.
Mehr als die Distanzierung von Homburg könne man allerdings nicht tun, sagt
die Sprecherin der Uni Hannover, Mechthild Freiin von Münchhausen, und
verweist auf das hohe Gut der Meinungs- und Forschungsfreiheit. Was mit den
beiden rausgeworfenen Studenten passieren solle, werde jedoch noch geprüft.
Grundsätzlich habe aber ein Professor natürlich das Recht in seiner
Vorlesung sachfremde Diskussionen zuzulassen oder zu unterbinden.
## Keine saubere Trennung zwischen Dienst und Politik
Das wiederum findet Noah, einer der betroffenen Studenten, der nicht
möchte, dass sein Nachname bekannt wird, äußerst fragwürdig: „Es gibt doch
sonst gar keine Möglichkeit zu protestieren als eben online“, sagt er. „Wir
sind ja im Moment völlig abgeschnitten.“
Andere Kritiker werfen Homburg vor, selbst nicht immer sauber zwischen
dienstlichen und privat-politischen Belangen zu trennen. So verweist
Homburg auf seiner Uni-Seite nicht nur auf die wissenschaftlichen
Publikationen, sondern auch auf seine Beiträge zur Corona-Krise – darunter
finden sich Beiträge in Medien wie Welt, Rheinische Post und Handelsblatt,
aber auch auf einschlägigen Kanälen wie Tichys Einblick, Achse des Guten
und Punkt.Preradovic.
Das sei aber zulässig, sagt die Uni-Sprecherin. Dafür, dass Homburg auch
Uniressourcen genutzt habe, um zum Beispiel Youtube-Videos seiner Reden
hochzuladen, wie es die linken Jugendorganisationen behaupteten, gäbe es
keine Belege.
Homburg selbst sieht sich als Opfer einer Kampagne und droht verschiedenen
Medien mit Klagen. Auf einer lokalen Webseite tauchte ein offener Brief mit
seinem Briefkopf auf, der Ähnliches behauptet. Kritiker wie er sollten
mundtot gemacht werden, klagt er. Auf eine Interviewanfrage der taz
reagierte er nicht.
## Er knüpft ans Repertoire der Rechtspopulisten an
Bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen war der Professor von
Anfang an dabei. Wobei er bei seinem ersten Auftritt in Hannover dem NDR
noch sagte, er sei da eher zufällig rein geraten und auf das Rednerpult
gebeten worden. Die mehrstündige Anfahrt zur Groß-Demonstration in
Stuttgart am 9. Mai nahm er dann aber mit voller Absicht auf sich.
Die Bewegung feiert den Wirtschaftswissenschaftler und Steuerberater.
Anfangs konzentrierte er sich vor allem darauf, seine Zahlenaffinität zu
nutzen, um die statistischen Grundlagen der Corona-Maßnahmen anzuzweifeln.
Mittlerweile fallen immer mehr Äußerungen, die an das Repertoire der
Rechtspopulisten anknüpfen: Er spricht von verlogenen Eliten, korrumpierten
Wissenschaftlern, gleichgeschalteter Presse.
Wobei die Rede vom aufgeblasenen Medienhype zu Homburgs Standardanalyse
gehört: Damit kritisierte er schon die „angebliche“ Wirtschafts- und
Finanzkrise 2009 – was ihm viel mediale Aufmerksamkeit bescherte, im
eigenen Fach aber eher einen Außenseiterstatus. Seine Kritik an der
Bankenrettung wurde damals allerdings auch von links noch gern zitiert. Das
gab sich spätestens nachdem ihn die Frankfurter Allgemeine Zeitung 2013
[6][unter den Unterstützern der neu gegründeten AfD verortete].
Die Wandlung zum prominenten Corona-Skeptiker folgt also möglicherweise
einer Logik, die keine so ganz große Überraschung ist.
In einer früheren Textfassung wurden Tichys Einblick, die Achse des Guten
und Punkt.Preradovic irrtümlich als „neurechte“ Kanäle bezeichnet. Wir
haben das korrigiert.
26 May 2020
## LINKS
[1] https://www.fiwi.uni-hannover.de/homburg.html
[2] https://www.uni-hannover.de/de/universitaet/aktuelles/online-aktuell/detail…
[3] https://twitter.com/SHomburg/status/1262097269295382528
[4] https://gj-nds.de/wp-content/uploads/2020/05/OffenerBrief_Homburg.pdf
[5] https://www.deutschlandfunk.de/uni-hannover-umstrittener-professor-homburg-…
[6] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/konjunktur/afd-alternative-fuer-deut…
## AUTOREN
Nadine Conti
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