# taz.de -- Berliner Kunsthochschule mit Coronavisor: Schutz als Designaufgabe | |
> In einem Projekt der Kunsthochschule Weißensee werden Schutzschilder am | |
> 3D-Drucker hergestellt, die derzeit auch an der Charité getestet werden. | |
Bild: Damit auch ja nichts ins Auge geht: ein Weißensee-Visor, modellhaft getr… | |
BERLIN taz | Tatsächlich steht man derzeit ja auch in Sachen Design vor | |
besonderen Aufgaben. Wobei es eigentlich gar nicht um eine Schickness gehen | |
muss bei den gern auch selbstgenähten Masken, die gerade überall vor Mund | |
und Nase zu sehen sind. Sie müssen nicht hübsch aussehen. Sie sollen | |
helfen. Träger der einfachen Modelle schützen möglicherweise die anderen, | |
denen man so begegnet auf dem Weg. Und die professionellen Masken, die etwa | |
die Menschen in Kliniken tragen, sollten doch vor einer Infektion schützen. | |
Damit dann aber auch wirklich nichts ins Auge geht, klemmt man sich besser | |
noch ein Schutzschild vors Gesicht. Ein Fall für das Produktdesign. Und bei | |
der Herstellung von so einem Visor ist nun die Kunsthochschule Weißensee | |
mit im Spiel. | |
Initiatorin des Projekts war die Professorin für Produktdesign Carola | |
Zwick. Im März regt sie die in einem Stipendiumpool organisierten | |
Produktdesign-Alumni der Schule an, sich doch mal mit der aktuellen | |
Situation und damit eben Corona zu beschäftigen. So fanden sich | |
verschiedene Gruppen. Eine interessierte sich für Gesichtsmasken, und die | |
zweite arbeitete eben an dem Schutzschild, erzählt Georg Klöck, der in | |
Weißensee im vergangenen Jahr seinen Abschluss in Produktdesign gemacht | |
hat, und mit Max Blazek, gleichfalls Produktdesigner, aber aktuell noch | |
studierend an der Kunsthochschule, das Visor-Projekt organisiert. | |
Wieso man auf die Schutzschilder kam? Einfach eine Bedarfsermittlung. An | |
diesen Dingern mangelte es eben am Anfang der Coronakrise in Deutschland. | |
In den Werkstätten der Hochschule werden sie nun am 3D-Drucker hergestellt, | |
die Schutzschild-Folien werden mit besonderen computergesteuerten Fräsen | |
zurechtgeschnitten. | |
Ein Problem, das zwischendurch gelöst werden musste, war die Beschaffung | |
von Lochgummibändern zur Befestigung der Maske. Es fehlte schlicht daran, | |
der Markt war leergefegt. So behalf man sich in Weißensee mit einfachen | |
Haushaltsgummis. Hält auch. Wobei man den fehlenden Lochgummi natürlich | |
auch mit dem 3D-Drucker hätte herstellen können. Wäre aber viel zu teuer | |
gewesen und auch zu langsam. | |
## Eine Win-win-Situation | |
Überhaupt hat man sich in Weißensee das Prinzip des Schutzschilds noch mal | |
vorgenommen und versucht – klassische Designaufgabe – es zu optimieren. Was | |
sonst drei Stunden dauerte bei der Herstellung, sagt Klöck, schaffe man | |
jetzt mit dem neu designten Visor in Weißensee in 30 Minuten. | |
Einige hundert hat man bereits hergestellt von den Schutzschildern, die | |
über [1][die Plattform Makers vs. Virus] verteilt werden. Dort bringt man | |
Menschen und Organisationen, die in der Pandemie Equipment oder auch | |
Ersatzteile brauchen, mit den Machern zusammen. Und zwar nur mit solchen, | |
die ihre Sachen kostenlos oder zum Selbstkostenpreis anbieten. | |
An das Deutsche Rote Kreuz gingen die Schutzschilder und an die Tafeln, und | |
ein Kontingent wurde der Charité zur Verfügung gestellt. Was eine | |
Win-win-Situation für alle Beteiligten sein soll: Denn dort an der Charité | |
sollen Mitarbeiter auf einer Intensivstation das Schutzschild nicht nur | |
nutzen, sondern auch gleich noch testen im Vergleich mit den herkömmlichen | |
Produkten. | |
## Alles abgehakt | |
Damit ist am Beispiel von diesem Schutzschild in recht überschaubarer Zeit | |
wirklich alles abgehakt, was man bei so einer Produktentwicklung im Auge | |
haben muss. Von der Bedarfsermittlung mit der Frage, was man überhaupt | |
gerade braucht und ob sich möglicherweise bereits Bestehendes nicht besser | |
machen lässt, bis hin zu einer Testreihe mit Nutzeranalyse. | |
All das ist beim Visor-Projekt der Kunsthochschule Weißensee an einem Fall | |
durchgespielt. Und eben an einem Objekt, das nun wirklich alles andere als | |
unnützer Design-Tand ist. Das aber, sagt Klöck, sei nicht untypisch für | |
Weißensee, wo man zum Beispiel bei den Semesterprojekten der Schule statt | |
auf Stylingfragen doch mehr Augenmerk auf Problemlagen lege beim Design. | |
Auch sonst bildet sich Corona gerade im Lehrplan der Kunsthochschule ab. | |
Essen in Zeiten von Corona etwa ist ein Thema, das wegen Social Distancing | |
natürlich in Heimarbeit diskutiert werden muss. „Die Hochschule befindet | |
sich zur Pandemievorsorge im digitalen ‚Kreativsemester‘“, [2][heißt es | |
dazu auf der Homepage]. Und dass man so weit wie möglich zu Hause bleiben | |
solle. | |
Deswegen sind Georg Klöck und Max Blazek, die [3][Visor-Organisatoren], | |
auch selbst gar nicht direkt bei der Produktion ihrer Schutzschilder dabei. | |
Weil man doch Abstand halten soll und sich so wenig wie möglich begegnen. | |
Eine Schutzmaßnahme. Die Schilder machen daher die Werkstattleiter der | |
Kunsthochschule Weißensee. | |
22 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.makervsvirus.org/ | |
[2] https://www.kh-berlin.de/ | |
[3] https://www.kloeckwork.com/visor#3D-printed | |
## AUTOREN | |
Thomas Mauch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Weißensee | |
Charité | |
Kunsthochschule | |
Mode | |
Frauenbild | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Kunst Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kunsthochschule Weißensee stellt aus: Wie Lockdown in schick | |
In der „PLATTE“ zeigen Mode-Design-Studierende ihre Abschlussarbeiten. Eine | |
davon setzt sich kreativ gegen weibliche Genitalverstümmelung ein. | |
Kunst im Frauenladen Paula Weißensee: „Den Mut zur Farbe kann man lernen“ | |
In ihrer aktuellen Ausstellung gibt Gisela Stiller Einblicke in die Werke | |
der letzten zwanzig Jahre – und schaut auf ihr 92-jähriges Leben zurück. | |
Prekär Beschäftigte in Coronazeiten: „Ungeschützt ausgeliefert“ | |
Wer prekär arbeitet – etwa in den Branchen Reinigung und Pflege –, wird am | |
stärksten von den Folgen der Coronakrise getroffen, sagt Ute Kathmann. | |
Unis in Berlin starten Sommersemester: Leerer Bauch studiert nicht gern | |
Im beginnenden Sommersemester wird vieles digital laufen. Doch viele | |
Studierende haben andere Sorgen – vor allem finanzielle. | |
Kolumne Einblicke: Kunst und Corona: Kunst, aber für wen? | |
Das Bundesministerium für Arbeit zeigt „Works for Whom?“ Die Ausstellung | |
thematisiert auch prekäres Arbeiten in Zeiten von Covid-19. Ein Einblick. |